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Die Hölle lacht

Titel: Die Hölle lacht
Autoren: David C. Smith & Richard L. Tierney
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Blick der Männer erfreute.
    Und – eine Tatsache, die die Männer nicht weniger freute – eine junge Frau, die mit ihrem barbarischen Akzent jedem Argument auf den Grund ging und keine Geduld für die überflüssigen Feinheiten und Ausschmückungen höflicher Unterhaltung hatte. Eine junge Frau, die voll Verachtung mit gleicher Münze zurückzahlte, was sie von den langweiligen, müden Damen jeglichen Alters aus den vornehmen aquilonischen Familien zu hören bekam.
    Eine lange Tafel war auf dem Mitteldeck aufgestellt, und etwa dreißig Passagiere der Niros saßen bereits beim Frühstück, das von Sklaven serviert wurde. Nach stummer Übereinkunft saßen die Edelleute am oberen Tischende, während die Kaufleute und Bankiers am unteren Platz genommen hatten, mehr oder weniger in der Reihenfolge ihrer gesellschaftlichen Stellung. Sonja fand das insgeheim recht belustigend. Sie hatte noch kein einziges Mal während dieser Reise neben einem Bankier oder Kaufmann oder Barbier gesessen. Einem gewissen Edlen war es immer gelungen, für sie einen Stuhl neben seinem am oberen Ende der Tafel freizuhalten.
    Lord Sir Desmos, der am aquilonischen Gericht hoch angesehene Richter und Rechtsberater, erhob sich, als er Sonja kommen sah. Lächelnd hob er die Hand und deutete auf ihren Stuhl.
    Sonja schritt an den Tisch. Ein paar Matronen warfen ihr einen gehässigen Blick zu und rümpften die Nase, während ihre Gatten sie erfreut beobachteten. Sonja ließ jedoch Sir Desmos warten, denn als sie die Tafel erreichte, blieb sie kurz stehen, um einem einfachen Burschen einen saftigen Witz ins Ohr zu flüstern. Der Mann lachte schallend und klatschte ihr auf den Hintern, während sie vorbeiging. Das war inzwischen zu einer Art Ritual geworden, das sie keinen Tag vergaßen. Sonja kannte den Namen des Mannes nicht, und falls er ihren kannte, wusste sie es zumindest nicht. Ansonsten unterhielten sie sich auf der Fahrt nie miteinander. Tatsächlich sahen sie sich kaum. Sonja hatte erfahren, dass der Mann den größten Teil seiner Zeit beim Steuermann zubrachte und sich selten unter die anderen Passagiere mischte. Entweder zog er die Gesellschaft seinesgleichen vor, oder seine Liebe gehörte der See beziehungsweise dem Shirki. Jedenfalls aber hatte er einmal eine auf Sonja gemünzte Bemerkung gemacht, die sie in gleicher Art zurückgegeben hatte, und damit hatte ihr Morgenritual begonnen.
    Nun nahm Sonja den Stuhl neben Sir Desmos. Ehe er sich selbst wieder setzte, wartete er, bis sie Platz genommen hatte, dann begrüßte er sie mit höfischen Schmeicheleien.
    »Ich wünsche Euch einen wunderschönen Morgen, teure Sonja. Und es ist ein Morgen, fast würdig, sich mit Euch zu messen, denn wahrlich seid Ihr heute so strahlend wie die Sonne auf dem Wasser. Ich darf doch annehmen, dass Ihr gut geschlafen habt? Es gibt zum Frühstück heute Suppe und Fasan. Möchtet Ihr etwas Wein?«
    Solche Schmeicheleien waren unter den Edelleuten üblich, und dass Desmos seine Vorliebe für Sonja so zeigte, wäre in einem vornehmen Herrenhaus oder auf einem Landsitz durchaus alltäglich gewesen, und so wurde es von den anderen auch als nichts, worüber man sich Gedanken machen musste, gewertet. Sonja jedoch verstand es, als das, was es war, denn sie vermochte sehr wohl, die Wahrheit unter dem Schein zu erkennen.
    Mit dieser Begabung, die ihr so manchesmal das Leben gerettet hatte, erachtete sie Desmos’ Aufmerksamkeiten nicht als Schmeicheleien oder Ergebenheit. Sie sah sie statt dessen als die Oberflächlichkeit eines Mannes, der – vom Schicksal mit seinen Pflichten bedacht – weniger aus seinem Leben gemacht hatte, als sein Wunsch gewesen war. Lord Sir Desmos, etwa doppelt so alt wie Sonja, hatte in seiner Jugend in der aquilonischen Leibgarde gedient, soviel hatte er Sonja erzählt. Doch gewisse Gefälligkeiten von bestimmten Freunden hatten ihm, noch ohne innere Reife, das Leben eines Höflings ermöglicht. Zu einer anderen Zeit, an einem anderen Ort hätte Lord Sir Desmond vielleicht ein Mann wie ihr Vater werden können: ein Krieger, ein Bauer, ein Gatte, ein guter Mann, ehrlich zu sich selbst, stark und standhaft, ein sanfter Mann, bis man ihm Unrecht tat. All diese Tugenden spürte Sonja verborgen in Sir Desmos, obgleich sie ihn nicht sonderlich bewunderte. Schon lange hatte sie aufgehört, in einem anderen Mann die Eigenschaften ihres Vaters zu suchen.
    »Der Wilden scheint das Geflügel zu schmecken, so, wie sie es verschlingt«, sagte eine mit
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