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Die Gabe der Patricia Vanhelsing - 5 Patricia Vanhelsing-Romane (Sonderband) (German Edition)

Die Gabe der Patricia Vanhelsing - 5 Patricia Vanhelsing-Romane (Sonderband) (German Edition)

Titel: Die Gabe der Patricia Vanhelsing - 5 Patricia Vanhelsing-Romane (Sonderband) (German Edition)
Autoren: Alfred Bekker
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faßte ich mir an den Hals, so als ob ich die Kabelschlinge dort bereits spüren konnte. Ich schluckte. Dann gingen wir weiter und hielten dabei auf das Riesenrad zu. Dort wollten wir uns mit Linda Poldini treffen. Allerdings waren wir noch etwas zu früh. Daher verweilten wir noch ein wenig und schlenderten dann die Gasse entlang. Linda mußte einen Grund dafür haben, uns erst zu so später Stunde an diesem Ort treffen zu wollen. Vielleicht wollte sie allein mit uns sein.
    Stille breitete sich indessen auf dem Jahrmarkt aus. Stille und Dunkelheit.
    Binnen weniger Minuten wurde dieser Ort, an dem sich tagsüber die Menschen nur so drängelten, zu einem verwunschenen Platz.
    *
    Linda fuhr herum, als die schattenhafte Gestalt aus der Finsternis hervortrat.
    Im Hintergrund hob sich das Riesenrad wie ein riesenhaftes, spinnenartiges Monstrum gegen den Nachthimmel ab. Linda wich unwillkürlich zurück.
    Hände faßten nach ihren Unterarmen.
    "Ich bin es", sagte eine Männerstimme.
    "Eric!"
    Sein Gesicht wurde jetzt im Mondlicht sichtbar. Er lächelte matt, und Linda schmiegte sich an seine Schulter. Sie umarmten sich mit einer Innigkeit, die etwas Verzweifeltes an sich hatte. Er hielt sie fest in den Armen und strich ihr dann zärtlich über das Haar, während sie ihre Arme um ihn schlang.
    "Dein Vater...", murmelte er, aber sie unterbrach ihn.
    "Er ist nicht mehr hier."
    "Was hat er eigentlich gegen mich?"
    Linda zuckte die Schultern. Sie hielten sich jetzt bei den Händen und ihrer beider Blick verschmolzen miteinander. Linda sah, wie sich das Mondlicht in seinen Augen spiegelte.
    "Wahrscheinlich denkt er sich, daß ein zukünftiger Cambridge-Absolvent sich kaum dazu überreden lassen wird, als Betreiber eines Riesenrades durch das Land zu ziehen..."
    "Nun..."
    "Du mußt das verstehen, Eric. Sein größter Wunsch ist es, daß die Firma in den Händen der Familie bleibt..." Eric sah sie an, berührte mit der Hand leicht ihr Kinn und strich ihr dann eine vorwitzige Strähne aus dem Gesicht.
    "Und was denkst du darüber, Linda?"
    "Ich weiß es nicht..." Linda seufzte. "Im Moment ist es ganz in Ordnung, was ich tue. Aber ob ich ein Leben lang auf Jahrmärkten verbringen will... Ich glaube eigentlich nicht."
    "Hast du das deinem Dad mal gesagt?" Sie schüttelte den Kopf.
    "Ich habe es versucht, aber... Na, du kannst dir ja vorstellen, wie das ist."
    Ein knarrendes Geräusch, daß sich mit einem durchdringenden Quietschen mischte, ließ die beiden jungen Leute in dieser Sekunde zusammenzucken und hinauf zu den Gondeln des Riesenrades blicken.
    "Was war das?" fragte Eric.
    Linda schluckte.
    "Ich weiß es nicht..."
    Eine der Gondeln war in Bewegung geraten. Sie pendelte hin und her, wie von geisterhafter Hand bewegt. Der Wind konnte das nicht verursacht haben, denn er blies nicht. Und außerdem bewegte sich nur eine einzige Gondel.
    Mit einem krächzenden Geräusch, so als hätte man sie seit vielen Jahren nicht geölt, schwang sie hin und her. Es geschah sehr langsam, beinahe wie in Zeitlupe. Ein Vorgang, der jeglichen Naturgesetzen zu spotten schien. Eric legte den Arm um Lindas Schultern.
    "Dort...", flüsterte sie, blaß vor Schrecken. Ihr Mund blieb halb geöffnet. Ihr vom Mondschein beleuchtetes Gesicht war eine Maske blanken Entsetzens. Sie fühlte den Puls bis zum Hals schlagen. Das Grauen kroch ihr wie eine kalte, glitschige Hand den Rücken hinauf und ließ sie in dieser warmen Sommernacht vor Kälte zittern.
    Sie schluckte.
    Mein Gott! durchfuhr es sie.
    Eine weitere Gondel begann jetzt in Schwingungen zu geraten. Sie knarrte genauso, wie die erste, obwohl das eigentlich unmöglich war. Linda wußte nur zu gut, daß alles regelmäßig gewartet wurde. Außerdem hatte das Riesenrad den Tag über einwandfrei funktioniert.
    Eine dritte und eine vierte Gondel begannen zu pendeln. Ein gespenstischer Anblick.
    Linda und Eric wichen zurück. Linda taumelte leicht und blickte wie gebannt in den Nachthimmel. Wie dunkle, schattenhafte Wesen aus einer fremden Geisterwelt wirkten die Gondeln. Als ob sie ein unheimliches Eigenleben entwickelt hätten...
    Dort ist es! ging es Linda schaudernd durch den Kopf. Was immer es auch sein mochte. Eine Kraft, eine dunkle Macht, ein lebendiges Wesen...
    Und dann hielten die Gondeln von einem Moment zum nächsten in ihrer Pendelbewegung inne.
    Es sah aus, als ob eine unsichtbare Hand sie angehalten hätte. Nichts bewegte sich mehr dort oben im Riesenrad.
    "Zeig dich!" rief Linda verzweifelt.
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