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Die Mauern von Logghard

Die Mauern von Logghard

Titel: Die Mauern von Logghard
Autoren: Ernst Vlcek
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kleines Kind, ein Knabe, der erst zu sprechen lernte.
    Doch als du fünf warst, da waren wir sicher, dass du der Auserwählte seist. Und da damals die Dunklen Mächte Logghard besonders arg bedrängten, so als ahnten sie, dass sich innerhalb der Mauern ihr zukünftiger Bezwinger befand, da entschlossen wir uns, dich nach Norden zu schicken. Nicht nur, um dich vor den Gefahren der Düsterzone in Sicherheit zu bringen, sondern weil wir hofften, dass du trotz deiner kindlichen Jugend imstande wärst, die Siegel der anderen Fixpunkte aufzubrechen. Wir konnten dich nicht am Grabmal des Lichtboten beginnen lassen, denn du weißt selbst, dass nur der Chancen hat, Zutritt zu den anderen Fixpunkten zu finden, der an den Wasserfällen von Cythor begann. Also entsandten wir dich in den Norden, doch schon in Sarphand wurden alle unsere Hoffnungen zerstört. Du wurdest geraubt und von den Dämonen in der Steppe von Salamos ausgesetzt. Wir mussten annehmen, dass du von dem herabfallenden Himmelsstein erschlagen oder von den Churkuuhl-Yarls niedergetrampelt wurdest – und gaben dich auf.«
    Das also ist mein Geheimnis, dachte Mythor. Ich bin ein Günstling der Großen – nicht mehr? Ihn schwindelte, und es kostete ihn Mühe, seine Gedanken zu ordnen und das Gehörte zu begreifen.
    »Aber ich bin nicht tot, ich lebe«, sagte er. »Und ich war bereits an sechs Fixpunkten des Lichtboten und habe mir von jedem die für den Sohn des Kometen bestimmte Ausrüstung mitgenommen. Nun habe ich mich in Logghard eingefunden, um auch noch den siebten und letzten Fixpunkt aufzusuchen. Handelt es sich dabei um das Grabmal des Lichtboten?«
    »Ja, aber du wirst es nicht betreten«, erklärte der Erleuchtete.
    »Wie soll ich das verstehen?« fragte Mythor verwirrt. »Ich trage das Mal hinter dem rechten Ohr, an dem man den Sohn des Kometen erkennt. Und seine Beschreibung in der Legende passt auf mich. Das Leuchten meiner Augen und das Licht, das beim Schrei des Bitterwolfs über mir lag, als mich die Marn aufgelesen haben! Das alles spricht für mich, aber eine noch stärkere Bestätigung ist, dass ich an die Fixpunkte gelangte und die Ausrüstung an mich nehmen konnte.«
    »Gelang dies im Baum des Lebens nicht auch Luxon?« hielt der Erleuchtete entgegen. »Das sagt aber nur aus, dass auch Luxon gewisse gute Anlagen in sich trägt, dass er es aber darüber hinaus nur mit List und Tücke verstand, die Prüfungen des Lichtboten zu umgehen.«
    »Bleibt noch die Legende…«, wollte Mythor einwenden, aber der Erleuchtete fiel ihm über sein Medium ins Wort.
    »Legenden sind für das einfache Volk da und lassen sich verändern. Wir, die Großen, haben dich zum Sohn des Kometen gemacht, weil wir an dich glaubten. Wir haben dafür gesorgt, dass dir dein Ruf vorauseilte, und vergaßen nach deinem Tod, die Legende wieder zu berichtigen.«
    »Ich bin nicht tot!« erklärte Mythor. »Ich stehe als Sohn des Kometen vor dir.«
    »Für uns starbst du in der Steppe von Südsalamos«, erwiderte der Erleuchtete. »Damals, vor siebzehn Jahren. Und als dein Versagen für uns feststand, da haben wir nach einem anderen Auserwählten gesucht – und ihn gefunden. Albion!«
    Aus dem Hintergrund trat eine schlanke Gestalt ins Licht und stellte sich neben den Erleuchteten. Es handelte sich um einen jungen Mann, der die gleiche Statur wie Mythor hatte. Doch war sein Teint nicht dunkel, sondern blass; er war unnatürlich hellhäutig, sein Gesicht hatte die Farbe von gebleichtem Leinen. Und darin leuchteten zwei rote Augen wie Rubine. Mythor blickte unwillkürlich zu dem Mittler des Größten und fand, dass die beiden jungen Männer einander ähnelten wie ein Ei dem anderen.
    »Albion ist der wahre und alleinige Sohn des Kometen«, erklärte der Erleuchtete. »Jener, durch dessen Mund ich spreche, das ist sein Zwillingsbruder. Beide wurden sie in jenem Augenblick geboren, als du in der salamitischen Steppe starbst. Erkennst du die Bedeutung dieses Omens?«
    Mythor wollte das verneinen, aber er brachte keinen Ton über die Lippen. So schüttelte er bloß den Kopf.
    »Es ist auch nicht zu erwarten, dass du es verstehst, und auch ohne Bedeutung«, sagte der Erleuchtete. »Du hast uns gute Dienste geleistet, Mythor, indem du Albion den beschwerlichen Weg zu den sechs Lichtpunkten abnahmst. Doch nun ist es an der Zeit, dass du die Ausrüstung des Lichtboten an den rechtmäßigen Besitzer übergibst. Händige sie an Albion aus, für den du sie bis jetzt verwalten
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