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Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman

Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman

Titel: Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman
Autoren: Lilian Jackson Braun
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entkommen. Zumindest, dachte er, schadet es nicht, wenn ich hinunterfahre und mir mal ansehe, welche Möglichkeiten in dem Gebäude stecken.
    Als erstes eröffnete er die Neuigkeit den Katzen. Da er alleine lebte, hatte er sich angewöhnt, sich mit seinen Katzen zu unterhalten – er las ihnen häufig vor und sprach stets mit ihnen über seine Probleme und Pläne. Sie schienen seine Stimme gern zu hören, ob sie nun verstanden, was er sagte, oder nicht. Und was noch wichtiger war: Wenn er seine Gedanken in Worte faßte, fiel es ihm leichter, Entscheidungen zu treffen.
    »Hört mal zu, ihr beiden«, rief er, »was würdet ihr davon halten, den Winter im Verbrechensgürtel zu verbringen statt im Schneegürtel?... Wo seid ihr?«
    Seine Gefährten hatten ihren bequemen Sessel verlassen und waren nirgends zu sehen.
    »Wo seid ihr zwei Schlingel hin?« rief er.
    Keine der beiden gab einen Ton von sich, doch er spürte, daß sie da waren, und er konnte sich auch denken, wo. Koko hatte sich unter den Kaminvorleger gebuddelt, und Yum Yum versteckte sich unter dem Teppich vor dem Sofa. Ihr stummer Kommentar war leicht zu verstehen: Sie haßten Ortswechsel, und sie spürten, was Qwilleran vorhatte.
    Mit wachsender Begeisterung marschierte er im Zimmer auf und ab. Ungeachtet der Reaktion seiner Mitbewohner reizte ihn die Vorstellung, den Winter in der Großstadt zu verbringen. Ihm fehlte der Presseclub. Ihm fehlte die Kameradschaft der Kollegen im Daily Fluxion, wo er ein beliebter Feuilletonist gewesen war. Ihm fehlten die Shows, das Hockey und die Profi-Basketballspiele und das große Angebot an Restaurants. Einen Nachteil hatte die Sache: Er würde auf die Gesellschaft von Polly Duncan verzichten müssen. Er hatte die Leiterin der Bücherei von Pickax sehr liebgewonnen. Sie hatten dieselben Interessen. Sie war in seinem Alter – eine intelligente und liebevolle Frau. Und da keiner von ihnen den Wunsch hatte, zu heiraten, paßten sie gut zusammen.
    Polly war die erste, mit der er den Vorschlag besprechen wollte, den man ihm gemacht hatte, und er rief sie in ihrem kleinen Haus auf dem Lande an, doch bevor er ihr die Neuigkeit mitteilen konnte, dämpfte sie seine Euphorie, indem sie bekümmert ausrief:
    »O Qwill! Ich wollte dich gerade anrufen. Etwas Schreckliches ist passiert. Mir ist die Wohnung gekündigt worden!«
    »Was meinst du damit?« Sie wohnte seit Jahren in einem gemütlichen Häuschen auf dem Lande, und er hatte viele idyllische Wochenenden dort verbracht, umgeben von Maisfeldern und Wäldern, wo es Rehe und Hirsche gab und blauen Himmel.
    »Ich habe dir doch erzählt, daß die Farm verkauft worden ist«, sagte sie, den Tränen nahe. »Und jetzt habe ich erfahren, daß der neue Besitzer mein Häuschen für seinen verheirateten Sohn braucht. Der Winter steht vor der Tür! Wo kann ich hin? Die Wohnungsvermieter erlauben keine Katzen, und ich kann Bootsie nicht aufgeben! Was soll ich bloß tun?« jammerte sie. Das war die Frau, die in der öffentlichen Bücherei für die kompliziertesten Probleme binnen Kürze eine Lösung fand; daß sie auf diesen privaten Rückschlag so panisch reagierte, war beunruhigend. »Bist du noch dran?« rief sie ungeduldig. »Hast du mich gehört, Qwill?«
    »Ich habe dich gehört. Ich überlege«, sagte er. »Zufälligerweise wurde ich gerade eingeladen, die Wintermonate im Süden unten zu verbringen – in einer Penthaus-Wohnung. Das bedeutet... du könntest deine Möbel in ein Lager stellen und in meine Wohnung in Pickax ziehen, während du dich nach einem neuen Haus umsiehst.« Launig fügte er hinzu: »Ich habe nichts gegen Katzen.« Am anderen Ende herrschte Schweigen. »Bist du noch dran, Polly? Hast du mich gehört?«
    »Ich überlege«, sagte sie. »Es klingt wie die ideale Lösung, Qwill, und es ist wirklich sehr großzügig von dir, und es wäre natürlich in der Nähe der Bücherei, aber...«
    »Aber was?«
    »Aber der Gedanke, daß du so lange im Süden unten bist, gefällt mir gar nicht.«
    »Du bist einen ganzen Sommer nach England gefahren«, erinnerte er sie. »Das hat mir auch nicht gefallen, aber ich habe es überlebt.«
    »Das meine ich nicht. Die Städte sind so gefährlich! Ich möchte nicht, daß dir irgend etwas zustößt.«
    »Polly, darf ich dich daran erinnern, daß ich mein ganzes Leben in großen Städten verbracht habe, bevor ich hier heraufzog?«
    »Was ist das für ein Penthaus, von dem du gesprochen hast?« fragte sie mißtrauisch.
    »Treffen wir uns morgen
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