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Die Hosen Des Herrn Von Bredow

Titel: Die Hosen Des Herrn Von Bredow
Autoren: Willibald Alexis
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Das Federvieh gackerte auf dem Hofe und eine Gans steckte neugierig ihren Hals über die Schwelle, als sich die Zwei ansahen, die jetzt allein da waren. Die Zwei waren Herr Götz von Ziatz und sein Knecht Kaspar. Da keiner ihn erlösen kam, hatte er sich selbst erlöst aus der Schmiede. Die Thür, die seine Herrin verschlossen, nein, die durfte der treue Knecht nicht aufbrechen. Aber er hatte sich unter der Thüre durchgewühlt. Vielleicht hätte er es schneller thun können, denn er war rüstig, wo es galt; aber er mußte wohl Gründe dafür haben, daß er nicht schneller war.
    »Nu sage mal, Kaspar, was das ist,« sprach sein Herr, als er die letzte Erde von den Schultern schüttelte.
    »Ja, ja«, sagte der Knecht und kraute sich hinter'm Ohr.
    »Hat mich ordentlich erschreckt. – Es wäre zu spät,« sagte er.
    »Ich glaub's auch Herr, nun ist's zu spät.«
    Der Burgherr ward blaß. Hätte das der Knecht vorausgedacht, er würde es nimmer gesagt haben.
    »Wenn Ihr Euch recht zusammen nehmt und die Sporen nicht schont, dann könnt Ihr's vielleicht noch nachholen. Ich weiß nur nicht, ob's gut ist – 's ist auch kein Pferd da.«
    Herr Gottfried schien nur die ersten Worte gehört zu haben. Er ließ das Kinn auf die Hand sinken, und so saß er träumend: »Wie soll ich mich denn zusammennehmen? Ist's Einem denn noch nicht schwer genug gemacht – Kaspar, denkst Du denn auch bisweilen?«
    »Wenn's mir befohlen wird.«
    »Das sag ich ja auch. Aber – 's ist mir in den Magen gefahren.«
    »Ihr solltet Eins trinken auf den Schreck.«
    Der Herr nickte ihm Beifall. Der Wein war süß, aber über den Lippen glitt etwas Bitteres dem guten Herrn Götz: »Als schnürte er mir die Kehle zu! Einmal war's mir doch, als stäk ich schon in einem Brunnen.«
    »Da muß man sich selber helfen,« brummte der Knecht. »Ich stak auch tief, aber ich buttelte mir ein Loch, und da kam ich raus.«
    »Du! – Sahst du denn auch Flämmchen?«
    »Wie ich erst das Sonnenlicht sah, da ging's risch, rasch.«
    Der gute Herr schüttelte den Kopf, so trübselig hatte er nie am Morgen nach einem guten Trunk ausgeschaut; nie hatte er den Knecht, auch in seiner weichmüthigsten Laune, so weichmüthig, nein so wehmüthig angeschaut.
    »Kaspar! Wenn er nur das nicht vom Brunnen geredet hätte! Weiß Gott, seit er das gesprochen, 's rührt sich Alles in mir.«
    »Ihr habt zu wenig auf's Essen getrunken.«
    »Und wie er mich mit den gläsernen Augen ansah, mir war's doch wie in der Storkower Fehde, weißt Du noch, als Abends das Sandtreiben kam, und ich lag verwundet und rings um kein Mensch, glaubte, es sei mein letzter Tag. Da dachte ich auch – Kaspar, toll ist er, aber 's ist mir, als ob's was wäre!«
    »Ja, 's ist schon was,« sagte der Knecht.
    »Nu sage mal, Kaspar! Hab's mein Lebtag nicht gehört: die Seele im Brunnen zugeschüttet! Werde ja an keinem Brunnen mehr vorbei gehn, daß mir's nicht über die Haut rieselt.«
    Der Knecht Kaspar sann eine Weile nach, dann hub er an: »Ich meine so, gestrenger Herr, zweierlei. Das Denken ist schon gut, aber Manchermann meint, daß er denken thäte, und ist's doch nur, daß ihm im Kopfe rum surrt, was ein Anderer vor ihm gedacht hat, und er hat's aufgeschnappt, er weiß nicht wie, und wenn's in ihm losgeht, dann verschwört er Stein und Bein, 's 's wär sein eigener Gedanke. Darum ist's kein so groß Unglück, wenn Einer gar nicht denken thut. Und dann denk' ich, eins schickt sich nicht für Alle. Wenn zum Exempel der Bauer immer denken wollte: warum sitzt der Junker im Schloß und trinkt, und ich muß robotten und dürsten, oder der Pracher: warum muß ich nackt auf's Betteln gehn, und der Bürger liegt in der Wolle bis über's Ohr, da kam Alles aus dem Schick. Oder wo kriegten denn die Fürsten und die Hauptleute ihre Diener, so Jedermann immer an seine Seele dächte und nicht an seines Herrn Vortheil. Dazu kriegen die Priester ihren Decem, und wollte Jeder für seine Seele allein denken, möcht ich mal sehen, ob sie den Priestern noch lange ihren Decem geben thäten, und wenn die nicht ihren Decem kriegten, dann schrien sie Zeter, und wo die Zeter über ein Land schreien, dann kommt die Pestilenz und Interdicte und was nicht Alles.«
    Herr Gottfried nickte zu dem Allen, aber daß es gerade der Hans Jochem war, und wo der es her hatte, das konnte er nicht begreifen.
    »Wißt Ihr, Gestrenger, als der Kapuziner predigen that zu Fasten, da sah's nachher bei uns doch aus, wie ein Haferfeld, wo die
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