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Die Frau und der Sozialismus: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Die Frau und der Sozialismus: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Titel: Die Frau und der Sozialismus: Erweiterte Ausgabe (German Edition)
Autoren: August Bebel
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Sterblichkeit der Ledigen, die jüngste Altersklasse von 15 bis 20 Jahren ausgenommen, durchschnittlich eine höhere ist als die der Verheirateten. Allerdings stirbt ein nicht unerheblicher Teil verheirateter Frauen im Kindbett oder an den Folgen des Kindbetts im Alter von 20 bis 40 Jahren, und Hegar schließt aus dieser Tatsache und aus den vielfachen Krankheiten, die aus überstandenen Geburten bei Frauen entstehen, daß die Befriedigung des Liebesbedürfnisses die Sterblichkeit bei dem Weibe erheblich steigere. Er übersieht aber, daß diese nicht am Geschlechtsverkehr, sondern an den Folgen desselben sterben, und hieran nur die physische Beschaffenheit einer großen Zahl von Frauen schuld ist, die ihnen das Überstehen des Geburtsaktes so erschwert. Und diese physische Schwäche ist wiederum die Wirkung unserer erbärmlichen sozialen Verhältnisse: schlechte Ernährungs-, Wohn-, Lebensweise, die Art der Beschäftigung, der geistigen und physischen Erziehung, der Bekleidung (Korsett) usw. Auch muß Hegar als Fachmann wissen, in wie zahlreichen Fällen mangelhafte oder falsche Geburtshilfe, oder Ansteckung durch den Ehemann die Schuld an schweren Leiden der Wöchnerinnen trägt. Alle diese Mängel könnten durch vernünftige soziale Einrichtungen und Erziehungsmethoden behoben werden, und die Folgen, die heute eintreten, wären nicht vorhanden. Indem Hegar ferner mir vorwirft, die schädliche Einwirkung unbefriedigten Geschlechtstriebs stark zu übertreiben, verfällt er in das andere Extrem; er schildert die Schäden des befriedigten Geschlechtstriebs bei der Frau derart, daß der Apostel Paulus recht erhält, der bekanntlich lehrte: Heiraten ist gut, nicht heiraten besser.
     
    Hegar bestreitet ferner die Richtigkeit meiner Auffassung, daß bei Unverheirateten Unbefriedigtsein des Geschlechtstriebs auch auf die Zahl der Selbstmorde von Einfluß ist. Ich verweise hier zunächst auf die statistischen Angaben auf Seite 119 f. meines Buches. Hegar muß aber selbst zugeben (Seite 23): "Im großen und ganzen ist die Selbstmordfrequenz des ledigen Standes höher." Warum also der Streit?
     
    Im weiteren bekämpft Hegar meine Auffassung, daß die Unterdrückung des Geschlechtstriebs bei Frauen häufig zu Geisteskrankheiten, zu Satyriasis und Nymphomanie führe. Aber auch diese Widerlegung meiner Auffassung ist ihm vollständig mißlungen. Auf Seite 80 äußert er: "Das weibliche Geschlecht ist dem Irrsinn im großen und ganzen mehr unterworfen als das männliche; doch ist der Unterschied nicht bedeutend. Dagegen findet sich eine sehr große Differenz zwischen Ledigen und Verheirateten , indem sich bei ersteren die Zahl etwa verdoppelt . Das Verhältnis tritt noch viel schärfer hervor , wenn man die Kinder, bei welchen die geistige Erkrankung nur selten beobachtet wird, nicht berücksichtigt, sondern nur die Ledigen vom fünfzehnten Jahre an rechnet. Man erhält dann eine nahezu viermal größere Irrsinnsquote für die Ledigen gegenüber den Verheirateten. " Hegar sucht zwar diese große Differenz zuungunsten der Ledigen aus verschiedenen Gründen zu erklären, und ich kann einen Teil dieser Gründe um so leichter gelten lassen, da ich nirgends behauptete, daß der unterdrückte Geschlechtstrieb die einzige Ursache krankhafter Zustände bei Ledigen bilde; aber dennoch muß Hegar schließlich zugeben (Seite 31): "Doch ist der Unterschied zwischen Ledigen und Verheirateten zu groß, um hieraus (aus den von ihm angeführten Gründen) allein erklärt zu werden." Ich frage wieder: Warum dann der Streit?
     
    Weiter sagt er Seite 23: "Nymphomanie und Satyriasis entstehen zuweilen bei sehr erheblichen anatomischen Veränderungen in dem Sexualapparat oder auch im Zentralnervenapparat." Aber woher diese Störungen kommen, darüber gibt er nur eine sehr unbefriedigende Erklärung. Daß Nichtbefriedigung einen Beitrag zur Entstehung des Leidens bilde, gibt er zu . "Allein das erste und die Hauptsache ist doch die künstlich und gewaltsam hervorgerufene Erregung." (!) Aber diese Erregung ist doch in der geschlechtlichen Natur des Menschen begründet, sonst wäre sie unmöglich. Daß ferner die Entstehung der Hysterie schon in alten Zeiten dem unterdrückten Geschlechtstrieb zugeschrieben wurde, gibt Hegar ebenfalls zu, er will aber diesen Grund nicht gelten lassen; dennoch äußert er Seite 35: "In früherer Zeit und, wenn auch seltener, in unseren Tagen hat man ge häufte Erkrankungen von Hysterie, hysterische Psychose,
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