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Die letzte Rune 01 - Das Ruinentor

Titel: Die letzte Rune 01 - Das Ruinentor
Autoren: Anthony Mark
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zitterte, fast so, als wäre er besorgt. Aber dann erkannte Travis unbehaglich, daß es sich anhörte, als würde er sich fürchten.
    »Jack, ich kann doch nicht einfach den Saloon verlassen.« Travis versuchte leise zu sprechen. Trotzdem warf ihm Max einen neugierigen Blick zu. »Das ist einer unserer vollsten Abende in der Woche.«
    »Aber du mußt, Travis.« Wie durch eine große Willensanstrengung beruhigte sich Jacks Stimme und verfiel in den glatten, unbestimmbaren europäischen Akzent, der Travis so vertraut war. »Ich wünschte, ich könnte am Telefon erklären, was passiert ist. Aber ich wage es nicht.«
    »Was erklären?« fragte Travis.
    »Ich fürchte, das muß warten, bis du im Antiquitätengeschäft bist. Ich kann keinem vertrauen, der unserem Gespräch zuhören könnte. Und du darfst auch keinem erzählen, was ich gesagt habe.« Jacks Stimme wurde zu einem Flüstern. »Aber du mußt mir glauben, wenn ich dir sage, daß mein Leben in großer …«
    Ein Klicken ertönte, dann dröhnte nur noch das Summen der toten Leitung in Travis' Ohr.

4
    Die Eingangstür des Saloons schloß sich hinter Travis, als er in die Nacht hinaustrat. Er ließ die breiten Schultern unter der Schaffelljacke hängen. Die Mondsichel schwebte über den felsigen Zinnen der Bergspitze des Castle, ihr Licht umschloß die dunklen Kämme wie mit einer Rauhreifschicht. Die Wärme und die Helligkeit, die die schrotgesprenkelte Tür des Saloons hinter sich einsperrte, schienen plötzlich weit weg zu sein.
    Er war ohne große Erklärungen gegangen, aber Jack Graystone war sein bester Freund, und er konnte sich nicht gegen seinen Wunsch sperren, so seltsam das auch erscheinen mochte. Davon abgesehen war Max nur zu glücklich über die Chance gewesen, den Laden eine Zeitlang allein zu führen. Doch wovon hatte Jack da überhaupt gesprochen? Travis konnte sich nicht vorstellen, was jemand davon haben sollte, den großväterlichen Besitzer eines Antiquitätengeschäfts einer Kleinstadt zu bedrohen. Für den Anruf mußte es eine vernünftigere Erklärung geben.
    Travis ging zu seinem Pickup Truck. Er griff nach dem Türgriff, bemerkte, daß etwas in den Türspalt geklemmt war, und zog es heraus. Es handelte sich um ein Büschel Fell, das im Mondlicht silberbraun funkelte. Er runzelte die Stirn. Wie kam denn das in seine Wagentür? Eine kalte Böe riß ihm das Büschel aus den Fingern, und es flog im Wind davon. Da hatte er die wahrscheinlichste Erklärung. Er stieg in den Truck, trat die Kupplung durch und drehte den Zündschlüssel im Schloß. Der Motor stotterte dreimal und erstarb dann mit einem kraftlosen Jaulen. Er versuchte es erneut. Diesmal wurde er mit einem metallischen Knirschen belohnt, das wie eine Totenglocke klang und ihm mitteilte, daß eine weitere Batterie dem Gebirgsklima erlegen war. Frustriert hieb er die Stirn auf das Lenkrad und stieg dann aus.
    Der gesunde Menschenverstand riet ihm, zurück in den Saloon zu gehen und jemanden um Starthilfe zu bitten, aber wenn er das tat, würde man ihn fragen, was er vorhatte, und er hatte Jack ein Versprechen gegeben. Seufzend ging er die Straße entlang. Das Magician's Attic war nur eine Meile entfernt; das würde er schaffen. Es war erst kurz nach neun, aber die einzige Verkehrsampel der Stadt blinkte bereits bernsteinfarben wie ein Katzenauge in der Dunkelheit. Er versuchte, nicht an Deputy Windoms Geschichte über den Delgeth zu denken. Er hatte heute schon einmal zugelassen, daß seine Phantasie mit ihm durchging, und das war mehr als genug.
    Travis trat auf den Gehsteig. Er ging an der Tür des dunklen Eisenwarenladens vorbei, blieb stehen und schob die Nickelbrille auf seiner Nase zurück. Da war es wieder – das gleiche seltsame Zeichen, das man auch in die Eingangstür des Saloons gekratzt hatte. Er setzte sich wieder in Bewegung und entdeckte auf der Elk Street noch andere Türen, die so markiert worden waren. Travis erschauderte und beschleunigte den Schritt.
    Zu seiner Erleichterung stand er fünfzehn Minuten später vor dem Magician's Attic. Das Antiquitätengeschäft beanspruchte das Erdgeschoß eines weiträumigen viktorianischen Hauses am westlichen Stadtrand von Castle City; die oberen Stockwerke hatte Jack als Wohnung reserviert. Das Haus war von dem Turm, der Travis an einen Schloßturm erinnerte, bis zu den mit Samtvorhängen verhüllten Wohnzimmerfenstern, die wie mit dicken Lidern versehene Augen in die Nacht starrten, dunkel und still. War Jack überhaupt zu
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