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Die Lutherverschwörung - historischer Roman

Die Lutherverschwörung - historischer Roman

Titel: Die Lutherverschwörung - historischer Roman
Autoren: Brunnen Verlag
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sie sie öffnen. Einer wird aufstehen und sie öffnen. Mein Wille, mein fester, mein unbeugsamer Wille bringt ihn dazu
.
    Wulf öffnete die Augen; gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie eines der großen Fenster aufschwang. Er fühlte einen Stich in der Brust, wie sonst manchmal, wenn ihm eine traumhaft schöne Frau über den Weg lief: Es war nicht zu fassen, einfach unglaublich. Allerdings durfte er sich nicht zu früh freuen, denn bisher sah er nur den rechten Teil des Saals, die aufsteigenden Sitzreihen mit den Vertretern der Stände und Zuschauer vor den Wänden. Das nutzte ihm wenig. Es war wichtig, dass sich das mittlere Fenster öffnete. Stattdessen aber öffnete sich das linke – es kam ihm wie ein Katz-und-Maus-Spiel vor.
Mein Gott, wenn sie das mittlere geschlossen lassen, werde ich wahnsinnig
. Nun öffneten sich die beiden Flügel des mittleren Fensters – und da sah er sie alle: den Kaiser, einen bärtigen Mann neben dem Kaiser, die Kurfürsten, einen Mann hinter einem Tisch stehend und vor dem Tisch – Martin Luther. Er stand dort völlig schutzlos. Wulf legte die Hand an die Stirn und schüttelte den Kopf. Er war glücklich, einfach nur glücklich.
    Der Mann hinter dem Tisch redete und redete, während Luther zuhörte. Der Kaiser hielt den schräg geneigten Kopf auf die rechte Hand gestützt und schien der ganzen Verhandlung – so wirkte es zumindest aus der Ferne – keine große Begeisterung abzugewinnen.
    Aber alle Personen verblassten, und Wulf sah nur noch Luther. Die Entfernung war immens, aber er hatte breite Schultern und gab ein gutes Ziel ab. Er griff nach der Armbrust, die seitlich am Fass lehnte; diesmal würde es keine Vogelscheuche sein, auf die er zielte.
    Während der Trierer Offizial immer noch sprach und Luther scharf angriff, bemerkte Jost Unruhe am Eingang zum Saal. Die städtischen Wachen hielten einen Mann zurück, der mit Gewalt Einlass begehrte. Jost war sofort alarmiert. Er drängte sich durch die Reihen der an der Wand stehenden Zuschauer; diese protestierten und beschimpften ihn. Jost entging nicht, dass Luther zu ihm herüberschaute und sogar der Kaiser den Kopf hob und in seine Richtung blickte, aber da war er schon am Eingang. Zu seiner Überraschung entdeckte er, dass Herbert, einer seiner Männer, der Urheber des Tumults war. Er hatte ihn auf dem Marktplatz postiert, vor dem Geschlechterturm. Vier Wachen, zwei an jedem Arm, waren damit beschäftigt, ihn zu bändigen. Er solle diesen Verrückten befehlen, ihn loszulassen, rief er Jost zu. »Ich muss dringend mit dir reden.«
    Die Wachen kannten Jost und ließen Herbert auf sein Zeichen hin frei. Jost zog ihn nach draußen, und als sie etwas abseits standen, fragte er ihn, was los sei. Er wisse nicht, sagte Herbert, wie lange ihn diese Kerle aufgehalten hätten, es komme ihm wie eine Ewigkeit vor. Hoffentlich hätten sie nicht bereits zu viel Zeit verloren. Anna schicke ihn, sie behaupte, Wulf sei oben im Turm.
    Â»Das ist nicht möglich! Wie konntest du deinen Posten verlassen?!«
    Â»Sie war sich ihrer Sache ganz sicher!«
    Â»Wo ist sie jetzt?«
    Â»Das weiß ich nicht, beim Turm wahrscheinlich!«
    Von dort, wo sie standen, konnte Jost den Eingang zum Geschlechterturm nicht erkennen, weil die Marktstände ihm die Sicht versperrten. Die oberen Stockwerke des Turms allerdings konnte er sehen, die Seilwinde ganz oben und das Seil mit dem Eisenhaken. Genau in diesem Moment bewegte sich der oberste Laden und klappte langsam auf, Jost sah zunächst nur einen Arm, der ihn öffnete, dann kurz einen Kopf, der sofort wieder verschwand. Es war zu schnell gegangen, als dass er Genaueres hätte erkennen können, aber Jost verstand auch so.
    Er sah nahe beim Eingang zum Saal fünf von Frundsbergs Leuten stehen, die ihn kannten; sie trugen ihre Hakenbüchsen bei sich, sogenannte Arkebusen. Die Anschlagkolben standen auf dem Boden, und die Söldner stützten sich auf den langen Rohren ab; einer trug die Waffe an einem Gurt über der Schulter. Jost eilte zu dem Söldner, der ihm am nächsten stand. Ob seine Waffe geladen sei? Er schüttelte den Kopf. Auch der zweite verneinte.
    Â»Meine ist geladen«, sagte derjenige, der die Arkebuse über der Schulter trug.
    Â»Gib sie mir! Schnell!«
    Â»Wozu?«
    Â»Das erkläre ich später.«
    Der Söldner zögerte. »Na gut«,
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