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Die Insel der roten Erde Roman

Titel: Die Insel der roten Erde Roman
Autoren: Elizabeth Haran
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sie zum Fenster hinaus. Draußen, nur wenige Schritte entfernt, stand der Leuchtturmwärter und unterhielt sich mit einem anderen Mann. Sarah zog die Decke enger um sich, ging zur Tür, öffnete sie vorsichtig einen Spalt weit und lauschte.
    »Heute Nacht ist ein Schiff am Riff zerschellt«, sagte der Leuchtturmwärter soeben. »Die Gazelle .«
    »Die Gazelle ? Verdammt, meine Farmhelferin sollte mit diesem Schiff eintreffen!«
    Sarah erschrak. Sprach der Mann etwa von ihr?
    »Ich habe zwei Überlebende geborgen. Die anderen haben wahrscheinlich die Haie geholt.«
    Sarah schlug sich erschrocken die Hand vor den Mund. Also gab es hier doch Haie! Sie schauderte vor Entsetzen bei dem Gedanken, was ihr hätte zustoßen können.
    »Ich konnte meinen Posten erst verlassen, als es hell wurde«, fuhr der Leuchtturmwärter fort. »Es wäre zu gefährlich gewesen, das Leuchtfeuer unbeaufsichtigt zu lassen.«
    »Warum bist du nicht zu mir gekommen? Ich hätte dich ablösen können.«
    »Du hast schon genug um die Ohren. Ich musste sowieso die Flut abwarten, bis ich den beiden Frauen zu Hilfe kommen konnte. Ein Glück, dass sie so lange durchgehalten haben.«
    »Ja, und wie ich mein Glück kenne, ist meine Hilfskraft ertrunken.«
    Seine gefühllose Art erfüllte Sarah mit Zorn.
    »Du hast eine Frau erwartet, nicht wahr?«
    »Ja. Sie sollte sich um die Kinder kümmern.«
    Sarah schlug das Herz bis zum Hals.
    »Vielleicht ist es ja eine der beiden Frauen, die ich gerettet habe.«
    Der Mann, bei dem es sich offensichtlich um Evan Finnlay handelte, drehte den Kopf und blickte zum Haus hinüber. Sarah schob blitzschnell die Tür zu. Als Finnlay sich abwandte, öffnete sie die Tür wieder ein klein wenig. »Sieht eine von ihnen aus, als könnte sie einen Pflug ziehen?«
    Der Leuchtturmwärter lachte. »Dafür hast du ein Pferd, Evan.«
    »Clyde würde es gut tun, wenn er sich mal ein bisschen ausruhen könnte.«
    Der Leuchtturmwärter schüttelte den Kopf. »Die beiden Frauen sehen aus, als würden sie bei einem heftigen Windstoß wegfliegen.«
    Der Farmer schnaubte. »Ich habe um ein robustes, kräftiges Weibsbild gebeten. Tja, wenn sie mir stattdessen eine schwache und zerbrechliche Frau schicken, hat sie eben Pech gehabt. Sie wird genauso hart arbeiten müssen.«
    Sarah schloss leise die Tür. Ihr war leicht übel, als sie langsam zum Feuer zurückging. Es konnte kaum einen Zweifel geben: Der Mann da draußen war der Farmer, bei dem sie arbeiten sollte. Er war älter, als sie erwartet hatte, mindestens fünfzig, und sein Äußeres ließ sie schaudern. Er trug einen Hut, den er tief ins Gesicht gezogen hatte, und einen braunen, buschigen Bart, sodass man von seinem Gesicht kaum mehr sehen konnte als die große Nase. Selbst die Augen waren von buschigen Brauen überwuchert. Er war von kleiner, stämmiger Gestalt und seine Stimme war rau. Das Schlimmste aber war die Art und Weise, wie er von ihr sprach.
    Sarah brauchte nicht viel Fantasie, um sich auszumalen, dass die nächsten zwei Jahre die schrecklichsten ihres Lebens würden. Ganz kurz spielte sie mit dem Gedanken, davonzulaufen, aber selbst wenn sie den Mut fand, sich allein durchzuschlagen – wohin konnte sie gehen?
    Während sie noch fieberhaft nach einem Ausweg suchte, flog plötzlich die Tür auf, und der Leuchtturmwärter kam mit dem Farmer herein.
    Letzterer ließ seine Knopfaugen prüfend über die beiden jungen Frauen gleiten und fragte dann:
    »Ist eine von Ihnen Sarah Jones?«
    Einer Eingebung folgend beschloss Sarah, sich als Amelia auszugeben, auch wenn das bedeutete, dass sie die richtige Amelia, das Mädchen ohne Gedächtnis, aus dem Weg schaffen musste. »Die da ist Sarah Jones«, sagte sie und zeigte auf die schlafende Amelia.
    »Und wer sind Sie?«, wollte der Leuchtturmwärter wissen. Leises Misstrauen schwang in seiner Stimme.
    »Mein Name ist Amelia Divine«, antwortete Sarah. »Ich bin auf dem Weg zu meinen Vormündern in Kingscote.« Wie zum Beweis nahm sie ein Paar Handschuhe aus Amelias Koffer und streifte sie über. Sie waren nass und eine Spur zu klein. »Die hat Mutter mir zu meinem letzten Geburtstag geschenkt«, sagte sie leise und wehmütig.
    »Woher wissen Sie, wer das ist?« Der Farmer deutete auf Amelia. Anscheinend kam es ihm merkwürdig vor, dass eine vornehme junge Dame eine Zuchthäuslerin auf Bewährung kannte.
    »Meine Dienerin hat sich auf dem Schiff mit ihr angefreundet«, erklärte Sarah. »Sie erzählte mir, wie sie heißt und dass sie
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