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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Ricarda Jordan
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Begleiter vorgesehen hatten …
    »Sie … sie wollen uns opfern? Uns, Herrn Gisbert und … und mich?« Fassungslos wandte er sich an Amra.
    Das Mädchen nickte und schlug die Augen nieder. Vielleicht hätte es die Priester zuvor noch verteidigt, es hatte zeitlebens daran geglaubt, dass Götter manchmal Opfer forderten. Aber das Pferdeorakel hatte seinen Glauben daran erschüttert, dass die Priester den Willen Svantevits kannten.
    »Ich … ich fürchte …«, sagte Amra zögernd.
    Gisbert hatte den Wortwechsel der jungen Leute am Rande mitgehört.
    »Wie werden sie es machen?«, fragte er Baruch gefasst. »Diese Opferung … Wie werden wir sterben?«
    Baruch rieb sich die Schläfe. »Es geht schnell«, sagte er leise. »Sie töten mit einem Schwertstreich, der Gott will nur den Kopf des Opfers …«
    »Sie … köpfen uns?« Magnus’ Stimme klang aufgeregt und deutlich höher als vorher noch.
    Amra, die wieder aufsah, erkannte Furcht in seinen Augen. Und sie spürte Zorn und Auflehnung in sich aufflackern. Er sollte nicht so verängstigt gucken. Er sollte sie lieber so ansehen wie eben. So … so verzaubert, so … anbetend …
    Plötzlich wusste sie, dass sie es nicht zulassen würde! Sie würde den Priestern nicht erlauben, diesem wunderschönen jungen Ritter oder Knappen oder was er war, den Kopf abzuschlagen! Sofern er nicht …
    »Du bist aber kein Mönch?«, vergewisserte sich Amra.
    Magnus blickte verwirrt. »Nein, ich … nein, ich bin Magnus von Lund … Lund ist … ein Ort in Dänemark. Wir haben da einen Hof, wir haben Pferde gezüchtet, ich … ich werde ein Ritter. Sollte ein Ritter werden …« Seine Stimme erstarb.
    Amra sah ihm fest in die Augen. »Du wirst ein Ritter, Magnus!«, versprach sie ihm. »Gewiss.«
    »Na, dann werde ich mal sehen, was ich tun kann«, meinte Baruch, als sie wieder ans Tageslicht kamen. »Aber vielen Dank für dein Vertrauen …«
    Amra errötete. Herr Baruch hatte also gehört, was sie Magnus versprochen hatte, und bezog es auf sein Verhandlungsgeschick. Dabei hatte sie eigentlich an etwas ganz anderes gedacht – ohne bisher einen konkreten Plan zu haben.
    »Ich fürchte allerdings, der König wird nicht von seinem Vorhaben abgehen. Die Priester könnte ich vielleicht überzeugen. Aber Tetzlav … der Mann ist kein Dummkopf. Wenn er den Jungen gehen lässt, und der erzählt seinem königlichen Oheim Waldemar, hier würden Tempelritter geköpft … Die Priester mögen den Christen gegenüber auftrumpfen wollen, aber der König weiß genau, was er damit riskiert.«
    Amra nickte, obwohl sie nicht genau verstand, worauf der Kaufmann anspielte. Die Dänen bedrohten Rujana, das wusste man auch in Vitt. Sie hatten Arkona dreißig Jahre zuvor schon einmal erobert, waren damals aber wieder abgezogen, nachdem Tetzlavs Vorgänger geschworen hatte, die Ranen würden das Christentum annehmen und das Orakel schließen. Das war jedoch nicht erfolgt, die Priester Svantevits machten weiter wie bisher. Wenn sie König Waldemar jetzt erzürnten …
    »Magnus würde bestimmt versprechen, nichts zu sagen«, meinte Amra.
    Baruch lachte. »Du nennst den kleinen Dänen schon beim Vornamen?«, neckte er sie. »Nicht, dass du noch dein Herz an ihn verlierst … seins wird nämlich nicht mehr lange schlagen. Aber im Ernst, ich habe dir mit halbem Ohr zugehört. Dein Französisch war sehr gut, nur die Anrede war falsch gewählt. ›Magnus‹ ist für dich ›Seigneur‹, und ein Mädchen aus dem Volk redet einen Adligen ehrerbietig mit ›Ihr‹ und ›Euch‹ an.«
    Amra nickte und hoffte, dass Herr Baruch ihr Erröten auf diesen Fauxpas zurückführte, der ihr gar nicht wie ein solcher erschien. Wie anders sollte sie diesen Jungen nennen als ›Magnus‹? Und die Anrede …
    Sie hatte das Gefühl, vertrauter mit ihm zu sein, als sie je mit einem anderen gewesen war.

Kapitel 3

    A mra dachte fieberhaft über einen Fluchtplan für Magnus nach, während Baruch sein Glück ein zweites Mal im Palas des Königs versuchte. Zuerst überlegte sie, den Jungen aus dem Kerker zu befreien, aber das erschien ihr dann doch als aussichtslos. Vielleicht hätte sie die Wächter ablenken können, aber um die Männer von den Ketten zu erlösen, brauchte man einen Schmied und schweres Werkzeug. Amra hatte da keine Chance. Also würde nur eine Flucht möglich sein, nachdem man ihn aus dem Verlies geholt hatte. Dann lag er auch nicht mehr in Ketten. Es war des Gottes nicht würdig, die Opfer gefesselt zum Richtplatz
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