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Die letzte Lagune

Die letzte Lagune

Titel: Die letzte Lagune
Autoren: Nicolas Remin
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Bodenplatte in der Casa dei Tuffi und verschwinde
wieder.»    
    «Und kommen Sie
anschließend kurz vorbei?»
    «Natürlich,
Bossi.» Tron zuckte lächelnd die Achseln. «Das
alles wird ein Spaziergang.»
    Das mit dem Spaziergang war nur so dahergesagt
gewesen, doch zunächst hatte es tatsächlich den Anschein,
als würde die Mission auf nichts anderes hinauslaufen. Denn
alles klappte wie am Schnürchen. Er brauchte nur fünf
Minuten, um ein Fuhrwerk nach Chiesa Nuova zu finden, und
während der Fahrt hatte sich sogar das Wetter mit ihm
verbündet. Der trübe Himmel war mit jeder Minute heller
geworden, und als Tron in Chiesa Nuova vom Wagen stieg, schien die
Sonne - Kaiserwetter nannten das die
Österreicher. Selbst der eisige Wind von den Pannonischen
Ebenen, der sie wochenlang gequält hatte, war eingeschlafen,
und Tron hätte schwören können, dass es deutlich
wärmer war als gestern. Lag bereits ein Hauch von
Frühling in der Luft? Nein, das noch nicht. Aber es lag eine
gute Laune in der Luft, gewissermaßen ein Hauch von Clicco, und es war einfach ein
Vergnügen, in dieser friedlichen Winterlandschaft einen
Fuß vor den anderen zu setzen. Ein Vergnügen, das
vielleicht auch Signora Alberti empfunden hatte, denn
schließlich konnten die unübersehbaren
Fußabdrücke im Schnee nur von ihr stammen. Hatte sie
sich noch in der Frühe nach Chiesa Nuova aufgemacht, um im
örtlichen alimentan ein wenig Kaffee
für ihn zu besorgen?
    Als das Haus der
Albertis in Sicht kam - hübsch anzusehen mit seiner
glitzernden Kappe aus Schnee -, blieb Tron stehen, um einen Blick
auf seine Taschenuhr zu werfen. Halb elf. Contarinis Zug würde
Fusina frühestens gegen eins erreichen. Rechnete man eine gute
Stunde dazu, konnte der Monsignore unmöglich vor zwei Uhr
auftauchen. Tron hatte vor, die Albertis kurz zu
begrüßen, sich dann aber sofort zur Casa zu begeben, um dort das Glas, in
dem die Principessa ihre Haarnadeln aufbewahrt hatte, unter der
Bodenplatte zu versenken. Er schätzte, dass er höchstens
zwei Stunden brauchen würde. Selbstverständlich musste
dies alles mit äußerster Sorgfalt geschehen. Contarini
erwartete ein Versteck, das siebenhundert Jahre unberührt
geblieben war.
    Im Nachhinein
betrachtet, hatte es für Tron keinen Grund gegeben, den
Fußspuren von Signora Alberti nicht bis zur Vordertür
des Hauses zu folgen. Wenn er es dennoch nicht tat, sondern dort,
wo sich die Spur teilte, der linken Spur folgte, die (wie er
vermutete) zur Hintertür führte, geschah es nicht als
Vorsichtsmaßnahme. Es geschah einfach. Tron lenkte seine
Schritte nach links und folgte den Fußspuren bis zur
Hintertür. Dort klopfte er, pochte, als sich im Haus nichts
rührte, noch einmal gegen das Holz und stieß die
Tür, die merkwürdigerweise nur angelehnt war,
schließlich auf. Linker Hand führte eine schmale Treppe
ins Obergeschoss, auf der anderen Seite des Flurs lag das Zimmer,
in dem die Albertis Tron und Bossi gestern empfangen hatten. Die
Tür war weit geöffnet. Tron, der plötzlich ein
unangenehmes Ziehen im Magen verspürte, rief noch einmal
laut: Signor Alberti. Dann machte er drei
hastige Schritte vorwärts und setzte seinen Fuß
über die Schwelle.
    Auf den ersten Blick
(wenn man davon absah, dass sich die Albertis in Luft
aufgelöst hatten) sah der große Raum im Erdgeschoss so
aus, wie Tron ihn in Erinnerung hatte. Da war der Tisch, auf dem
eine brennende Petroleumlampe stand, der Herd, zwei Stühle,
und auf dem Tisch lagen ein paar Schachteln, in denen sich
vermutlich Glasperlen befanden. Doch dann entdeckte Tron etwas, das
ihn irritierte. Vom Tisch bis zu einer Tür, von der er nicht
wusste, wohin sie führte, zog sich auf dem Fußboden ein
länglicher, feuchter Streifen, so als hätte jemand einen
nassen Scheuerlappen über die Dielen gezogen. Tron umrundete
den Tisch, ging in die Hocke und tupfte den Zeigefinger seiner
rechten Hand in die Feuchtigkeit. Es war Blut. Jemand hatte einen
blutenden Körper aus dem Raum geschleift. Oder zwei blutende
Körper. 
    Trons erster Reflex
bestand darin, noch hockend in die Tasche seines Mantels zu
greifen, um seine Dienstwaffe herauszuziehen. Aber dann fiel ihm
ein, dass er nicht bewaffnet war. Also stand er auf und dachte
nach. Das Haus sofort zu verlassen wäre in Anbetracht der
Tatsache, dass er weder bewaffnet noch ein Held war, am
klügsten. Allerdings bestand die Möglichkeit, dass die
beiden Albertis noch lebten und auf seine Hilfe angewiesen waren.
Er konnte
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