Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Frequenz: Thriller (German Edition)

Die Frequenz: Thriller (German Edition)

Titel: Die Frequenz: Thriller (German Edition)
Autoren: Christopher Ride
Vom Netzwerk:
…«
    »Nur eine halbe Stunde. Du kannst schon mal anfangen, das Abendessen zu kochen, wenn du willst.« Sie nahm den Wagenschlüssel von der Konsole.
    Julia versperrte ihr den Weg. »Du bleibst hier! Du hast es versprochen!«
    Helena richtete die Waffe auf den Boden und blickte am Lauf entlang. »Ich habe nicht versprochen, ewig im Bett zu bleiben.« Sie steckte die Waffe in die Jackentasche. »Alles wird gut, Julia.«
    »Und wenn du nun wieder träumst? Vielleicht während du fährst?«
    Helena schob sie sanft beiseite. »Ich bleibe nicht lange weg. Versprochen.«
    Julia stand allein im Schlafzimmer. »Ich bin eine alte Frau!«, rief sie aus. » Si! Deinetwegen bekomme ich einen Herzanfall!«
    Es kam keine Antwort.
    Julia nahm das Telefon und wählte. »Mr. Capriarty, bitte«, sagte sie. » Si, hier ist Julia. Ich muss ihn dringend sprechen. Si, dringend. Es geht um Helena.«
    Helena drehte den Zündschlüssel, und der Mercedes sprang mit dem gewohnt heiseren Brummen an. Sie sah zu, wie die rote Nadel des Drehzahlmessers pendelte, als sie aufs Gaspedal trat. Wie immer schob sie den Lauf der Pistole unter den linken Oberschenkel. Da war die Waffe leicht zu greifen, und Helena spürte sie die ganze Zeit am Körper.
    Die Uhr zeigte 18.14 Uhr, doch sie ging ein bisschen vor.
    Helena hatte sich noch nicht entschieden, ob sie die Tiefgarage verlassen sollte. In knapp zwanzig Minuten würde es dunkel sein. Aber wenn sie nicht losfuhr, würde sie die ganze Nacht darüber grübeln, ob ihre Vision der Wirklichkeit entsprach.
    Die Räder des schwarzen SL 55 kreischten, als sie die Rampe hinauf und auf das Wachhäuschen zujagte. Ein asiatisch aussehender Mann in Uniform winkte hinter seiner kugelsicheren Scheibe, als sie gefährlich schnell vorbeifuhr. Helena erwiderte die Geste nicht. Der Mercedes schoss schlingernd auf die Hauptstraße und beschleunigte in Richtung Innenstadt. Ringsum bekam der klare Abendhimmel einen hellroten Schein.
    Helena erinnerte sich, was sie bei der Vision gesehen hatte. Tief im Innern wusste sie, dass es wahr war. Es musste so sein. Stadtauswärts wälzte sich ein steter Strom von Fahrzeugen und bildete mit blendenden Scheinwerfern eine lebendige Lichterkette. In Houston war man bei Dunkelheit nicht sicher, das wusste Helena nur allzu gut. Drogenhändler, Straßengangs, verzweifelte Obdachlose … Bei dem Gedanken fuhr sie sofort schneller.
    In der Ferne loderte die Sonne so hell wie noch nie, ehe sie hinter einem dünnen Wolkenband am Horizont verschwand. Wunderschön, dachte Helena. Die Schönheit in den Dingen zu sehen war eine Gabe, die sie noch nicht lange besaß. Heute war alles irgendwie anders. Warum, wusste sie nicht.
    Je näher sie ihrem Ziel kam, desto heftiger schlug ihr Herz. Nur zwei Gebäudeecken noch, dann geradeaus auf den Scheitelpunkt der Brücke zu. Sie beschleunigte auf Höchstgeschwindigkeit, trat hart auf die Bremse und kam schlitternd zum Stehen. Sie durfte keinen Augenblick verlieren.
    Helena ließ den Motor laufen, nahm die Pistole, drückte die Tür auf und ging vorsichtig die sieben, acht Schritte zum Geländer. Sie entsicherte und spähte über den Rand auf die mehrspurige Schnellstraße unter ihr.
    Was sie dort sah, ließ auf eine Massenkarambolage schließen. Ein Gewirr von Bremsspuren auf dem Asphalt wie verbrannte Spaghetti. Glassplitter funkelten im Scheinwerferlicht des Gegenverkehrs. Das zeigte ihr, dass sie nicht den Verstand verlor. Wenn das die Stelle war, konnte sie einer Sache sicher sein: Der Mann, den sie gesehen hatte – der Mann aus ihrer Vision – war tot. Niemand hätte solch einen Unfall überlebt. Mit dieser Erkenntnis überkam sie eine Mischung aus Angst und Erleichterung.
    Warum habe ich das gesehen?, fragte sie sich. Warum jetzt? Es gab so viele Fragen.
    Die Sonne sank hinter den Horizont, die Straßen wurden rasch dunkel. Der Himmel nahm einen kupfernen Farbton an, und nur die hellsten Sterne ließen sich blicken. Hinter Helena leuchteten die Scheinwerfer des Mercedes in die Dunkelheit. Ihr Mobiltelefon klingelte, doch sie achtete nicht darauf.
    Ab und zu rumpelte ein Auto vorbei, doch niemand wagte anzuhalten. Helena konnte ungehindert von der Überführung spähen, während sie mit dem Pistolenlauf gegen das hüfthohe Stahlgeländer klopfte, sodass der metallische Laut in die Dunkelheit hallte.
    Den Blick auf die Lichter des Stadtzentrums gerichtet, überlegte sie: Was soll ich als Nächstes tun?

4.
Kalifornien, Amerikanischer
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher