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Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Titel: Die Hexengabe: Roman (German Edition)
Autoren: Beatrix Mannel
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brennende Handschuh, die sieben Siegel der Stadt Nürnberg. Der Walfisch auf dem Bild mit dem brennenden Handschuh. Ihr Vater hatte gewusst, wer für den Brand des Handschuhmachers in der Walfischgasse verantwortlich war: die schwarze Katze.
    Sie stürzte sich auf Dobkatz, schlug ihm auf die Brust.
    »Hast du am Ende wirklich meinen Vater auf deinem Gewissen?« Ihre Stimme wurde schwächer, sie war kurz vor dem Ersticken. »Hatte er vielleicht gar keinen Unfall?« Sie räusperte sich, zwang sich zum ruhigeren Atmen. »Ich rate Euch, ehrlich zu antworten«, sagte Rosa. Sie zog den Handschuh von ihrer linken Hand, streckte sie aus und hielt sie Dobkatz, der sich entsetzt abwandte, mitten vors Gesicht.
    Mit ihrer anderen Hand griff sie nach Dobkatz’ Kinn, drehte seinen Kopf zu ihr, zwang ihn, sie anzusehen. Als er versuchte, sich ihr zu entwinden, baute sich Luis drohend hinter ihm auf.
    »Ja, schaut nur her«, sagte Rosa. »Mit diesem meinen Hexenfinger kann ich ganz genau sagen, ob Ihr die Wahrheit sagt oder nicht. Und wenn nicht, dann werde ich Euch eigenhändig töten. Das ist auch etwas, was ich auf der Reise, zu der Ihr mich gezwungen habt, gelernt habe. Also, redet!«
    »Ich, ich …«, stotterte Dobkatz.
    »Weiter!« Rosa hatte ihren Hexenfinger weit abgespreizt, und es war ihr vollkommen gleichgültig, ob irgendwer in Nürnberg ihn sehen würde. Nie mehr würde sie ihn verstecken!
    »Nun, nein, ich habe ihn nicht getötet.«
    »Mein Finger wird kalt. Ihr lügt.«
    Dobkatz schluckte, dann brach es aus ihm heraus: »Dass ein so abscheuliches Wesen wie Ihr es wagt, mich zu berühren, mich der Lüge zu beschuldigen.«
    Rosa bedauerte, dass sie Arevhat den Dolch zurückgegeben hatte. Wie gern hätte sie ihm auf der Stelle die Kehle durchgeschnitten, doch sie hielt an sich, zuerst musste sie die Wahrheit wissen.
    »Dobkatz, wie lange wollt Ihr noch lügen? Oder soll ich Euch zuerst noch einen Finger abschneiden?« In Rosa loderte eine entsetzliche Wut.
    »Nun, Ihr irrt Euch«, stammelte Dobkatz endlich. »Ich habe noch nie einen Menschen getötet, dazu wäre ich gar nicht in der Lage. Als ich hörte, dass Euer Vater nach Erlangen reiten würde, wusste ich, welchen Weg er vom Handschuhmacher zurück nehmen musste. Ich habe mich im Gebüsch versteckt, ihm aufgelauert und sein Pferd erschreckt.«
    »Wie?« Rosas Finger blieb warm.
    »Ich habe mit der Pistole in die Luft geschossen. Es scheute, Euer Vater fiel unglücklich vom Pferd, und das war’s.«
    »Das war’s.« Rosa trat einen Schritt zurück und musterte den Mann, vor dem ihre Mutter gezittert und vor dem sie selbst so viel Respekt gehabt hatte. Vor dem Mann, der den Tod ihres Vaters verschuldet hatte.
    »Warum habt Ihr das getan? Und lügt mich nicht an!«
    »Schon als damals die Apotheke ›Zur goldenen Kanne‹ gebrannt hat, hat er mir eine Spielkarte geschickt und mir geschrieben, dass er mich im Auge behalten würde. Ein unglücklicher Zufall, dass er genau an dem Tag in Erlangen war, als ich das Feuer bei den Verdiers gelegt habe. Dann hat er mir wieder Bilder geschickt und verlangt, dass ich mich stellen soll. Aber das konnte ich nicht, ich bin der Oberste Losunger, Nürnberg braucht mich!«
    Luis schnaubte verächtlich. »Eure Zeit ist um!«
    Rosa hatte Luis’ Gegenwart fast vollkommen vergessen, so sehr hatte sie sich auf Dobkatz konzentriert. Ihr Finger hatte während Dobkatz’ Rede überhaupt nicht reagiert, er sagte also endlich die Wahrheit. Aber sie war noch nicht fertig mit ihm. Sie atmete tief ein und holte zu ihrem letzten Schlag aus.
    »Ein unglücklicher Zufall, wie? Nein, Ihr habt ihn gehasst, Ihr habt nur einen Grund gesucht, um ihm das anzutun. Dabei war das völlig unnötig.« Tränen rannen über Rosas Gesicht, weil sie wusste, dass sie das Geheimnis ihrer Mutter preisgeben musste, um Dobkatz ein für alle Mal Einhalt zu gebieten.
    »Ihr habt mit Eurem Hass immer die Falschen gestraft«, stieß sie heraus. »Es war nicht der Zapf, der meine Mutter vor der Hochzeit geschwängert hat, o nein. Das war ein anderer Ehrenmann. Ihr hättet schon Euren eigenen Vater töten müssen, denn er war es, der meine Mutter geschändet hat, und ich …«, Rosa spie es ihm ins Gesicht, »… ich, die mit dem Hexenfinger, bin also deine Schwester!«
    Dobkatz schnappte nach Luft, sah von Rosa zu Luis, wurde bleich und rannte aus dem Rathaus, als wären die Furien hinter ihm her.

57. Kapitel
     
    N achdem Dobkatz davongerannt war, standen sich Rosa und
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