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Die letzte Odyssee

Die letzte Odyssee

Titel: Die letzte Odyssee
Autoren: Arthur C. Clarke
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Jahrtausend zurückblicken und uns die Frage stellen: ›Konnte ein Mensch aus dem Jahre 1000 n. Chr. sich die Welt von heute auch nur in groben Zügen vorstellen, beziehungsweise, hätte er sich hier zurechtgefunden, wenn ihn ein Zauberer durch die Jahrhunderte geschickt hätte?‹
    Fast die gesamte Technik, die uns heute selbstverständlich ist, wurde gegen Ende unseres Jahrtausends entwickelt – zumeist in den letzten zweihundert Jahren. Die Dampfmaschine, die Elektrizität, das Telefon, Radio und Fernsehen, das Kino, die Luftfahrt, die Elektronik – und, innerhalb einer einzigen Generation, die Atomenergie und die Raumfahrt – wie wären die großen Geister der Vergangenheit damit wohl zurechtgekommen? Wie lange wäre ein Archimedes oder ein Leonardo bei Verstand geblieben, wenn man ihn unvorbereitet in unserer Welt abgesetzt hätte?
    Man ist versucht zu glauben, daß wir einen Zeitsprung von tausend Jahren in die Zukunft leichter bewältigen würden. Die wissenschaftlichen Grundlagen sind im wesentlichen gelegt. Gewiß, der technische Fortschritt wird weitergehen, aber wird man noch Geräte entwickeln, die uns so übernatürlich, so unbegreiflich erscheinen könnten wie etwa einem Isaac Newton ein Taschenrechner oder eine Videokamera?
    Vielleicht unterscheidet unsere Zeit sich tatsächlich fundamental von allen früheren Epochen. Die Telekommunikation, die Möglichkeit, Bilder und Geräusche zu konservieren, die einst unwiederbringlich verloren gewesen wären, die Eroberung des Luft- und des Weltraums – all das hat zu einer Zivilisation geführt, wie sie sich selbst die blühendste Phantasie der Vergangenheit nicht hätte ausmalen können. Und, nicht weniger wichtig, Kopernikus, Newton, Darwin und Einstein haben unsere Denkweise, unser Bild des Universums so entscheidend verändert, daß wir selbst den größten Geistern unter unseren Vorfahren wie eine neue Spezies erscheinen müßten.
    Ob unsere Nachkommen in tausend Jahren wohl ebenso mitleidig auf uns zurückblicken werden wie wir auf unsere unwissenden, von Aberglauben und Seuchen geplagten, kurzlebigen Ahnen? Wir glauben, die Antworten auf Fragen zu kennen, die sie nicht einmal zu stellen vermochten: Doch welche Überraschungen hält das dritte Jahrtausend wohl für uns bereit?
    Da kommt es schon – «
    Eine große Glocke schlug Mitternacht. Die letzten Schwingungen verklangen …
    »Das war es – leb wohl, du schönes und doch schreckliches zwanzigstes Jahrhundert …«
    Das Bild zerfiel in unzählige Teile, ein neuer Kommentator mit jenem Akzent, den Poole inzwischen mühelos verstand, trat auf und führte ihn unversehens in die Gegenwart zurück.
    »Die ersten Minuten des Jahres 3001 sind angebrochen. Nun können wir jene Frage aus der Vergangenheit beantworten …
    Die Menschen von 2001, die Sie eben sahen, wären von unserer Zeit gewiß nicht so überwältigt wie es damals bei einem Besucher aus dem Jahre 1001 der Fall gewesen wäre. Viele unserer technischen Errungenschaften hätten sie bereits vorausgeahnt; mit Satellitenstädten oder Kolonien auf dem Mond und auf anderen Planeten hätten sie sicher gerechnet. Womöglich wären sie sogar enttäuscht, weil wir noch immer nicht unsterblich sind und unsere Sonden bisher nur zu den Nachbargestirnen entsandt haben …«
    Unvermittelt schaltete Indra den Apparat aus.
    »Den Rest können Sie sich später ansehen, Frank, sonst wird es zu anstrengend für Sie. Hoffentlich hilft Ihnen die Sendung, sich in unserer Zeit einzugewöhnen.«
    »Ich danke Ihnen, Indra. Ich muß darüber schlafen. Einen schlagenden Beweis hat sie jedenfalls erbracht.«
    »Nämlich?«
    »Ich sollte froh sein, daß ich nicht vom Jahr 1001 nach 2001 versetzt wurde. Der Quantensprung wäre zu groß gewesen, ich kann mir nicht vorstellen, daß ihn jemand verkraften könnte. Wenigstens weiß ich, was elektrischer Strom ist, und falle nicht bei jedem Bild, das zu sprechen anfängt, vor Schreck tot um.«
    Hoffentlich, dachte Poole bei sich, ist mein Optimismus berechtigt. Irgend jemand hat einmal gesagt, wenn die Technik weit genug fortgeschritten ist, läßt sie sich von Magie nicht mehr unterscheiden. Ob ich in dieser neuen Welt wohl auf Magie treffe – und ob ich mich damit abfinden kann?

6
Der Zerebralhelm
    »Ich muß Sie leider vor eine schwere Entscheidung stellen«, sagte Professor Anderson mit einem Lächeln, das die ernsten Worte etwas entschärfte.
    »Mich kann nichts mehr erschüttern, Doktor. Nur heraus mit der
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