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Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition)

Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition)

Titel: Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition)
Autoren: Markus Heitz
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erzählt hatte, sprachen gegen hilfsbereite Wesen. Blieb sie stumm und wartete ab, konnte es gut geschehen, dass sie elend vor Durst und Hunger starb.
    »Bei den Infamen!« Firûsha versuchte es erneut mit Rütteln, dann traktierte sie die Einstiegsluke so gut es ging mit Kniestößen. Aber mehr als körperliche Ermattung und Abschürfungen an Händen und Beinen kamen dabei nicht heraus.
    Es ist zu stabil. Ich richte nichts aus. Sie legte sich flach hin, entspannte sich und schloss die Augen, verlangsamte ihre Atmung. Firûsha setzte sich selbst eine Frist, nach der sie entscheiden wollte, ob sie es wagte, laut nach jedem erdenklichen Beistand zu rufen oder weiter Zeit verstreichen zu lassen.
    Das Licht, das in der Höhle strahlte, schwächte sich beständig ab. Die wohlige Wärme schwand augenblicklich.
    Gänsehaut bildete sich auf Firûshas Armen und Beinen. Ihr Kleid hatte schwer gelitten, das kostbare Diamantendiadem lag irgendwo in Phondrasôns Röhren und erfreute tumbe Bestien mit seinem noblen Glanz. Sie öffnete die Augen und sah, dass ihr Atem weiße Wolken an der Luft bildete.
    Der schlagartige Kälteeinfall überraschte die Albin. Sicherlich ein Zustrom von der Oberfläche. In den Bergen um das Albaereich lag trotz des Frühlings Schnee, und genau diese Eisluft fand den Weg durch Spalten nach unten. Nach einer kurzen Weile hatte sich Reif auf den Halmen gebildet, die Gräser knackten und knisterten.
    Firûsha fröstelte. Sollte es noch kälter werden, erfriere ich. Als ihr Leib zu beben anfing und die Zähne klapperten, rief sie notgedrungen laut um Hilfe. Zuerst auf Albisch, dann in der Gemeinsprache der Barbaren.
    Irgendwann wurde sie heiser, doch es kam niemand.
    Zwar erschien es ihr, als würden sich gelegentlich Schritte in ihre Richtung bewegen, aber Beistand ließ sich nicht blicken.
    Die Halme raschelten, die Schicht aus weißen Kristallen auf ihrer Oberfläche wuchs. Eis bildete sich ebenso auf Firûshas Gürtel, an ihren schwarzen Haarspitzen.
    Sie wollte vor Verzweiflung weinen, doch die Tränen rollten nicht, als wagten sie sich nicht in die Kälte.
    Gleichzeitig erwachte in ihr der Trotz.
    Ich darf nicht sterben, sagte sie sich. Ich versprach es Tirîgon, und er versprach mir, dass wir uns finden. Er wird mich finden. Sie rieb die schmalen Hände aneinander, um sie zu wärmen; die Ringe klapperten und saßen lose. Er wird mich finden.
    Schritte raschelten heran. Zu ihrer Rechten erschien unvermittelt eine Kreatur mit einem menschenähnlichen, fellüberzogenen Gesicht, in dem drei Raubtieraugen glitzerten und sie gierig betrachteten. Ein klickendes Schnurren drang aus der Kehle.
    Sie schrie instinktiv auf und versuchte wegzurutschen, prallte gegen die Stäbe. »Verstehst du mich?«, fragte sie leise in der Barbarensprache.
    Das Wesen, das einen einfachen Fellmantel um sich gegürtet hatte, schürzte die groben Lippen und versuchte sie mit seinen schwieligen, verschmutzten Klauen zu berühren. »Weich«, murmelte es krächzend. »Gut!«
    Was meint es damit? Firûsha deutete auf die zerstörte Schlossmechanik. »Kannst du es öffnen? Ich bin eingesperrt!«
    Die Kreatur hüpfte auf den Käfig und sprang wie irrsinnig darauf herum, trat mit den ausgelatschten Stiefeln zu.
    Es schepperte und dröhnte, Dreckbröckchen flogen gegen die Albin, aber der Riegel blieb davon unbeeindruckt.
    Das enttäuschte Wesen schrie und fauchte wütend, ging in die Hocke und drosch unbeherrscht mit den Fäusten auf die Eisenstäbe ein. Der penetrante Geruch hüllte sie ein und raubte ihr den Atem.
    Das Vieh ist nicht besonders schlau. Es trägt zwei verschiedene Stiefel, und den Mantel hat es sicherlich ebenso gefunden. Oder seinem Besitzer entrissen … Firûsha machte beschwichtigende Gesten. »Nein, warte. Warte! Beruhige dich. Psch, ruhig! Sch, sch! Such einen Stock.« Sie versuchte sich mit Zeichen und zitternden Fingern verständlich zu machen. »Stock. Zum Draufschlagen oder Aufbrechen. Ich zeige dir, wie.«
    Die Kreatur achtete nicht auf sie, sondern richtete sich auf, zog ein kleines Horn hervor und setzte es an den Mund. Kräftig blies sie hinein.
    Ein quäkender Ton erklang, der durch die Kaverne rollte.
    Anstelle des erwarteten Echos ertönte vielstimmige Antwort, und Schritte trampelten heran. Von allen Seiten strömten die Scheusale herbei.
    Die Halme wurden niedergetreten oder zur Seite geschoben. Raureifwölkchen gingen auf die Albin nieder, die von etlichen Artgenossen ihres Finders ausgiebig bestaunt
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