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Die Frau meines Lebens

Die Frau meines Lebens

Titel: Die Frau meines Lebens
Autoren: Nicolas Barreau
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selbst lachen. Meine Güte, selten genug in meinem Leben hatte ich mir
eine Frau so genau angeschaut. Für eine Studentin schien sie mir allerdings zu
alt und auch zu gut angezogen.
    Bald
erreichte ich die Rue de Grenelle, die die Rue du Bac kreuzt. Meine Schritte
hallten auf dem Pflaster, als ich an den hohen alten Häusern vorbei lief. Hier
wohnten die ältesten Adelsfamilien Frankreichs.
    Es gibt
Tage, da ist man in diesen Straßen manchmal ganz allein. In diese Gegend
verirrt sich kaum mal ein Tourist. Hier ist Paris sehr still.
Antiquitätengeschäfte liegen in friedlicher Eintracht neben Bäckern und
Traiteuren, bei denen man mittags zu raisonablen Preisen gekochtes Huhn mit
Chicorée-Gemüse bekommt und ein gutes Glas Rotwein dazu.
    Kurz vor
dem Musée Maillol, einem hübschen, aber kleinen Museum, das man leicht
übersieht, wenn man es nicht kennt, kam ich an einem winzigen Blumenladen
vorbei. Ich blieb einen Moment stehen und sog den frischen feuchten Duft ein.
Es roch nach April, das schwöre ich. In glasierten dunkelblauen Tonkübeln, die
treppenförmig zu beiden Seiten des fast quadratischen Ladens aufgebaut waren,
gab es violette und blaue Hortensien, Rosen in allen Farben, zarte Ranunkeln,
hellblaue Vergißmeinnicht und langstielige Tulpen mit riesigen Blütenkelchen.
    Hinter
einem blanken dunkelbraunen Holztisch gegenüber der Eingangstür stand eine
ältere Frau mit aufgesteckten braunen Haaren und lächelte mich an.
    Ich folgte
dem Lächeln und trat ein. Wäre es nicht eine nette Geste, wenn ich Isabelle ein
paar Blumen mitbrachte – sozusagen als Entschuldigung dafür, daß ich sie nicht
pünktlich angerufen hatte?
    Nathan sagt
immer, man kann viel verkehrt machen bei den Frauen, aber nicht mit Blumen. Er
muß es wissen, schließlich ist er Psychologe, und die Frauen lieben ihn alle.
Ich weiß nicht, wie er das macht, aber ich habe noch keine Frau schlecht über
Nathan reden hören, obwohl er auch nicht perfekt ist.
    » C'est pour une femme? « wollte die
Blumenhändlerin wissen, als ich unschlüssig vor den Kübeln stand.
    Ja, die
Blumen waren für eine Frau, für eine ganz besondere Frau sogar. Ich ließ mir
einen hübschen Strauß aus Rosen, Ranunkeln und Vergißmeinnicht binden und
bewunderte die Geschicklichkeit, mit der die Verkäuferin das duftige Bouquet in
dickes himmelblaues Papier einschlug. Sie drehte das Papier zu einer spitzen
Tüte und klebte die Enden mit einem runden goldenen Etikett zusammen.
    Ich wollte
schon bezahlen, da überlegte ich, daß es noch netter wäre, wenn ich auch für
Natalie, meine konspirative Freundin unbekannterweise, einen Strauß mitbrächte.
Immerhin hatte ich ihr einiges zu verdanken.
    »Ja … und
dann brauche ich noch einen Strauß«, erklärte
ich der erstaunten Blumenfrau.
    »Auch für
eine Frau?« fragte sie und zog die linke Augenbraue hoch. Das konnte sie echt
gut.
    »Äh … ja«, erwiderte
ich und wurde zu meinem Ärger rot. Allmählich verwandelte ich mich in einen
Siebzehnjährigen. Aber so ist das wohl mit der Liebe. Man kann noch so viel
erlebt haben, wenn es einen wirklich erwischt hat, ist es aufregend wie beim
ersten Mal.
    »Es sind …
äh … Schwestern«, fügte ich überflüssigerweise hinzu, während sie die Blumen
aus den Kübeln zupfte.
    Wahrscheinlich
hielt sie mich jetzt für einen Don Juan, jedenfalls wickelte sie mir auch den
zweiten Strauß sehr liebevoll ein.
    Ich zahlte,
und sie drückte mir die beiden Bouquets in die Hände und zwinkerte mir zu.
    » Bonne chance «, sagte sie. Viel Glück!
    Und so trat
ich hinaus in die Sonne, die inzwischen die Wolken wieder vertrieben hatte. Ich
war gewappnet mit Rosen und Ranunkeln, begleitet von den guten Wünschen einer
Blumenfrau und getragen von dem Gefühl, daß die Welt mir verdienter- oder
unverdienterweise gewogen war.

7
    Als
ich in die Rue de Varenne einbog, an deren Ende das Musée Rodin lag, sah ich
schon von weitem die Schlange vor dem Eingangstor. Offenbar war das Museum
populärer, als ich dachte, oder ein Veranstalter machte mit seiner Reisegruppe
eine Führung. Es war zehn vor fünf, na, das konnte ja heiter werden!
    Normalerweise
bin ich, was das Anstehen angeht, brav wie ein Engländer. Aber heute war eben
nichts normal, auf keinen Fall wollte ich meine Schöne zum zweiten Mal warten
lassen, und so lief ich an der Schlange vorbei, trat beherzt und ohne auf böse
Blicke zu achten von der Seite an die Kasse und erklärte, daß ich im
Museumsgarten verabredet sei, nur etwas
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