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Die Legenden des Raben 03 - Schattenherz

Die Legenden des Raben 03 - Schattenherz

Titel: Die Legenden des Raben 03 - Schattenherz
Autoren: James Barclay
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geritzt waren, verrieten dem Wissenden, was er barg.
    Es war der Seelenverband. Der Behälter für die Seelen hatte keinen Deckel, und der Hohlraum im Innern wurde
von den Dämonen beherrscht. Ihre Abmachung mit Xetesk verlangte, dass sie jede Seele mit dem Körper des betreffenden Protektors verbanden, und als Gegenleistung für die Kontrolle, die sie im Namen Xetesks ausübten, labten sie sich an der Lebensenergie der Seelen, die ihnen ausgeliefert waren. Der Unbekannte spürte die Macht und die böse Kraft, die von diesem unscheinbaren Objekt ausgingen. Es war ein Gefängnis ohne Fenster und Luft. Ein Gefängnis, in dem viele Xeteskianer ihr Leben von der Jugend bis zum Tod verbrachten. Er war als Einziger entkommen.
    Bis heute Abend. Der Unbekannte legte die Hand auf die Oberfläche. Er konnte die Stimmen der Protektoren jetzt sehr laut im Kopf hören. Sie organisierten sich selbst, um die Aufgaben zu erfüllen, die ihre Herren ihnen übertragen hatten, und waren beunruhigt, weil sie wussten, wo die Rabenkrieger waren. Und sie spürten, dass eine Veränderung bevorstand. Der Unbekannte wollte dafür sorgen, dass die Veränderung vollzogen wurde, oder beim Versuch sterben.
    Er wandte sich an Kestys. Der Magier, dem nun Denser einen Dolch an die Kehle hielt, war kreidebleich. Er schauderte und sah mit großen, verängstigten Augen den mächtigen Krieger an.
    »Ihr wisst, wer ich bin«, sagte der Unbekannte.
    Kestys nickte mühsam. »Ihr seid Sol.«
    »Dann wisst Ihr auch, was ich will.«
    Kestys atmete zitternd ein und schluckte schwer. »Ich kann das nicht tun. Bitte. Verlangt das nicht von mir.«
    Denser stieß den hilflosen Magier gegen eine Wand und brachte dadurch das hängende blaue Tuch in Wallung. »Ihr werdet es tun, Kestys. Diese Abscheulichkeit muss aufhören, und zwar sofort.«
    »Ich kann nicht …«

    »Doch, Ihr könnt!«, fauchte Denser. »Haltet Ihr mich für so beschränkt? Ich habe gesehen, woran Ihr arbeitet. Ich weiß, dass Ihr die Dimensionen ausrichten könnt, und ich weiß, dass Ihr den Spruch auflösen und das Abkommen mit den Dämonen über die Protektoren aufheben könnt. Ich war auf Herendeneth, Kestys, und ich weiß, welches Wissen Ihr erworben habt.«
    »Es ist nicht so einfach«, protestierte Kestys.
    Der Unbekannte klatschte die Hand auf den Seelenverband. Er schob Denser zur Seite und legte Kestys eine Hand um die Kehle. »Ich habe keine Zeit, darüber zu diskutieren. Denser könnte es sich auch selbst zusammenreimen, aber das will ich nicht riskieren, weil ich nicht weiß, wie lange meine Freunde da draußen Euren widerwärtigen Herrn noch aufhalten können. Eins will ich Euch versichern: Wenn er durchbricht, werdet Ihr noch vor mir sterben.« Er ignorierte die keuchenden Laute des Magiers und packte sogar noch etwas fester zu, um ihn hochzuheben. »Ich höre sie in meinem Kopf. Sie alle. Versteht Ihr das nicht?« Er deutete hinter sich zum Seelenverband. »Ich fühle sie. Ich fühle ihre Schmerzen und kenne ihre Sehnsucht, frei zu sei. Aber ich kann ihnen nicht sagen, dass ich es weiß, weil sie mich nicht hören können. Ihr aber, Kestys, Ihr werdet sie befreien. Ihr werdet die Sklaverei aufheben und ihnen erlauben, die Masken abzunehmen und als Menschen zu leben.
    Verpasst nicht diese Gelegenheit, ein einziges Mal in Eurem armseligen Leben etwas Wertvolles zu tun. Denn glaubt mir, wenn Ihr es nicht tut, werdet Ihr keine Gelegenheit mehr bekommen, irgendetwas anderes zu tun. Die Entscheidung liegt bei Euch. Gebt meinen Brüdern ihr Leben zurück, oder ertrinkt in Eurem eigenen Blut.
    Wie lautet Eure Entscheidung?«

     
    Auum und Thraun standen hinter dem Kraftkegel für den Fall bereit, dass er versagte, denn dann wäre Erienne im Kartenraum ungeschützt gewesen. Sie versuchte gerade, ihre Gedanken zu sammeln, damit sie im Kampf, falls es dazu kommen sollte, etwas ausrichten konnte. Doch es war so schwer. Sie hatte das Gefühl, eine Axt sei an ihren Hals gesetzt worden. Bei den Göttern, sie konnte schon die harte, scharfe Schneide spüren.
    Das Eine nährte sich von ihrer Angst. Auch das konnte sie spüren. Die geistige Macht, die sie mit aller Kraft zu unterdrücken suchte, kämpfte gegen sie und Myriell an. Diese Macht wollte sie überwältigen und sich befreien. Erienne musste sich eingestehen, dass sie auf einer sehr grundlegenden Ebene das Eine überhaupt nicht verstand – denn anscheinend war es bereit, seinen Wirt zu zerstören, wodurch es auch selbst untergehen
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