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Die Frau und der Sozialismus: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Die Frau und der Sozialismus: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Titel: Die Frau und der Sozialismus: Erweiterte Ausgabe (German Edition)
Autoren: August Bebel
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Vorurteilen fremde Sitten und soziale Einrichtungen beurteilt und nach naturwissenschaftlichen Gründen sucht, wo allein soziale Ursachen maßgebend sind.
     
    Ziegler konnte sich auch seine Beispiele aus dem Geschlechtsleben anthropoider Affen anzuführen ersparen, um damit zu beweisen, daß Monogamie eine Art Naturnotwendigkeit sei, sintemalen die Affen nicht wie die Menschen eine soziale Organisation besitzen – und sei dieselbe noch so primitiv –, die ihr Denken und Handeln beherrscht. Darwin, auf den er sich gegen mich beruft, war in seinem Urteil weit vorsichtiger. Darwin erschien zwar die Existenz einer "Gemeinschaftsehe" und der ihr voraufgehende Zustand der Promiskuität ebenfalls unglaubwürdig, aber er war objektiv genug zu sagen, daß alle diejenigen, die den Gegenstand am gründlichsten studiert hätten, darin anderer Meinung seien als er und die "Gemeinschaftsehe" (dieser spezifische Ausdruck rührt von uns. Der Verfasser) die ursprüngliche und allgemeine Form des Geschlechtsverkehrs auf der ganzen Erde bildete, einschließlich der Ehe zwischen Geschwistern . Seit Darwin hat aber die Untersuchung der Urzustände der Gesellschaft große Fortschritte gemacht; vieles, was damals noch bezweifelt werden konnte, ist heute klar, und so würde Darwin wahrscheinlich selbst, wenn er noch lebte, seine alten Zweifel haben fallenlassen. Ziegler zweifelt die Lehre Darwins an, daß erworbene Eigenschaften vererbt werden könnten und bekämpft diese Auffassung auf das nachdrücklichste; aber die von Darwin selbst im Zweifel gelassene Anschauung, daß Monogamie das ursprüngliche Verhältnis der Geschlechter unter den Menschen gewesen sei, akzeptiert er als unfehlbar, mit der Inbrunst eines gläubigen Christen, der sein Seelenheil gefährdet sieht, wenn er nicht an das Dogma der heiligen Dreieinigkeit oder als Katholik an die unbefleckte Empfängnis Marias glauben würde. Ziegler befindet sich in schwerer Selbsttäuschung, wenn er durch seine sehr dogmatische, aber historisch und naturwissenschaftlich grundfalsche Anzweiflung erwiesener Tatsachen die Entwicklungsphasen im Geschlechtsverkehr der verschiedenen Kulturstufen der Menschheit wegleugnen zu können glaubt.
     
    Es geht Ziegler und den mit ihm Gleichdenkenden mit dieser im Sinne Morgans aufgefaßten Entwicklung des Geschlechtsverhältnisses auf den verschiedenen Gesellschaftsstufen wie der großen Mehrzahl unserer Gelehrten mit der materialistischen Geschichtsauffassung. Die Einfachheit und Natürlichkeit derselben, durch die alle sonst so widersprechenden und unklar erscheinenden Vorgänge erst klar und verständlich werden, leuchtet ihnen nicht ein; sie ist zu einfach und gibt der Spekulation keinen Raum. Im weiteren fürchten sie – ohne sich dessen oft selbst klar bewußt zu sein – die Konsequenzen derselben für den Bestand der bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung; denn gelten die Gesetze der Entwicklung auch für die Gesellschaft, wie kann dann die bürgerliche Gesellschaft behaupten, daß es über sie hinaus keine bessere Gesellschaftsordnung mehr gebe?
     
    Ziegler begreift nicht den Zusammenhang der Lehren Darwins mit der sozialistischen Weltanschauung; ich empfehle ihm auch hier, die beiden ersten Kapitel aus F. A. Langes "Arbeiterfrage" zu lesen, betitelt: "Der Kampf um das Dasein" und "Der Kampf um die bevorzugte Stellung"; vielleicht wird ihm dort klar, was ihm bei mir unklar geblieben ist. Daß ferner Ziegler unrecht hat, wenn er glaubt, Virchows Ansicht über den Darwinismus, der zum Sozialismus führe, gegen mich verwenden zu können, habe ich auf Seite 250 f. dieses Buches nachgewiesen.
     
    Indem ich Darwins naturwissenschaftliche Lehren als in inniger Beziehung zur sozialistischen Weltanschauung betrachte, glaubt Ziegler diese Auffassung auch damit widerlegen zu können, daß er sich auf Darwins Urteil über die Kriege und auf seine malthusianischen Anschauungen bezieht. Vor allem muß ich verlangen, daß, wenn man mich zitiert, man auch richtig zitiert. Was Ziegler auf Seite 186 seiner Schrift als meine Auffassung über den ewigen Frieden zitiert, ist grundfalsch und zeigt seine vollkommene Unfähigkeit, sich in die Gedankenwelt eines Sozialisten finden zu können. Daß manche Kriege einen kulturfördernden Einfluß gehabt, kann man unbedenklich zugeben, daß aber alle Kriege diesen Charakter gehabt, kann nur ein Ignorant in der Geschichte behaupten. Und daß gar heute die Kriege bei der massenhaften Tötung der
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