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Die Gebrüder Kip

Die Gebrüder Kip

Titel: Die Gebrüder Kip
Autoren: Jules Verne
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hatte.
    »Heda… guter Freund… ein Gläschen gefällig? rief Vin Mod, um den eben Eingetretenen an seinen Tisch zu locken.
    – Lieber zwei… wenn’s euch recht ist, antwortete der Matrose mit der Zunge schnalzend.
    – Drei… auch vier oder ein halbes Dutzend, wenn du eine trockene Kehle hast!«
    Len Cannon – so hieß der Mann oder so nannte er sich wenigstens – nahm ohne Umstände an dem Tische Platz und verriet die beste Lust, es auch mit einem Dutzend Glas aufzunehmen, er sah aber recht gut ein, daß man – wenn es geschah – ihn nicht um seiner schönen Augen und seines hübschen Äußeren willen so reichlich bewirten werde.
    »Na… um was handelt es sich denn?« platzte er sofort mit der heiseren Stimme des Schnapstrinkers heraus.
    Vin Mod klärte ihn über die Sachlage auf: Die Brigg »James-Cook« sei zum Auslaufen fertig… eine anständige Löhnung… eine Fahrt von wenigen Monaten… mehr eine Spaziertour von Insel zu Insel… gutes Essen.. reichliches und vorzügliches Getränk… ein Kapitän, der sich auf seinen Bootsmann verließ, auf den hier sitzenden Flig Balt, dem die Sorge für das Wohlergehen der Mannschaft zufiele… Heimathafen Hobart-Town, dazu alles, was einen Matrosen verlocken konnte, der sich während des Aufenthaltes am Lande zu zerstreuen liebte… und vor allem: dem Hafenkapitän keine Papiere vorzulegen… Morgen mit Tagesanbruch gedächte man, wenn die Besatzung vollständig wäre, in See zu gehen… und für den Fall, daß der Mann ein paar Bekannte hätte, die gerade brach lägen und sich einzuschiffen bereit wären, so sollte er sie nur bezeichnen, wenn sich jene jetzt vielleicht hier in den
»Three-Magpies«
aufhielten…
    Len Cannon betrachtete den Bootsmann Flig Balt nebst dessen Genossen und zog bedenklich die Stirn in Falten. Was bedeutete denn dieser Vorschlag?… Was mochte wohl dahinter stecken?… So vorteilhaft das Angebot auch zu sein schien, beantwortete er es doch nur mit einem einzigen Worte.
    »Nein! sagte er bestimmt.
    – Du tust damit unrecht! erwiderte Vin Mod.
    – Mag sein… kann mich aber nicht anmustern…
    – Warum denn?
    – Will eben heiraten!..
    – Ach… Possen!
    – Nein, Ernst… Kate Verdax… eine Witwe…
    – Oho… Freundchen, entgegnete Vin Mod, ihn auf die Schulter klopfend, wenn du dich jemals verheiratest, wirst du nicht mit Kate Verdax, sondern mit Kate Gibbet… der Witwe Galgen getraut werden!«
    Len Cannon lachte hell auf und leerte sein Glas mit einem Zuge. Trotz des Zuredens des Bootsmannes Balt beharrte er aber bei seiner Weigerung; dann stand er auf und mischte sich unter eine lärmende Gruppe, in der stark beleidigende Sticheleien gewechselt wurden.
    »Nun, dann wird’s mit einem anderen versucht!« sagte Vin Mod, der sich durch den ersten Fehlschlag nicht entmutigen ließ.
    Er verließ jetzt den Bootsmann Balt und setzte sich neben einen Matrosen in einer andern Ecke des Gastzimmers. Dieser sah auch nicht gerade besser aus als Cannon, schien auch wenig mitteilsam zu sein und unterhielt sich offenbar am liebsten nur mit seiner Flasche… eine endlose Unterhaltung, die dem Manne jedenfalls genügte. Vin Mod ging ohne Umschweife auf seine Angelegenheit ein.
    »Kann man wohl deinen Namen erfahren?
    – Meinen Namen? antwortete der Matrose mit einigem Zögern.
    – Ja…
    – Und wie ist denn der deinige?
    – Vin Mod.
    – Und das ist einer…
    – Eines Seemannes von der Brigg »James-Cook«, die jetzt vor Dunedin liegt.
    – Warum willst du denn meinen Namen wissen?…
    – Nur um ihn vielleicht in unsere Mannschaftsrolle einzutragen.
    – Mein Name ist Kyle… sagte jetzt der Matrose, ich möchte aber doch auf eine bessere Gelegenheit warten.
    – Wenn sich eine solche findet, Freundchen…
    – O, die findet sich allemal!«
    Damit wendete Kyle Vin Mod den Rücken zu, dem diese zweite abschlägige Antwort doch etwas von seiner Zuversicht raubte. In der Schenke Adam Frys ging’s wie an der Börse: die Nachfrage übertraf das Angebot, es eröffnete sich also nur eine geringe Aussicht zum Abschluß eines Geschäftes.
    Auch mit den beiden andern Kunden, die schon lange hin und her stritten, wer mit dem letzten Schilling die letzte Pinte bezahlen sollte, kam es nur zu demselben Ergebnisse.
    Sexton, ein Irländer, und Bryce, ein Amerikaner, wollten lieber zu Fuße nach Amerika und nach Irland gehen, als sich – sei es auf der Yacht Ihrer graziösen Majestät oder auf dem besten Kreuzer der Vereinigten Staaten – anwerben
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