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Die Löwen

Die Löwen

Titel: Die Löwen
Autoren: Ken Follett
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Und was, wenn sie überhaupt nicht da war, wenn sie sich entschlossen hatte, auf ihr Versprechen zu pfeifen? Er bedauerte, sie überhaupt eingeschaltet zu haben. Aber jetzt war es zu spät.
    »Sie sind ein vorsichtiger Mann«, sagte er zu Boris.
    »Genau wie Sie. Welche Telefonnummer haben Sie?«
    Ellis nannte sie ihm. Boris schrieb die Nummer auf den Notizblock neben dem Telefon und begann zu wählen.
    Die anderen warteten schweigend.
    Boris sagte: »Hallo. Ich rufe wegen Ellis an.«
    Vielleicht würde die unbekannte Stimme sie gar nicht so sehr irritieren, ging es Ellis durch den Kopf, sie erwartet ja ohnehin einen etwas absonderlichen Anruf. Ignoriere allesaußer der Adresse, hatte er zu ihr gesagt.
    »Was?« fragte Boris gereizt, und Ellis dachte: Ach du Scheiße, was quasselt sie denn jetzt? »Ja, bin ich, aber lassen wir das«, sagte Boris. »Ellis möchte, dass Sie den Mechanismus zum Hotel Lancaster in der Rue de Berri bringen, Zimmer 41.«
    Wieder trat eine Pause ein.
    Halt dich an die Spielregeln, Jane, dachte Ellis.
    »Ja, es ist ein sehr nettes Hotel.«
    Hör mit der Quasselei auf! Sag dem Kerl bloß, dass du’s tun wirst – bitte!
    »Danke«, sagte Boris und fügte sarkastisch hinzu: »Sie sind äußerst liebenswürdig.«
    Dann legte er auf.
    Ellis versuchte sich den Anschein zu geben, als habe er von vornherein keinerlei Probleme erwartet.
    Boris sagte: »Sie wusste , dass ich Russe bin. Wie erklärt sich das?«
    Einen Moment lang war Ellis verblüfft; dann ging ihm ein Licht auf. »Sie ist Linguistin«, sagte er. »Sie kennt sich mit Akzenten aus.«
    Zum ersten Mal meldete sich Pepe zu Wort. »Während wir auf diese Fotze warten, können wir uns doch schon mal das Geld ansehen.«
    »Okay.« Boris ging ins Schlafzimmer.
    Kaum war er verschwunden, zischte Rahmi Ellis zu: »Ich wusste nicht, dass du diesen Trick durchziehen würdest!«
    »Natürlich nicht«, sagte Ellis und gab sich gelangweilt. »Hättest du gewusst, was ich vorhatte, wäre meine Sicherheitsmaßnahme ziemlich im Eimer gewesen, oder?«
     
    Boris kam mit einem großen braunen Umschlag zurück, den er Pepe reichte. Pepe öffnete ihn und begann, Hundertfrancsscheine zu zählen.
    Boris riss die Stange Marlboro auf und steckte sich eine Zigarette an.
    Ellis dachte: Hoffentlich lässt sich Jane keine Zeit mit dem Anruf bei › Mustafa ‹ . Ich hätte ihr sagen sollen, dass es wichtig ist, die Nachricht sofort weiterzugeben.
    Nach einer Weile sagte Pepe: »Es ist alles da.« Er steckte das Geld wieder in den Umschlag, klebte ihn zu und legte ihn auf einen Seitentisch.
    Mehrere Minuten lang saßen die Männer schweigend herum. Boris fragte Ellis: »Wie weit von hier wohnen Sie?«
    »Eine Viertelstunde, auf einem Motorroller.«
    Es klopfte an die Tür. Ellis’ Muskeln spannten sich.
    »Sie ist schnell gefahren«, sagte Boris. Er öffnete die Tür. »Kaffee«, sagte er enttäuscht und ging wieder zu seinem Stuhl.
    Zwei Kellner in weißen Jacken schoben ein Wägelchen herein. Sie richteten sich auf, drehten sich um, und hielten beide eine Modell-D-MAB-Pistole in der Hand, die Standardwaffe der französischen Detektive. Einer der beiden sagte: »Keine Bewegung!«
    Ellis spürte, wie sich Boris’ Muskeln zum Sprung spannten. Warum waren da nur zwei Detektive? Falls Rahmi jetzt eine Dummheit machte und die Kerle auf ihn schossen, wäre die Verwirrung groß genug für Pepe und Boris, um die beiden Bewaffneten zu überwältigen -
    Die Schlafzimmertür flog auf, und zwei weitere Männer in Kellnerkleidung erschienen, genauso bewaffnet wie ihre Kollegen.
    Boris’ angespannte Muskeln erschlafften, ein Ausdruck der Resignation zeigte sich auf seinem Gesicht.
    Plötzlich wurde Ellis bewusst, dass er die ganze Zeit über den Atem angehalten hatte. Er atmete aus in einer Art lang anhaltendem Seufzer.
    Alles war aus.
    Ein uniformierter Polizeibeamter betrat das Zimmer.
    »Eine Falle!« rief Rahmi. »Dies ist eine Falle.«
    »Halt’s Maul!« sagte Boris, und wieder brachte seine raue Stimme Rahmi zum Schweigen. Er wandte sich an den Polizeibeamten. »Ich protestiere mit allem Nachdruck gegen diesen Übergriff«, fing er an. »Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass – «
    Der Polizist schlug ihn mit behandschuhter Faust auf den Mund.
    Boris betastete seine Lippen, sah das verschmierte Blut auf seiner Hand. Sein Verhalten veränderte sich vollkommen. Offenbar war er sich bewusst, dass mit Bluffs hier wenig zu erreichen war. »Prägen Sie sich mein Gesicht
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