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Die Geliebte des Malers

Die Geliebte des Malers

Titel: Die Geliebte des Malers
Autoren: Nora Roberts
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gehen, auf dem sie gekommen war. Colin erwischte ihre Hand und wirbelte sie herum, sodass sie hart an seiner Brust landete. Er grinste und küsste sie auf die Nasenspitze.
    »Warum denn so eilig?«
    »Es gibt ein altes irisches Sprichwort«, knurrte sie, als sie ihn erneut wegstieß. »Drei sind einer zu viel.«
    Schmunzelnd tätschelte er ihre Wange. »Cass, sei nicht albern.«
    Sie schlug die Augen zum Himmel auf und flehte um Willensstärke. Wenn sie jetzt laut losschrie, so würde ihr das nichts einbringen. Also atmete sie lieber ein paar Mal tief durch. »Ooh, geh doch … geh deine Segelboote weitermalen!«, stieß sie hervor und stapfte entschlossen die Stufen zum unteren Deck hinunter.
    »Fein, und du bist ein hübsch anzusehendes junges Ding, Cassidy St. John«, rief er ihr mit übertriebenem irischem Akzent hinterher. Über die Schulter zurück warf sie ihm stumm einen vernichtenden Blick zu. Er lehnte sich lässig über das Geländer. »Und lass dir auch von mir gesagt sein, es ist ein ebensolcher Spaß, deinen Ärger verrauchen zu sehen, wie es ein Erlebnis ist, wenn er mit Wucht heranrollt. Aber beim nächsten Mal möchte ich dich in einer Pose malen, die eher deine charmante Seite herausstellt.«
    »Sicher, sobald Schweine fliegen gelernt haben«, rief sie zurück und beschleunigte ihre Schritte.
    Dennoch holte sein Lachen sie ein und hallte noch lange in ihren Ohren nach.

9. K APITEL
    Cassidy wusste, dass das Gemälde fast vollendet war. In ihr breitete sich die panische Hektik eines Menschen aus, der von geborgter Zeit lebte. Dabei würde das Ende wie eine Erleichterung kommen, die Anspannung und das Warten wären dann endlich vorbei. Und trotzdem würde sie es gern noch hinauszögern. Während sie regungslos in Pose stand, spürte sie, dass Colin jetzt nur noch feilte und perfektionierte, nicht mehr mit Schwung neu erschuf. Sein aufbrausendes Temperament und seine Ungeduld hatten sich gelegt.
    Ihren Besuch am Sonntag auf dem Hausboot erwähnte er mit keinem Wort. Cassidy war froh darum. Rückblickend musste sie sich eingestehen, dass sie überreagiert hatte. Sie hatte sich zum Narren gemacht. Zu einem kompletten!
    Nun, es war schließlich nicht das erste Mal, sie würde es überleben. Außerdem, so überlegte sie, war es auch irgendwie verständlich und zu entschuldigen. Ich habe nur das Foto gesehen und das Bild, das es der Öffentlichkeit zeigte, dachte sie. Sie hatte das Gefühl gehabt, als würden ihre geheimsten Gefühle bloßgestellt. Noch dazu der lächerliche kleine Artikel mit seinen Spekulationen … Natürlich war ihr da wieder Gails kalkulierende Bemerkung über die neugierige Presse und Colins Image eingefallen.
    Cassidy fing sich gerade noch rechtzeitig, bevor sie die Stirn runzelte. Nun, lange musste sie sich die anzüglichen Kommentare von Gail ja nicht mehr anhören. Sie sollte besser langsam damit anfangen, die Scherben aufzusammeln. Es wurde Zeit, an morgen zu denken. An einen neuen Job, schloss sie widerwillig an. Nein, an einen neuen Anfang, korrigierte sie entschlossen. Sie würde neue Erfahrungen machen, neue Leute kennenlernen.
    Und einsame Nächte durchleben.
    »Nur gut, dass ich das Gesicht schon gestern fertig gemacht habe«, kam es von Colin. »Der Ausdruck auf deiner Miene hat sich während der letzten zehn Minuten mindestens ein Dutzend Mal geändert. Erstaunlich, welche Spannbreite dir zur Verfügung steht.«
    »Tut mir leid. Ich habe nur …« Sie suchte nach dem passenden Wort und entschied sich schließlich, sich besser nicht festzulegen. »… nachgedacht.«
    »Ja, das konnte ich sehen.« Sein Blick ruhte auf ihr. »Das müssen unschöne Gedanken gewesen sein.«
    »Nein, ich habe nur eine Szene für mein Buch ausgearbeitet.«
    »Mmh«, meinte Colin ebenso vage und trat von der Staffelei zurück. »Kann keine sehr fröhliche gewesen sein.«
    »Nein. Nicht alle Szenen in einem Roman sind unbeschwert.« Sie schluckte. »Das Bild ist fertig, nicht wahr?«
    »Ja. So ziemlich.« Er musterte sie kritisch, und Cassidy ließ einen unhörbaren Seufzer entweichen. »Komm her, sieh es dir an«, forderte er sie auf. Er hielt ihr die ausgestreckte Hand hin, doch sein Blick blieb auf der Leinwand liegen.
    Es erstaunte Cassidy selbst, dass sie Angst hatte. Colin hob den Kopf und sah mit einer hochgezogenen Augenbraue zu ihr hin. »Nun komm schon her.«
    Ihre Finger umklammerten den Veilchenstrauß fester, aber sie gehorchte und ging auf ihn zu. Folgsam ließ sie ihre Hand in seine
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