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Die Gabe des Commissario Ricciardi

Die Gabe des Commissario Ricciardi

Titel: Die Gabe des Commissario Ricciardi
Autoren: Maurizio de Giovanni
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getan hatten.
    Bitte sagen Sie, dass Sie mir glauben.
    Sie glauben mir doch, oder? Sie glauben mir?

LVI
    Endlich ist Heiligabend und trotz des langen Wartens erwischt er alle ein bisschen unvorbereitet.
    Die Esstische erscheinen den Hausherrinnen unzulänglich und stets ein wenig leerer, als sie es sich bei den Vorbereitungen gedacht hatten. Die Geschenke reichen nicht aus: Ein Onkel wurde vergessen, die Frau eines Freundes, eines der Enkelchen. Man befürchtet, dass Gebäck und Süßes nicht ausreichen könnten, aber bei den Preisen konnte man wirklich nicht mehr kaufen.
    Schon am Morgen hört man die ersten Feuerwerkskörper, die über den ganzen Tag hinweg die Wartezeit bis Mitternacht skandieren, wenn die Stadt wie ein glückliches Pulverfass explodieren und von Rauch und Licht erfüllt sein wird. Die Kran
kenhäuser werden dann von den Verletzten dieses Freudenkriegs überschwemmt werden; Leute haben zwei Finger, ein Auge weniger, aus purem Leichtsinn, sozusagen als Erinnerung an das Fest.
    Endlich ist Heiligabend.

    Der stellvertretende Polizeipräsident Angelo Garzo sah sich halbwegs zufrieden um.
    Er hatte sich dieses Weihnachtsessen an Heiligabend bei sich zu Hause unbedingt gewünscht und viele wichtige Persönlichkeiten dazu eingeladen, doch fast niemand hatte angenommen, da alle lieber bei ihren Familien bleiben wollten. Aber das war nicht wichtig, denn zumindest einige waren gekommen und er empfand Genugtuung.
    Seine Frau hatte mit Unterstützung des Dienstmädchens eine wunderschöne Festtafel vorbereitet, mit Blumen, Kerzen, Silber und Kristall. Die kleine, aber antike Krippe war auf den Ehrenplatz gestellt worden, unter eine Glasglocke.
    Unter den Gästen befand sich sogar Herzog Freda di Scanziano, der Oberbefehlshaber der zweiten Legion der Hafenmiliz. Die Einladung hatte er natürlich nicht ausschlagen können nach der brillanten Aufklärung des Mordes an dem Zenturio, an dessen Namen sich Garzo nicht erinnerte. Seine Leute hatten schließlich herausgefunden, dass kein weiteres Milizmitglied in den Fall verwickelt war, wie man in Rom befürchtet hatte.
    Der Vizepräsident hatte den Dankesanruf geschickt dazu genutzt, um den Konsul und seine Gattin für den Abend einzuladen: ein wahres Glück.
    Natürlich rechnete Garzo damit, sofort nach dem Dreikönigstag einen Anruf des Bischofs zu erhalten, der sich über
die Festnahme im Kloster beschweren würde, auch wenn die Nonne dann gestanden hatte. Was konnte er daran ändern?
    Gewiss, eine Nonne! Konnte dieser verflixte Ricciardi nicht einmal einen Verbrecher schnappen, der auch danach aussah? Aber darum würde er sich nach den Feiertagen kümmern, nun musste er seinen wichtigen Gast umsorgen. Früher oder später könnte er seiner Karriere dienlich sein.
    Er neigte sich zu ihm und sagte mit seinem strahlendsten Lächeln, das er etliche Male unter seinem neuen Schnurrbart geübt hatte:
    – Noch ein Plätzchen, Herr Konsul?

    Endlich ist Heiligabend und inmitten all der Unordnung können doch einige Dinge in Ordnung gebracht werden.

    Lomunno blickte sich um. Zum ersten Mal erschien ihm die Atmosphäre in dieser Bruchbude weniger trostlos.
    Es war ihm gelungen, ein paar Kerzen und ein Tischtuch aufzutreiben, und das Geld, das er auf dem Markt verdient hatte, reichte für so etwas wie ein Weihnachtsessen. Als Dank für die von ihm geleistete harte Arbeit hatte sein Chef ihm frischen Fisch geschenkt.
    Die Kinder aßen mit Appetit; aus einem nur ihnen bekannten Grund kicherten sie hin und wieder. Das hatten sie auch in ihrem ersten Leben, vor sehr langer Zeit, getan, als Weihnachten noch das Fest einer anderen Familie war, die es nun nicht mehr gab.
    Lomunno überlegte, dass der Verstand eine merkwürdige Sache war. Er hätte nie die Kraft gehabt, sich an Garofalo zu rächen: Die Angst davor, was aus den Kindern geworden wäre,
die dann allein geblieben wären, verbat es ihm. Aber zu wissen, dass der andere lebte, den Wohlstand genoss, den er ihm geraubt hatte, dass er lachte und dick wurde, ohne dass sein Gewissen ihn zermalmte, machte ihn fertig.
    Nun, da derjenige, der seinen Ruin verschuldet hatte, tot war, war es vielleicht an der Zeit, an etwas anderes zu denken: Daran zum Beispiel, wie er mit dem Leben weitermachen und den Kindern ein anständiges Dasein sichern konnte.
    Lomunno streckte die Hand aus und streichelte seine Tochter. Sie erhob sich mit ernstem Gesicht und küsste ihn auf die Wange.
    Hin und wieder, dachte Lomunno, konnte aus dem
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