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Die letzte Odyssee

Die letzte Odyssee

Titel: Die letzte Odyssee
Autoren: Arthur C. Clarke
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leicht untertrieben sein könnte.«
    Anderson atmete sichtlich auf, und wieder verzog sich sein Gesicht zu einem Lächeln.
    »Sie haben ganz recht. Schildern Sie mir doch bitte, was Ihrer Meinung nach passiert ist.«
    »Nun, im besten Fall hat mich Dave Bowman gerettet und ins Schiff zurückgebracht, nachdem ich das Bewußtsein verloren hatte. Wie geht’s Dave überhaupt? Warum will mir niemand etwas sagen?«
    »Alles zu seiner Zeit … Und im schlimmsten Fall?«
    Frank Poole spürte die Angst wie einen eisigen Windhauch im Nacken. Ein langsam aufkeimender Verdacht erhärtete sich.
    »Im schlimmsten Fall bin ich gestorben, aber man hat mich hierhergebracht – wo immer das sein mag – und Sie konnten mich wiederbeleben. Vielen Dank …«
    »Ganz recht. Sie sind übrigens wieder auf der Erde. Oder jedenfalls fast.«
    Was meinte er wohl mit ›jedenfalls fast‹? Immerhin herrschte hier Schwerkraft – wahrscheinlich befand er sich in einer Raumstation im Erdorbit, die sich langsam um sich selbst drehte. Wie auch immer, es war im Moment nicht weiter wichtig.
    Rasch führte Poole einige Berechnungen durch. Wenn Dave ihn in Kälteschlaf versetzt, den Rest der Besatzung aufgeweckt und die Jupitermission zu Ende geführt hatte – ja, dann wäre er womöglich fünf Jahre lang ›tot‹ gewesen!
    »Was haben wir für ein Datum?« fragte er so ruhig er konnte.
    Der Professor und die Oberschwester sahen sich an. Wieder spürte Poole den Eishauch im Nacken.
    »Ich muß Ihnen leider sagen, Mr. Poole, daß Bowman Sie nicht gerettet hat. Er hielt Sie – was man ihm nicht verdenken kann – für unwiderruflich tot. Außerdem steckte er mitten in einer schweren Krise, seine eigene Existenz war bedroht …
    Sie entschwebten also ins All, passierten das Jupitersystem und strebten hinaus zu den Sternen. Zum Glück lag Ihre Temperatur so weit unter dem Gefrierpunkt, daß alle Stoffwechselvorgänge zum Stillstand gekommen waren – trotzdem ist es ein Wunder, daß Sie überhaupt gefunden wurden. Sie sind einer der größten Glückspilze, die es gibt. Nein – die es je gegeben hat!«
    Wirklich? fragte sich Poole entsetzt. Von wegen fünf Jahre! Es könnte ein Jahrhundert sein – oder sogar noch mehr.
    »Heraus mit der Sprache«, verlangte er.
    Der Professor und die Oberschwester schauten auf einen unsichtbaren Monitor, sahen sich an und nickten. Poole erriet, daß sie alle mit dem Informationssystem des Krankenhauses und damit auch mit seinem Stirnband in Verbindung standen.
    »Frank.« Professor Anderson wechselte gekonnt in die Rolle des langjährigen Hausarztes. »Das wird ein ziemlicher Schock für Sie sein, aber Sie sind imstande, damit fertigzuwerden – und je früher Sie Bescheid wissen, desto besser. Wir stehen am Anfang des vierten Jahrtausends. Glauben Sie mir – Sie haben die Erde vor nahezu tausend Jahren verlassen.«
    »Ich glaube Ihnen«, antwortete Poole gelassen. Nur um gereizt festzustellen, daß sich plötzlich alles um ihn drehte. Und dann wußte er nichts mehr.
     
    Als er das Bewußtsein wiedererlangte, lag er nicht mehr in einem kahlen Krankenzimmer, sondern in einer Luxussuite mit reizvollen – und ständig wechselnden – Bildern an den Wänden. Zum Teil waren es bekannte und berühmte Gemälde, zum Teil Landschafts- und Meeresaufnahmen, die aus seiner eigenen Zeit hätten stammen können. Fremdartige oder aufregende Szenen waren nicht darunter – das sparte man sich wohl für später auf.
    Die gesamte Umgebung war offensichtlich mit großer Sorgfalt programmiert. Er fragte sich, ob es wohl irgendwo so etwas wie einen Fernsehapparat gab – und wie viele Kanäle man im vierten Jahrtausend wohl hatte. Im Umkreis seines Bettes waren jedenfalls keinerlei Bedienungselemente dafür zu entdecken. Er würde eine Menge lernen müssen in dieser neuen Welt: Er kam sich vor wie ein Wilder, der unversehens mit der Zivilisation konfrontiert wurde.
    Doch zuerst mußte er wieder zu Kräften kommen – und er mußte die Sprache lernen. Obwohl die Technik der Tonaufnahme schon bei Pooles Geburt über hundert Jahre alt gewesen war, hatte sie gravierende Veränderungen im grammatikalischen Bereich und in der Aussprache nicht verhindern können. Außerdem gab es Tausende von neuen Begriffen, zumeist wissenschaftlicher und technischer Natur, deren Bedeutung er allerdings oft genug erraten konnte.
    Schwieriger war es schon mit den unzähligen Namen berühmter und berüchtigter Persönlichkeiten aus dem vergangenen Jahrtausend,
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