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Die letzte Generation

Die letzte Generation

Titel: Die letzte Generation
Autoren: Arthur C. Clarke
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Gesicht und hielt ihn einen Augenblick fest, dann beleuchtete er das ganze Bett, das, wie er jetzt sah, nur eine auf rohen Brettern liegende Matratze war.
    Aus der Dunkelheit sprach ihn eine leise Stimme in ausgezeichnetem Englisch an, aber mit einem Akzent, den Stormgren zunächst nicht erkannte.
    »Ah, Herr Generalsekretär, ich freue mich, daß Sie erwacht sind. Hoffentlich fühlen Sie sich völlig wohl.«
    In diesem letzten Satz lag etwas, was Stormgrens Aufmerksamkeit erregte, so daß die ärgerlichen Fragen, die er hatte stellen wollen, auf seinen Lippen erstarben. Er starrte in die Dunkelheit und sagte dann ruhig: »Wie lange bin ich bewußtlos gewesen?«
    Der andere lachte. »Mehrere Tage. Man hatte uns versichert, es würde keine Nachwirkungen haben. Ich freue mich, zu sehen, daß es zutrifft.«
    Teils um Zeit zu gewinnen, teils um seine eigenen Reaktionen zu prüfen, schwang Stormgren die Beine über den Bettrand. Er hatte noch seinen Schlafanzug an, der aber zerknüllt war und ziemlich schmutzig geworden zu sein schien. Als er sich bewegte, spürte er einen leichten Schwindel, nicht stark genug, um unangenehm zu sein, aber genügend, um ihn zu überzeugen, daß er wirklich betäubt worden war.
    Er kehrte sich dem Licht zu. »Wo bin ich?« fragte er scharf. »Weiß Wainwright hierüber Bescheid?«
    »Regen Sie sich nicht auf«, erwiderte die schattenhafte Gestalt. »Wir wollen noch nicht über solche Dinge sprechen. Ich nehme an, daß Sie sehr hungrig sind. Ziehen Sie sich an, und kommen Sie mit zum Essen.«
    Das Oval des Lichts glitt durch den Raum, und zum erstenmal bekam Stormgren eine Vorstellung von seinen Ausmaßen. Es war kaum ein Zimmer, denn die Wände schienen aus kahlen, grob behauenen Felsen zu bestehen. Er begriff, daß er sich unter der Erde befand, vielleicht in großer Tiefe.
    Der Schein der Taschenlampe beleuchtete einen Stapel Kleider, die auf einer Kiste lagen. »Dies dürfte für Sie genügen«, sagte die Stimme aus der Dunkelheit. »Wäsche ist hier ein ziemliches Problem, wir haben also einige von Ihren Anzügen und ein halbes Dutzend Hemden hergebracht.«
    »Das«, sagte Stormgren trocken, »war sehr rücksichtsvoll von Ihnen.«
    »Wir bedauern, daß hier keine Möbel und kein elektrisches Licht vorhanden sind. Dieser Ort ist in gewisser Weise sehr geeignet, aber ihm fehlen die Annehmlichkeiten.«
    »Geeignet wofür?« fragte Stormgren, während er ein Hemd anzog. Es war ein seltsam beruhigendes Gefühl, den bekannten Stoff zu berühren.
    »Nun, eben geeignet«, sagte die Stimme. »Übrigens, da wir ziemlich viel Zeit zusammen verbringen werden, können Sie mich Joe nennen.«
    »Tro
    tz ihrer Nationalität«, gab Stormgren zurück »– Sie sind doch Pole, nicht wahr? – glaube ich, daß ich Ihren wirklichen Namen aussprechen könnte. Er wird nicht schwieriger sein als viele finnische Namen.«
    Es entstand eine kleine Pause, und der Lichtschein flackerte einen Augenblick. »Das hätte ich erwarten müssen«, sagte Joe resigniert. »Sie müssen viel Übung in diesen Dingen haben.«
    »Es ist ein nützliches Steckenpferd für einen Mann in meiner Stellung. Ich vermute, Sie sind in den Vereinigten Staaten aufgewachsen, verließen Polen aber nicht vor –«
    »Das genügt«, sagte Joe energisch. »Da Sie mit dem Anziehen fertig sind …«
    Die Tür öffnete sich, während Stormgren, der sich durch seinen kleinen Sieg ein wenig ermuntert fühlte, darauf zuschritt. Als er an Joe vorbeiging, fragte er sich, ob sein Wächter bewaffnet sei. Es war fast mit Sicherheit anzunehmen, und auf jeden Fall würde er Freunde in der Nähe haben.
    Der Gang war von Öllampen matt beleuchtet, und zum erstenmal konnte Stormgren Joe deutlich sehen. Es war ein Mann von etwa fünfzig Jahren, der sicherlich mehr als zwei Zentner wog. Alles an ihm war übergroß, von dem fleckigen Kampfanzug, der von irgendeiner bewaffneten Truppe herrühren mochte, bis zu dem auffallend großen Siegelring an der linken Hand. Ein Mann mit diesen Körpermaßen würde sich auch nicht scheuen, einen Revolver zu benutzen. Es würde, dachte Stormgren, nicht schwierig sein, ihn aufzuspüren, wenn er je wieder von hier fortkäme. Die Erkenntnis, daß auch Joe sich dieses Umstandes durchaus bewußt sein mußte, war etwas bedrückend.
    Die Wände ringsum bestanden, obwohl sie hier und da mit Beton verkleidet waren, hauptsächlich aus kahlem Felsen. Stormgren begriff, daß er sich in einer verlassenen Mine befand, und er konnte sich
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