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Die Indoeuropäer: Herkunft, Sprachen, Kulturen

Die Indoeuropäer: Herkunft, Sprachen, Kulturen

Titel: Die Indoeuropäer: Herkunft, Sprachen, Kulturen
Autoren: Harald Haarmann
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die Pferdezucht und das Ritualwesen um dieses Tier zusammen mit der entsprechenden Terminologie von den migrierenden Indoeuropäern nach Westen und – rings um das Schwarze Meer – in die Balkanregion transferiert. Aus der Steppe gelangten das Pferd und die Reitkultur nach Osten (Kleinasien und Indien) und nach Süden (in den Mittleren Osten, ins iranische Hochland und ins Reich von Mitanni; s. Kap. 5).
    Eine funktional-kulturelle Chronologie des Pferdes
ab ca. 11000 v. Chr.
Transhumane Erfahrungen der nacheiszeitlichen Jäger mit Wildpferden
Das Wildpferd wird wegen seines Fleisches und wegen Rohmaterial wie Haar, Sehnen und Knochen geschätzt.
ab ca. 8000 v. Chr.
Ökologische Partnerschaft von Mensch und Pferd
Die sorgfältige Beobachtung von Wildpferden bringt den frühen Viehnomaden Vorteile für deren Weidewirtschaft: (1) Wildpferde finden Weiden mit hochwertigem Nahrungsangebot, d.h. hochständigen Gräsern, von deren Büscheln Pferde die Spitzen und Kleinvieh (Schafe und Ziegen) die unteren Bestände fressen; (2) Wildpferde können mit ihren harten Hufen verharschte harte Schneedecken aufbrechen, sodass sie selbst wie Kleintiere Futter finden.
ab dem 7. Jt. v. Chr.
Graduelle Domestizierung
Pferde werden zusammen mit Schafen und Ziegen gehalten. Hirten reiten einzelne Pferde, um größere Herden zusammenzuhalten. Stuten werden gemolken und deren Milch verwertet (als frische Trinkmilch und für vergorene Getränke, für Butter und Käse). Pferde werden als Packtiere für den Transport von Lasten verwendet.
ab dem 5. Jt. v. Chr.
Verwendung von Pferden als Zugtiere
Die Erfindung des Wagens mit Rädern (in der Kontaktzone von akkulturierten Steppennomaden und Ackerbauern, z.B. in der Ukraine) erfordert Zugtiere. Als solche kamen Pferde und Ochsen in Frage.
ab dem 3. Jt. v. Chr.
Verwendung von Pferden als Reittiere für Kriegereliten
Berittene Kriegerverbände sind das Rückgrat der mykenischen Macht im 2. Jt. v. Chr. Desgleichen bei den iranischen Steppennomaden (Skythen, Sarmaten, Alanen u.a.) sowie bei den türkischen Völkern Eurasiens (Hunnen, Kumanen, Petschenegen, u.a.). Alle alten Zivilisationen des Nahen Ostens und Ägyptens unterhalten militärische Reiterverbände.
ab dem 2. Jt. v. Chr.
Spezialisierte Verwendung von Pferden als Zugtiere für Streitwagen
Von Pferden gezogene Streitwagen sind die Stoßtrupps antiker Armeen (im Neuen Reich Ägyptens, bei Assyrern, Persern und Hethitern); (s. Abb. 5).
    5 Mykenische Wagenlenker. Vasenmalerei aus der zweiten Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr. (nach Dergachev 2007: 213)
    Die Mythologie der Indoeuropäer hat zahlreiche lokale Varianten von Gottheiten kreiert, die den Kult dieses Tieres verkörpern oder aufs Engste mit dessen Attributen assoziiert sind (Mallory/Adams 1997: 279ff.). Epona, die von den Festlandkelten verehrt wurde, ist in der Ikonographie und in Beschreibungen antiker Autoren seit der römischen Zeit bezeugt. Die Göttin wird in unterschiedlicher Weise dargestellt, manchmal auf einer Stute sitzend, manchmal von Pferden umgeben (s. Abb. 14, Kap. 4, S. 69). Bei den Inselkelten gab es zwei mächtige Gottheiten, deren wichtigstes Attribut das Pferd ist, die Macha in der irischen Tradition und Rhiannon (wörtl. ‹Große Königin›) bei den Walisern. Für die Hethiter war das Pferd als Reittier und sakrales Symbol gleichermaßen von Bedeutung; Schutzpatronin war die Göttin Pirwa (auch in den Namenformen Perwa und Peruwa), ihr Attribut war das Pferd. Auch in der griechischen Mythologie werden Gottheiten und Pferde assoziiert. Von Demeter heißt es, dass die Göttin die Gestalt einer Stute annahm, um Poseidon zu entkommen, der ihr nachstellte. Dieser wandelte sich in einen Hengst und vergewaltigte sie.
    Bei den Indo-Ariern (wie bei den Kelten) war das Pferd das edelste Opfertier. Das Ritual des Pferdeopfers wird im Sanskrit
áśvamedha
genannt. Rösser erscheinen auch als Element in der Gründung königlicher Dynastien, wie in den indischen Mythen um die epische Heldin Madhavi, die einem König zur Frau gegeben wird. Ihr Brautpreis sind zweihundert Pferde in der Farbe des Mondes und mit einem schwarzen Ohr.
    Das prähistorische Frühstadium des Viehnomadismus hat im Wortschatz der proto-indoeuropäischen Grundsprache deutliche Spuren hinterlassen. Diese Terminologie umfasst Ausdrücke zur Bezeichnung der wichtigsten Herdentiere (Ziege – Capra hircus; Schaf – Ovis aries), und zwar für männliche, weibliche
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