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Die Jahre am Weiher: Der zweite Fall für Winnie Heller und Hendrik Verhoeven (German Edition)

Die Jahre am Weiher: Der zweite Fall für Winnie Heller und Hendrik Verhoeven (German Edition)

Titel: Die Jahre am Weiher: Der zweite Fall für Winnie Heller und Hendrik Verhoeven (German Edition)
Autoren: Silvia Roth
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weiß, gab’s mal Gerüchte.“
    „Was für Gerüchte?“
    „Er soll ein Kind entführt haben.“
    Verhoeven blickte ihn fragend an, doch er hob sofort abwehrend die Hände.
    „Genaueres weiß ich nicht. Nur, dass es ewig her ist und dass Jasper Fennrich in dieser Gegend keinen besonders guten Ruf genießt.“
    Verhoeven nickte und sah wieder die Tote an, deren Körperhaltung alles in allem entspannt wirkte. So als habe sie sich lediglich ein paar Minuten ausruhen wollen und sei dabei vom Tod überrascht worden. Wäre da nicht das Blut an ihrem Mund, dachte er. Und das Geständnis ihres Mannes. „Aber sie ist doch bestimmt hin und wieder mal gesehen worden, wenn sie hier gelebt hat“, beharrte er. „Ich meine, sie wird doch auch mal ausgegangen sein, nicht wahr? Zum Einkaufen oder zum Friseur oder so was.“
    Der Beamte schüttelte den Kopf. „Soweit ich informiert bin, hat sie seit dreißig Jahren niemand mehr zu Gesicht gekriegt.“
    „Was ist mit ihrer Familie?“
    „Ja, die…“ Seine Miene hellte sich auf. Vielleicht, weil er froh war, wenigstens eine Antwort zu wissen. „Die wohnen noch hier. Die Eltern und eine Schwester.“
    „Und von denen hatte keiner Kontakt zu ihr?“ Verhoeven runzelte die Stirn. „Die ganzen dreißig Jahre nicht?“
    „Sie haben gedacht, sie sei tot“, wiederholte der Beamte, wobei er der Toten auf dem Campingbett einen Blick zuwarf, als mache er ihr einen persönlichen Vorwurf daraus, nicht schon vor langer Zeit gestorben zu sein. „Und wenn Sie mich fragen, waren sie auch nicht weiter traurig drum.“
    „Warum?“
    „Ach, angeblich war sie schon vor ihrem Verschwinden andauernd krank. Hier oben, meine ich, wenn’s stimmt, was man so hört.“ Er tippte sich in einer bedeutungsvollen Geste an die Stirn. „Als sie klein war, wollte ihre Mutter angeblich sogar in die Staaten mit ihr, um sie operieren zu lassen. Sie wissen schon, einer von diesen Eingriffen, bei dem sie dir einen Eispickel ins Hirn rammen.“
    Verhoeven verzog angewidert die Lippen.
    Doch das schien seine Gesprächspartner nicht zu bemerken. „Na ja, aber das hatte sich ja dann erübrigt.“
    Wieso eigentlich?, dachte Verhoeven grimmig, immerhin ist Lilli Dahl doch bis gestern am Leben gewesen …
    Er ging neben dem Campingbett in die Knie und sah noch einmal die vorgewölbten Augen der Toten an. Eine Frau, die man einfach vergessen hat, dachte er. Abgeschrieben. Und plötzlich war ihm trotz der Hitze kalt. „Was sagt denn der Arzt?“, wandte er sich eilig wieder an den Kollegen von der örtlichen Dienststelle.
    „Er meint, sie müsse gestern am frühen Abend gestorben sein.“
    „Todesursache?“
    „Dr. Feld ist Internist.“
    „Ja, und?“
    Sein Lachen gefror zu Eis. „Wenn ich ihn richtig verstanden habe, muss sie irgendwas Ätzendes getrunken haben.“
    Verhoeven streifte sich ein Paar Latexhandschuhe über und öffnete vorsichtig den Mund der Toten. Zunge und Gaumen waren ein einziger Klumpen blutigen Fleisches. Trotzdem müsste hier Blut sein, wenn sie etwas Ätzendes getrunken hätte, dachte er. Blut und Erbrochenes.  Seine Augen suchten die schäbige Matratze ab. War das Bett gesäubert worden? Das Bett und auch die Tote?
    Lilli Dahls Bluse wies keine Spuren auf, keine Flecken, nichts. Nur zwei fehlende Knöpfe über der Brust.
    Verhoeven richtete sich auf. „Der Ehemann selbst hat keine Angaben zum Tathergang gemacht?“
    „Nein.“
    „Auch nicht zum Motiv?“
    „Er hat nur gesagt, dass er sie getötet hat.“
    „Sonst nichts?“
    Kopfschütteln. „Sonst nichts.“
    Mit diesem Kerl zu sprechen, ist wie Zähne ziehen, dachte Verhoeven, wobei ihm das Gespräch mit seiner Tochter wieder in den Sinn kam. „Gibt es hier ein Telefon?“
    „Nee, wie denn?“ Der Kollege grinste. „Darum musste ihr Mann ja auch erst zur Tankstelle. Um telefonieren zu können, meine ich.“
    „Wie weit ist es bis dahin?“
    „Rund drei Kilometer. Die Tankstelle liegt am Ortseingang von Brixenheim.“
    Drei Kilometer, dachte Verhoeven. Der nächste Ort ist nur drei Kilometer entfernt, aber hier draußen hat man den Eindruck, am Ende der Welt zu sein. „Hat Fennrich ein Auto?“
    „Motorrad.“
    Er blickte aus dem einzigen Fenster, das auf den Weiher hinausging. Hinter der Hütte wucherte Mohn, kniehoch und blutrot. Wo das Rot zu Ende war, ragte ein schmaler Bootssteg ins Wasser. „Und er hat das Motorrad genommen, um zur Tankstelle zu fahren und die Polizei zu rufen?“
    „Ja.“
    „Was genau
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