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Die Macht des Schmetterlings

Die Macht des Schmetterlings

Titel: Die Macht des Schmetterlings
Autoren: Matt Dickinson
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Oberschenkel, das Schlimmste der brennenden Hitze abbekommen hatten. Seine medizinische Ausbildung verlieh ihm sofort die Gewissheit, dass sie überleben würde.
    Tina stützte sich auf einen Arm und ließ ihren Blick mit angsterfülltem Ausdruck über das umliegende Waldgebiet schweifen.
    »Ich war hier«, flüsterte sie.
    »Was?«
    »Ich war heute Morgen in diesen Wäldern. Habe nach einem Hirsch gesucht.«
    Skeptisch sah Calder sie an. »Sie haben einen Schock erlitten«, erklärte er ihr. »Was Sie sagen, ergibt keinen Sinn.«
    »Nein.« Tina hielt sich an der Hand des Amerikaners fest.»Was ich Ihnen sage, ist die Wahrheit. Ich war hier, an genau dieser Stelle. Das alles war irgendwie   … irgendwie vorausbestimmt   …«

184
    Washington D. C., USA
    Kev näherte sich dem sterbenden Mann und sah, wie das Blut aus seinen Wunden sprudelte. Es war ein Anblick, mit dem er beim Durchsehen von Hunderten von Filmberichten konfrontiert gewesen war, und doch fühlte er sich in gewisser Weise scheu, fast beschämt, dort zu stehen, während das Leben des Mannes verebbte.
    Dann klingelte sein Handy.
    »Kev, hier spricht Maria aus Malawi. Bist du wieder im Büro, Kev? Du machst besser, dass du hinkommst, Kev, ich sage dir, diese Story ist so was von heiß!«

185
    Sauncy Wood, Wiltshire, Vereinigtes Königreich
    Vor dem Hintergrund des prasselnden Feuers glaubte Calder, einen Hilfeschrei wahrzunehmen. Das Geräusch kam aus der Tiefe des Waldes.
    »Da draußen ist noch jemand am Leben«, sagte er zu Tina. »Es hört sich nach einem Kind an.«
    »Gehen wir und sehen nach.« Auf der Stelle war Tina hellwach.
    »Sie gehen auf gar keinen Fall irgendwohin. Sie bleiben hier liegen und warten, bis jemand kommt und sich um Ihre Verbrennungen kümmert.«
    Aber die Pilotin war bereits auf den Füßen.
    »Es war mein Flugzeug«, sagte sie zu ihm. »Und ich bin nicht so schwer verletzt, dass ich nicht gehen könnte. Wenn irgendwer noch am Leben ist, dann muss ich mein Bestes für ihn tun.«
    »Hören Sie?« Calder spähte ins finstere Innere des Waldes, von wo der schwache Schrei »Hilfe, so helft doch« gerade noch einmal gehört werden konnte.
    »Sie haben recht«, flüsterte Tina. »Es ist wirklich ein Kind.«
    Calder nahm Tina am Arm und stützte sie, während sie sich barfuß durch das dornige Unterholz schlugen.
    Ihre Schuhe hatten sie beide bei dem Absturz verloren.
    »Hilfe, jemand muss uns helfen!«, ertönte der Schrei noch einmal, diesmal dringlicher.

186
    Sauncy Wood, Wiltshire, Vereinigtes Königreich
    Die beiden Piloten bahnten sich ihren Weg durch das Gebüsch, in dem sogar hier noch eine grauenerregende Sammlung von Körperteilen und verkohlender Kleidung der Passagiere hing. Und dann sahen sie, woher die Stimme kam.
    Am Ende einer kleinen Lichtung konnten sie zwei Jungen ausmachen. Der eine stand, der andere schien am Boden zu liegen und von einem Wrackteil niedergedrückt zu werden.
    Das Kind, das aufrecht stand, hielt den Huf irgendeiner Art von Tier in der Hand, doch im ersten Augenblick erkannte Tina nicht, was es war.
    »Hilfe«, flüsterte das stehende Kind, dessen Gesicht schreckensbleich war. »Sie müssen meinem Freund helfen.«
    Tina und Calder näherten sich und beeilten sich, den Teil des Motors, der den Jungen zu Boden geschleudert hatte, in die Höhe zu hieven.
    »Es wird alles gut«, versicherte ihm Tina, während sie dem Jungen auf die Füße half. Er stellte sich hin, und der Schock ließ ihn unsicher schwanken.

187
    Sauncy Wood, Wiltshire, Vereinigtes Königreich
    Der Junge starrte Tina und Calder an.
    »Es war doch nur ein Hirsch«, flüsterte der Junge mit einer Stimme wie in Trance. »Nur ein Hirsch.«
    »Ein Hirsch?«, wiederholte Tina.
    »Der hier«, erwiderte der andere und schob den Kadaver des Hirschs nach vorn, sodass die Erwachsenen ihn sehen konnten.
    Tina starrte darauf. Ihre Gedanken überschlugen sich. Sie wusste auf der Stelle, dass es sich um dasselbe Tier handelte, das sie an diesem Morgen mit ihrem Auto angefahren hatte. Der Schrecken raubte ihren Beinen alle Kraft, und eine Welle geradezu wahnwitziger Trauer überwältigte sie.
    Sie stürzte auf die Knie und presste ihr Gesicht fest an den kalten Leib des Tieres.
    Erst dann begannen die Tränen, zu fließen.

188
    Sauncy Wood, Wiltshire, Vereinigtes Königreich
    Calder und die beiden Jungen standen da und sahen zu, wie Tina verzweifelt und hemmungslos über dem toten Körper des Hirschs schluchzte, während das Sonnenlicht durch
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