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Die Guerilla-Bewerbung

Die Guerilla-Bewerbung

Titel: Die Guerilla-Bewerbung
Autoren: Svenja Hofert
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ist, das einem jemand anbieten muss. Sie beginnen zu fordern. Auch wenn Sie nicht zur Generation Y gehören, können Sie sich davon etwas abgucken.
    Auf dem Guerilla-Stellenmarkt nehmen Sie eine Produzentenhaltung ein. Sie bieten sich und Ihre Arbeitskraft an – der Arbeitgeber kauft sie oder nicht. Auf dem Guerilla-Arbeitsmarkt sind nur Personen unterwegs, die auf Augenhöhe ihre Arbeitskraft anbieten.
Die Wahrheit über Bewerberauswahl
    Für eine Produktmanager-Stelle bei der Traditionsmarke Teekanne sollen fast 1   000 Bewerbungen eingegangen sein. Trotz demografischen Wandels (dazu gleich mehr) und obwohl das Unternehmen nicht zu den ganz großen zählt. Beim angesehenen Goethe-Institut sollen sich auf eine Stellenanzeige 4   500 Menschen beworben haben. Angesprochen waren Geisteswissenschaftler mit interkulturellen Erfahrungen in Osteuropa.
    Wie viele Personalverantwortliche mit der Auswahl dieser Bewerbungen betraut waren, ist nicht bekannt. Aber ich vermute: einer. In manchen Unternehmen übernehmen Kurzzeitpraktikanten die Bewerberauswahl, in anderen überlastete Mitarbeiter.
    Schauen Sie sich folgende Szene an, die mir eine meiner Kundinnen so schilderte:
    Bewerberin: »Ich habe mich vor drei Wochen beworben und noch nichts gehört. Haben Sie meine Bewerbung erhalten?«
    Personalreferentin (entnervt): »Wir haben dreihundert Bewerbungen bekommen. Sie glauben doch nicht im Ernst, dass ich mir jede einzelne anschaue.«
    Bewerberin: »Bisher habe ich das zumindest gehofft.«
    Der Zufall bestimmt deshalb häufig die Personalauswahl – oder nennen wir es: das Glück.
Auswirkungen des demografischen Wandels
    Die Zahl der Menschen, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, in Bürokratendeutsch: Das Erwerbspersonenpotenzial wird sich laut einer Prognose des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) bis 2025 vor allem aufgrund der demografischen Entwicklung allein in Westdeutschland um circa 1,5 Millionen verringern. Die Zahl der Erwerbstätigen wird gleichzeitig nur noch leicht ansteigen. Bei dieser Prognose ist bereits eine Nettozuwanderung von 100   000 Menschen pro Jahr berücksichtigt, eine Zahl, die weit über der derzeitigen Entwicklung liegt. Ebenso eingerechnet sind die Rente mit 67 und eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen. Schon seit einigen Jahren beobachtet das IAB einen Rückgang der Zahl der Bewerbungen je offener Stelle, vor allem aufgrund der demografischen Entwicklung. Waren es 2005 noch durchschnittlich 29 Bewerbungen auf eine angebotene Stelle, so bemühten sich 2009 nur noch 20 Bewerber darum. Auch die Anzahl der geeigneten Bewerber sank von sieben auf fünf.
    Vom demografischen Wandel ist überall die Rede. Doch die Verteilung von Jobs auf dem Arbeitsmarkt ist ungleich. Altenpfleger brauchen keine ungewöhnlichen Strategien, weil es für sie an jeder Ecke Jobs gibt. Ganz anders sieht es aus, wenn Sie Generalist sindoder ein spezielles Profil haben, besondere Kenntnisse oder quereinsteigen möchten. Das Etikett Fachkraft allein reicht nicht:
Die richtige Fachkraft muss es sein.
Mit den gerade passenden Kenntnissen.
In der richtigen Region.
Im richtigen Alter.
Mit der richtigen Einstellung (z. B. Bereitschaft zur Zeitarbeit).
Mit den richtigen Gehaltsvorstellungen.
    Selbst Führungskräfte auf unterer und mittlerer Ebene haben es viel, viel schwerer auf dem normalen Markt der ausgeschriebenen Stellen einen Job zu finden.
    Sie sehen? »Richtig« ist kaum jemand, auch wenn jeder von Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, sich zu den Fachkräften zählen dürfte.
    Oder anders ausgedrückt: 99 Prozent aller Arbeitgeber gehören nicht zu den vom Arbeitgeber gesuchten Fachkräften, weil sie nicht ganz richtig, also passend sind.
    Ich berate Kunden, die mehr als ein Jahr auf Jobsuche waren. Und zwar auch, weil sie nicht das erstbeste Angebot annehmen wollten. Ist das nicht legitim? Ich finde, ja. Wir arbeiten eben nicht mehr nur, um Geld zu verdienen, und die Zeit der Sklavenarbeit sollte in unserer Gesellschaft ebenfalls endgültig vorbei sein.
    Hier tut sich ein Interessenkonflikt auf: Der Bewerber will eine gute Stelle, die seinen Wünschen und Interessen entspricht. Der Arbeitgeber will den besten Bewerber für den Job am besten für wenig Geld.
Wer ist der Beste?
    Wer über »Absagen« oder »Einladen« entscheidet, tut dies manchmal nach Bauchgefühl, bisweilen unter Zeitdruck und oft nach rein formalen Kriterien. Aus Angst vor teuren Fehlentscheidungen wird hochgerüstet, was
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