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Die Katzen von Ulthar

Die Katzen von Ulthar

Titel: Die Katzen von Ulthar
Autoren: H.P. Lovecraft
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Gegenden ließe sich viel über die Großen erfahren, und jene, die ihr Blut trugen, mochten kleine Erinnerungen bewahren, die einem Suchenden sehr 18
    nützlich wären. Sie ahnten vielleicht nichts von ihrer Herkunft, denn so sehr verabscheuen es die Götter, von den Menschen erkannt zu werden, daß sich niemand finden läßt, der ihre Gesichter wissentlich geschaut hat; und obwohl sich Carter dieser Tatsache bewußt war, trachtete er danach, den Kadath zu erklimmen. Doch sie würden wunderliche, hochfahrende Gedanken haben, die ihre Kameraden mißverstanden, und sie würden von fernen Stätten und Gärten singen, die sogar im Traumland ihresgleichen suchten, so daß das gewöhnliche Volk sie Narren heißen würde; und aus alledem ließen sich vielleicht alte Geheimnisse über den Kadath erfahren, oder Hinweise auf die wunderbare Stadt im Sonnenuntergang gewinnen, die die Götter verborgen hielten. Und überdies könnte man in bestimmten Fällen das inniggeliebte Kind eines Gottes als Geisel nehmen, oder gar einen jungen Gott selbst gefangen setzen, der verkleidet und mit einem hübschen Bauernmädchen zur Braut unter den Menschen wohnte.
    Atal jedoch wußte nicht, wie der Ngranek auf seiner Insel Oriab zu finden war, und er empfahl Carter, dem singenden Skai unter den Brücken hindurch zum Süd−Meer hinab zu folgen, wo noch kein Bürger Ulthars jemals gewesen ist, von woher aber die Händler mit Booten oder langen Maultierkarawanen und zweirädrigen Karren kommen. Es gibt dort eine große Stadt, Dylath−Leen, doch wegen der schwarzen, dreiruderigen Galeeren, die mit Rubinen einer nicht genau benannten Küste zu ihr segeln, genießt sie in Ulthar einen schlechten Ruf. Die Händler, die von diesen Galeeren kommen, um mit den Juwelieren Geschäfte zu schließen, sind menschlich, oder doch beinahe, die Ruderer hingegen bekommt man nie zu Gesicht; und in Ulthar hält man es nicht für heilsam, wenn Kaufleute mit schwarzen Schiffen Handel treiben, deren Herkunft unbekannt ist und deren Ruderer nicht vorgezeigt werden können.
    Nachdem er diese Information preisgegeben hatte, wurde Atal sehr schläfrig, und Carter bettete ihn behutsam auf eine getäfelte Ebenholzcouch und drapierte den wallenden Bart dekorativ auf der Brust. Als er sich zum Gehen wandte, stellte er fest, daß ihm kein unterdrücktes Geflattere folgte, und er wunderte sich, warum die Zoogs in ihrer neugierigen Verfolgung so nachlässig geworden waren. Dann bemerkte er all die geschmeidigen, selbstzufriedenen Katzen von Ulthar, die sich mit ungewöhnlichem Gusto die Mäuler leckten, und er entsann sich des Fauchens und Miauens, das aus den unteren Geschossen des Tempels schwach heraufgeklungen war, während er von der Erzählung des alten Priesters ganz in Anspruch genommen wurde. Und er entsann sich ebenfalls der boshaften, hungrigen Art, mit der ein besonders unverschämter junger Zoog ein kleines schwarzes Kätzchen auf der gepflasterten Straße draußen betrachtet hatte. Und weil er auf Erden nichts so sehr liebte wie kleine schwarze Kätzchen, beugte er sich nieder und streichelte die geschmeidigen Katzen von Ulthar, wie sie ihre Mäuler leckten und grämte sich nicht, daß ihn die wißbegierigen Zoogs nun nicht weiter eskortieren würden.
    Eben ging die Sonne unter, und so nahm Carter bei einem alten Gasthof Quartier, der in einem steilen Gäßchen lag, das die untere Stadt überblickte.
    Und als er auf den Balkon seines Zimmers trat und unter sich das Meer von roten Ziegeldächern und Pflasterwegen und die anmutigen Felder dahinter schaute, alles mild und magisch im sinkenden Licht, da schwor er, daß Ulthar 19
    ein sehr angenehmer Ort wäre, um für immer darin zu wohnen, triebe einen nicht die Erinnerung an eine noch großartigere Stadt im Sonnenuntergang immerfort unbekannten Gefahren zu. Dann brach die Dämmerung herein, und die blaßroten Wände der getünchten Giebel färbten sich violett und mystisch, und kleine gelbe Lichter schienen eines nach dem anderen in alten Gitterfenstern auf. Und liebliche Glocken läuteten im Tempel oben, und der erste Stern blinkte sanft über den Wiesen jenseits des Skai. Mit der Nacht kamen die Lieder, und Carter nickte, als die Lautenspieler auf den filigranverzierten Baikonen und in den mosaikgeschmückten Höfen des bescheidenen Ulthar die alten Zeiten priesen. Und vielleicht hätten sogar die Stimmen von Ulthars zahlreichen Katzen süß geklungen, wären sie nicht zum Großteil träge und still von einem
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