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Die Glasblaeserin von Murano

Die Glasblaeserin von Murano

Titel: Die Glasblaeserin von Murano
Autoren: Marina Fiorato
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Gewerbe dazu. Corradino, mein Sohn, wie konntest du nur? Du hast unser Geheimnis verraten. Non omnis moriar.
    Wie ein Echo seiner Gedanken ertönte die abscheuliche Stimme: «Non omnis moriar.»
    Giacomo gefror das Blut in den Adern. Sie waren in seinem Haus gewesen. Natürlich. Sie hatten den Zettel gefunden.
    «Wie ich sehe, sind diese Worte für dich von Bedeutung. Wir haben seine Nachricht an dich entdeckt.»
    Giacomo verfluchte sich selbst. Aus lauter Gefühlsduselei hatte er den Zettel behalten - Giacomos letzte Zeilen, so hatte er zumindest geglaubt. Diese Nachricht, die seinen eigenen Tod besiegelte, war das Andenken an einen Mann, der ihn verraten hatte. Wenn Giacomo von Corradinos Plänen gewusst hätte, hätte er ihn eigenhändig umgebracht. Was für eine Ironie!
    «Du hast ihm geholfen.» Auch das war eine Feststellung.
    «Nein!»
    «Du wusstest, was er vorhatte. Er hat dir die Nachricht zukommen lassen.»
    «Nein, ich schwöre es!» Giacomos Worte waren wie ein Schrei.
    «Du wirst hier sterben.»
    Dann waren sie fort. Das Licht, das Phantom, die Wache vor der Tür. Während die Schritte verklangen, begann Giacomo zu schreien. Das Brennen in Brust und Kehle war nichts gegen den Schmerz, verraten worden zu sein.
    Zahllose, lautlose Stunden später. Tag für Tag kreisten Giacomos Gedanken um Corradino. Corradino, für den er jahrelang gesorgt, den er unterrichtet und den er geliebt hatte. Der jetzt sein schönes Glas für die Franzosen herstellte. Vor Giacomos innerem Auge erschien ein Schloss ganz aus Kristall. Stühle, Tische, Speisen ... alles aus Glas. Corradino saß an einem Tisch, der sich unter den gläsernen Speisen bog, und aß davon, bis ihm das Blut aus dem Munde rann. Und die ganze Zeit machte er mit einem König aus Glas Scherze und lachte und lachte ... - Man musste ihn daran hindern!
    Giacomo spürte seinen Tod nahen. Und dann war er da, begleitet von einer Wache mit einer Kerze.
    Die Tür ging auf, und das Phantom trat ein. «Wie ist es? Bist du bereit?»
    Giacomos Stimme war schwach, ein bloßes Flüstern.
    «Wenn ich Euch etwas verrate, lasst Ihr mich dann noch einen Brief an meinen Sohn Roberto schreiben?»
    Die schwarze Kapuze neigte sich. «Wenn du mir sagst, was ich wissen will, schicke ich dir einen Schreiber. Und ich werde dafür sorgen, dass du es in deinen letzten Stunden so angenehm wie möglich hast. Doch jetzt mach schnell. Dein Leben verrinnt.»
    «Mein Sohn ... er ist in Vicenza. Er trägt den Namen del Piero. Ich will... dass er und alle seine Nachkommen wissen, dass Corradino mich umgebracht hat. Und dass Corradino der Verräter war, nicht ich.»
    «Es soll geschehen. Und was hast du mir nun mitzuteilen?»
    «Corradino ... er hat eine Tochter.»
     

Kapitel 34
    Die Maske fällt
    Der Salon de The im Petit Trianon erinnerte Corradino stark an die Cantina «Do Mori», und so traf ihn das Heimweh wie ein unverhoffter Schlag in die Magengrube, als er ihn betrat. Den Anweisungen in Duparcmieurs Nachricht folgend, ging er durch das Lokal zum Hinterzimmer. Die Stammgäste an den Tischen waren nach byzantinischer Mode gekleidet, der letzte Schrei in Paris. Der hintere Bereich des Salons, der besonderen Gästen vorbehalten blieb, war mit Fresken und Spiegeln üppig dekoriert.
    Die Franzosen stehlen anscheinend alle ihre Ideen aus Venedig. Mich haben sie ja auch gestohlen.
    Während er Platz nahm, fragte er sich zum wiederholten Mal, warum sich Duparcmieur ausgerechnet hier mit ihm treffen wollte. Es war fast wie bei ihrer ersten Zusammenkunft. Normalerweise suchte Duparcmieur Corradino zu Hause auf oder sprach mit ihm bei der Arbeit im Schloss. Hier in Paris war es kein Geheimnis, dass Duparcmieur sein Förderer war, hinter dem ein noch erhabenerer Gönner stand - der König selbst.
    Vielleicht wollte er etwas mit ihm besprechen, das in diese heitere Umgebung passte. Es war jetzt beinahe ein Jahr vergangen, seit Corradino französischen Boden betreten hatte, damit rückte der Zeitpunkt von Leonoras Ankunft näher. Corradino biss entschlossen die Zähne zusammen. Falls dieses Gespräch dazu dienen sollte, ihn zu vertrösten, würde er keinen Schritt nachgeben. Jeden Tag träumte er davon, wie es wäre,    sie wiederzusehen, ihr süßes Gesichtchen zu umfassen, ihr zuzusehen, wie sie in den Schlossgärten spielte, oder seine Fingerspitzen mit den ihren zu ihrem Geheimzeichen zusammenzuführen. Nur würde diesmal kein Gitter zwischen ihnen stehen wie in der Pietä. Bei dem Gedanken
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