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Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Sebastian Fleming
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Berglandschaft oder in einem giardino segreto , einem geheimen Garten? Oder vielleicht mit einem Tier, wie einem kleinen Hund in der Hand? Er verwarf den Gedanken wieder, nichts sollte von ihr ablenken. Wie stellte man reine Schönheit dar? Nicht durch Ebenmaß, so viel stand fest. Es konnte nur gelingen, wenn er das Verborgene des Menschen erfasste, das sich immer von Neuem entzog, weil das Leben nur durch die nimmer ruhende Bewegung existierte.
    Wie zum Teufel sollte er ihren Charme einfangen? Sie war ihm vertraut und gleichzeitig fremd. Wie konnte er überhaupt wagen, auch nur daran zu denken, sie zu malen, wenn er nicht einmal wusste, wer sie wirklich war? Er liebte sie, aber er liebte ein Geheimnis. Wie malte man ein Geheimnis? Er hatte Menschen in der Anbetung des Mysteriums porträtiert, aber niemals das Verborgene selbst. Der feinste Pinselstrich dünkte ihn noch zu grob dafür.
    Vasari stellte gerade die Sepiatinte, die er eigentlich nicht benutzen wollte, neben den Karton, der auf dem Tisch lag, als Ascanio Isabella di Vignola anmeldete. Kurz darauf betrat sie ernst und feierlich das Arbeitszimmer, so als habe sie sich zu einem großen Schritt entschlossen, zu einem Opfer. Wie stets hob sie zur Begrüßung die linke Augenbraue. Dann sah sie ihm fest in die Augen, als wollte sie ihn stumm darum bitten, ihr Vertrauen nicht zu missbrauchen.
    Sie trug denselben Aufzug wie vor einer Woche beim Bischof von Ostia: einen schweren Mantel mit Hermelinfellbesatz, ein schwarzes Kleid, dessen Dekolleté ein feiner Schleier in der Farbe des zurückgeschlagenen Kopftuches verbarg, um deshalb nur stärker die Blicke auf sich zu ziehen. Die schlanke Taille umspielte eine goldene Kordel.
    »Ich bin beglückt, dass Ihr mir unwürdigem Diener Eure kostbare Zeit opfert«, sagte Vasari und verneigte sich galant. Isabella legte den breitkrempigen Hut, den eine Fasanenfeder zierte, auf einem Holzstuhl ab. Eine Haarsträhne befreite sich und fiel in die Schläfe.
    »Sorgt dafür, dass wir ungestört bleiben, Messèr Giorgio«, bat sie. Vasaris Blick verriet Verwunderung.
    »Ihr wolltet mich doch malen, oder?«
    »Ja, aber ja«, versicherte er rasch. Dann eilte er zur Tür und rief Ascanio herbei. Er schärfte ihm ein, dass er unter keinen Umständen behelligt zu werden wünschte. Danach schloss er die Tür, wandte sich ihr zu und blieb wie angewurzelt stehen.

59

    Rom, Anno Domini 1574, im Februar
    Ihm bot sich der nackte Anblick ihrer Schultern, des Rückens, des runden Popos, der langen Beine. Eine kleine Weile verharrte Vasari in Betrachtung ihrer Kniekehlen. Wie gern wäre er niedergesunken, um sie demütig zu küssen. Zu ihren Füßen lag das Kleid samt dem Unterkleid, daneben der Mantel. Wie sie dort inmitten der kostbaren Stoffe stand, erinnerte sie ihn an Botticellis Venus, die nackt und dennoch keusch einer Muschel entsteigt. Isabellas weiße makellose Haut erregte Vasari. Die Huren, die er kannte, hatten ihre Haut achtlos der Sonne ausgesetzt. Und den Männern natürlich. Braunes, gegerbtes Leder! Wie primitiv!
    Isabella wirkte von hinten fast knabenhaft, wenn die runden Pobacken und die etwas weichere Taille nicht gewesen wären. Ihr edler, makellos weißer Teint brachte ihn um den Verstand. Ihm schwindelte. Wie lebendiges Porzellan, dachte er atemlos. Er war nicht naiv, er wusste, dass die feinen Damen über Rezepte verfügten, die Haut zu bleichen, aber Isabella schien auf diese plumpen Hilfsmittel verzichten zu können. Nur langsam gewann er seine Selbstbeherrschung zurück.
    »Fangt an, Messèr Giorgio, ich friere schnell«, befahl sie.
    Vasari hatte oft nach Modellen gezeichnet, auch nach nackten, Männer, Frauen und Knaben. Selbst Leichen mit abgezogener Haut hatte er skizziert, um die Funktionsweise der Muskeln zu studieren. Ohne das Studium der Anatomie gab es keine Malerei. Leonardo hatte das eingeführt, seitdem tat es jeder, der eine hohe Meinung von seinem eigenen Talent hatte.
    Das alles war nichts Besonderes für ihn, dennoch zitterten ihm die Hände. Er schlich um Isabella herum, bemüht, sie nicht anzustarren. Dann schaute er noch einmal auf den Karton, fuhr mit der Hand darüber, als liebkoste er ihre Haut und nahm den Bleigriffel. Jetzt erst erlaubte er seinen Augen, sie von vorn zu betrachten.
    Nie hatte er schönere Brüste gesehen, nur etwas größer als seine Hände, der Schwerkraft Paroli bietend, unberührt und nicht abgegriffen wie die der Huren. Das Delta der Venus trieb ihm den Schweiß aus
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