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Die Klinge des Löwen 03

Die Klinge des Löwen 03

Titel: Die Klinge des Löwen 03
Autoren: Walter Weil
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Gleich
darauf polterte jemand die Stiege herauf und näherte sich eilig
dem Eßraum, in dem Dietrich saß.
    Die Tür wurde
aufgerissen und der Knappe stürzte verschwitzt und aufgeregt
mitten in das Gemach. Dietrich, verärgert über die Störung,
die ihn nach dem aufreibenden Tag vom Essen abzuhalten drohte, fuhr
den Jungen zornig an: "Wozu dieser Lärm, Knappe? Du kannst
doch unmöglich schon die Rosse getränkt haben!"
    Roland war mit zwei,
drei Schritten an dem Tisch, hinter dem Dietrich vor seiner vollen
Schüssel saß, stützte sich heftig atmend auf die
ausladende Tischplatte und keuchte: "Doch, Herr, aber ich wollte
keine Zeit verlieren... ein Bote...war auf dem Weg zu Euch und..."
    Dietrich, der
stutzig geworden war und ahnte, daß sein Knappe tatsächlich
etwas Wichtiges zu melden habe, unterbrach ihn: "Komm her,
Knappe, und setz' dich neben mich. Beruhige dich und berichte, was
dich so aufgeregt hat!"
    Roland nickte und
ließ sich neben Dietrich auf die Bank fallen. "Herr, die
Slawen...das Slawenheer hat die Marktsiedlung Offinburc überrannt!"
    Offinburc lag
ungefähr eine Meile nördlich der Ortenburg, und damit war
Dietrich schlagartig klar, daß es mit der Ruhe vorbei war, wenn
es stimmte, was der Knappe erzählte. "Wer sagt das?"
    "Ein Bote, den
Max von Ortenburg zu Euch schickte und der mich am Fluß antraf.
Er berichtete, es sei vorhin noch ein kleiner Flüchtlingszug
hereingekommen. Die Leute hätten erzählt, daß eine
starke Abteilung Slawen heute abend aus den westlichen
Niederungswäldern heraus die Siedlung überfallen habe. Da
die vor dem Ort liegende Künzig zur Zeit fast kein Wasser führt,
stellte der Fluß für die slawischen Reiter kein Hindernis
dar. In einem einzigen Sturmangriff hätten sie die Marktsiedlung
in ihre Gewalt gebracht und die meisten Bewohner erschlagen."
    "Wieso wußten
die zuletzt angekommenen Flüchtlinge davon?"
    "Das habe ich
den Boten auch gefragt. Er sagte, das seien Einwohner von Offinburc.
Sie hätten schon vor dem Angriff beschlossen, noch in der Nacht
in unser Gebiet zu flüchten. Eine mit dem zweiten Gesicht
behaftete Alte hatte offenbar die Leute mit der Behauptung verrückt
gemacht, sie sehe überall Blut. Da sie noch in dieser Nacht
aufbrechen wollten, seien ihre im Ostteil der Siedlung stehenden
Karren bereits bespannt und abfahrbereit gewesen. Die Leute seien
gerade mit dem Beladen fertig geworden, als der Feind in den Westteil
der Ortschaft hereinbrach. Sie konnten sich mit ihren Gespannen
ungesehen in Sicherheit bringen, weil sie einen Hohlweg benutzten."
    Dietrich begann
bedächtig zu essen, und als er Rolands verständnislose
Miene sah, schmunzelte er. "Du wunderst dich wohl, daß ich
mich jetzt nicht genauso aufrege wie du, oder?"
    Der Knappe nickte
schüchtern.
    "Nun, wenn es
dich beruhigt, so höre: schon bald wird es dunkel, und du kannst
sicher sein, daß das Hauptheer der Slawen uns heute nacht bestimmt nicht angreift. Offinburc wurde, nach
allem, was du mir da erzählst, von einer Vorhut überfallen.
Die Richtung, aus der dieser Angriff erfolgte, sagt mir außerdem,
daß der Feind offenbar das Rheintal heraufkommt. Nehmen wir
einmal an, der Kriegshaufe, welcher die Marktsiedlung eingenommen
hat, war vielleicht fünfzig Mann stark. Dann verbleiben immer
noch, soweit wir das wissen, mehr als fünfzehnhundert Krieger im
Hauptheer. Die müssen erst einmal die Wälder der Rheinebene
durchqueren - das braucht Zeit!"
    "Ihr seht immer
alles so klar und einfach", sagte der Knappe beeindruckt. "Wenn
ich das nur auch könnte...!"
    Dietrich lachte und
entgegnete zwischen zwei Bissen: "Das lernst du auch noch! Es
bewahrt einen davor, unüberlegt zu handeln."
    Rolands Respekt wäre
allerdings schnell verflogen, hätte er gewußt, daß
sein Herr sich diesmal teilweise irrte. Die Slawenabteilung, von der
sie sprachen, war keine Vorhut, sondern jene eigenständige
Heerschar, die das Künzigtal finden sollte. Sie war dreimal so
stark, wie Dietrich glaubte. Er lag zudem mit seiner Vermutung
hinsichtlich der Richtung falsch - diese Slawen waren von Norden
gekommen, und nicht aus dem Westen; am Ziel hatten sie sich lediglich
auf der Westseite von Offinburc in den Wäldern eingenistet.
    Kurioserweise führte
jedoch Dietrichs Irrtum auch zu einer richtigen und, wie sich noch
zeigen sollte, sehr bedeutenden Einschätzung: Die Hauptmasse der
Slawen näherte sich tatsächlich aus westlicher Richtung.
    "Übrigens,
was ist mit unseren Rossen?" fragte Dietrich nach einer
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