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Die Lutherverschwörung

Die Lutherverschwörung

Titel: Die Lutherverschwörung
Autoren: Christoph Born
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seinen Weg fort. Mehrmals rutschte er aus. Das dunkle Viereck der Gebäude um ihn herum, das sich verengte, hatte etwas Beängstigendes. Er kam sich für einen Moment wie gefangen vor. Aber diesem Gefühl durfte er keinen Raum geben.
    Die Dunkelheit wurde dichter, weil er das Wohngebäude erreichte, an dem er sich entlangtastete. Sein Orientierungssinn hatte ihn nicht getäuscht: Die Einbuchtung, die nun kam, führte zum großen Holztor. Er fuhr mit beiden Händen über die dicken Bretter. Er spürte einen Schmerz im Zeigefinger. Ein Splitter! Aber solche Kleinigkeiten spielten jetzt keine Rolle. Etwa in Brusthöhe fanden seine Hände den mächtigen Querriegel. Der Balken ließ sich mühelos aus seiner Verankerung lösen. Kein Schloss, nichts. Henning schüttelte ungläubig den Kopf.
    Gutenberg schob seine Pelzmütze in die Stirn und stand bei der Tür, aber weil sie über sein Lieblingsthema sprachen, zögerte er den Rundgang hinaus.
    »Die Bibel ist ein besonderes Buch«, sagte er. »Ich bin kein Kleriker, und ich führe alles andere als ein frommes Leben – was die Pfaffen zum Glück nicht wissen. Trotzdem bin ich auf meine Art ein gläubiger Mensch. Das Alte Testament enthüllt in meinen Augen die vielen dunklen Seiten der menschlichen Seele. Das Neue Testament aber weist uns den Weg der Liebe, die vom Gesetz und seinen Zwängen befreit. Wer kennt schon die Botschaft im Original? Viele Pfaffen sind dermaßen ungebildet, dass mir die Haare zu Berge stehen. Aber es gibt zum Glück auch gebildete Kleriker, die gern die vollständige Schrift lesen möchten, und sie sollen meine Bibeln kaufen, in der lateinischen Übersetzung des Hieronymus. – Aber später einmal, sofern es der Himmel will, werde ich die Bibel ins Volk tragen. Jeder soll sie lesen können und dort die Wahrheit finden. Jeder soll sich ein Bild machen von den Worten, die unser Leben prägen. Ich will die Menschen aus ihrer Unmündigkeit befreien. Ich habe eine Vision, deren Kühnheit mich ängstigt: Ich will die deutsche Bibel!«
    »Das wird die Kirche niemals zulassen!«, sagte Thomas. Was Gutenberg sich wünschte, war zu schön, um jemals wahr zu werden. »Sie wird jeden verfolgen – wahrscheinlich als Ketzer töten –, der ihr Glaubensmonopol angreift.«
    »Wer sagt das? Man muss es nur geschickt anfangen. Mit Diplomatie!«
    »Diplomatie!? Wenn ich an Hus denke!«
    »Die Kirche kann sich nicht ewig gegen Reformen sperren«, sagte Gutenberg. »Außerdem gibt es bereits deutsche Bibeln. Seit Jahrhunderten. Aber weil der lateinische Text als heilig gilt, haben die Übersetzer nicht den Mut zu einer freien Übertragung. Sie übersetzen Wort für Wort. So kommt es zu schwer verständlichen Sätzen. Es bräuchte einen Übersetzer, der sich aus der Umklammerung des Lateinischen löst. Er müsste eine Sprache finden, die das Volk versteht, indem er ihm aufs Maul schaut! Und er darf keine Angst kennen …«
    Thomas machte eine Kopfbewegung Richtung Tür. »Ihr müsst los!«
    Wie aus einem Traum gerissen hob Gutenberg den Kopf. »Richtig«, sagte er, griff nach der brennenden Fackel und ging ins Freie.

Maurits Tompot / Ines van Bokhoven
    Das Vermächtnis des Erasmus
    Historischer Roman
    240 Seiten, gebunden,
    ISBN 978-3-7655-1995-6

    Gouda 1552. Als der bekannte Glasmaler Crabeth zum Inquisitor gerufen wird, bangt er um sein Leben. Sind seine ketzerischen Äußerungen bei einer öffentlichen Veranstaltung dem Kirchenmann zu Ohren gekommen? Doch Letmaeth hat etwas anderes im Sinn. Er bittet Crabeth, nach einem verschollenen Buch des berühmten Erasmus von Rotterdam zu suchen. Skizzen für neue Glasfenster der zerstörten St. Janskirche sollen darin zu finden sein. Unter Mithilfe des gewieften Mönchs Cornelis macht Crabeth sich auf die Suche. Er übernimmt damit nicht nur einen großen Auftrag für seine Glasmalerwerkstatt, sondern zugleich eine Aufgabe, die ihn in große Gefahr bringt und in der Stadt für Unruhe sorgt.
    BRUNNEN VERLAG GIESSEN
www.brunnen-verlag.de
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