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Die Euro-Lügner: Unsinnige Rettungspakete, vertuschte Risiken - So werden wir getäuscht (German Edition)

Die Euro-Lügner: Unsinnige Rettungspakete, vertuschte Risiken - So werden wir getäuscht (German Edition)

Titel: Die Euro-Lügner: Unsinnige Rettungspakete, vertuschte Risiken - So werden wir getäuscht (German Edition)
Autoren: Hans-Olaf Henkel
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interpretiert«.
    Vermutlich hatten die Euro-Finanzminister ihren unerfahrenen Kollegen darüber aufgeklärt, dass in Sachen Euro die Wahrheit ein viel zu fragiles Gut ist, um sie der breiten Masse anzuvertrauen. Aber diese breite Masse, die man systematisch belügt, ist bei uns der Souverän. Oder ist das ebenfalls eine Lüge?
    Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass auch Herr Dijsselbloem nicht der Bannerträger der Ehrlichkeit ist, für den man ihn gehalten hat, sondern ein würdiger Nachfolger des Lügenbarons Juncker. Er wird nämlich verdächtigt, bei seinem Lebens lauf geschummelt zu haben. Gegenüber den Staats- und Regierungschefs gönnte er sich in der englischen Version seiner Bewerbung um den Vorsitz der Euro-Gruppe ein Upgrade: Von einem Fachmann für Agrarökonomie, der sein Diplom im unbekannten niederländischen Wageningen erhielt, verwandelte er sich in einen Betriebswirtschaftler, der seinen Masterabschluss an der irischen Universität Cork ( UCC ) gemacht hatte. Zur Beurteilung seiner Qualifikation als Euro-Gruppen-Chef lag darin ein erheblicher Unterschied. Laut Independent vergibt die UCC gar keinen derartigen Masterabschluss. Dijsselbloem habe dort lediglich für ein paar Monate im Bereich Food Business geforscht. Das wird wohl kaum der Grund dafür gewesen sein, dass Angela Merkel Anfang Juni 2013 einer weiteren französischen Forderung nachgab: in Zukunft einen hauptamtlichen Euro-Gruppen-Chef mit der Führung der Finanzminister der Euro-Zone zu beauftragen. Sie begründete diesen Meinungswechsel mit der Unerlässlichkeit »einer vertieften Zusammenarbeit«.
    Zur allgegenwärtigen Euro-Lüge gehören auch die Rettungspakete. Als 2010 das erste für Griechenland beschlossen wurde – es handelte sich um läppische 110 Milliarden Euro –, ließ man die Bürger in dem Glauben, es sei auch das letzte. Der »Einzelfall« machte Schule. Bald folgte der vorläufige Euro-Rettungsschirm EFSF , 2012 nahm der dauerhafte Stabilisierungsmechanismus ESM die Arbeit auf. Als das zweite Griechenland-Paket auf den Weg gebracht wurde, belief es sich auf die stolze Summe von 164 Milliarden Euro. 2010 folgten Kredithilfen an Irland mit 85 Milliarden, an Portugal mit 78 Milliarden und 2012 an Spanien mit rund 40 Milliarden. Da fallen die 2013 gewährten 10 Millionen an Zypern kaum mehr ins Gewicht. Man fühlt sich an den Kantinenspruch »Wer will noch mal, wer hat noch nicht?« erinnert.
    Selbst ein europafreundlicher Journalist wie Heribert Prantl brach im April 2013 in die Klage aus: »Die ganze Euro-Rettung basiert auf Entrechtlichung.« Und der ehemalige Verfassungsrichter Paul Kirchhof meinte zur gleichen Zeit: »Hätte man das Recht beachtet, gäbe es keine Eurokrise.« Wer aber das Recht bricht, der nimmt es auch mit der Wahrheit nicht genau.
    Das Tollste an dieser Verteilungsaktion deutscher Ersparnisse, die im rechtsfreien Raum stattfindet: Die Empfänger werden zu wenig oder nichts verpflichtet. Und sollten sie sich verpflichtet haben, heißt das noch lange nicht, dass sie sich auch daran halten. So ist das mit Südeuropa, und dafür hat man in Brüssel nur noch ein Achselzucken übrig. Verfolgt man das Prozedere vom Hilfsersuchen bis zur Auszahlung, zeigt sich immer das gleiche Schema. Für die zur Kasse gebetenen Geber gilt: Man möchte nicht, aber muss doch. Für die zum Sparen verdonnerten Nehmer dagegen: Man möchte gern, aber kann nicht.
    Bekanntlich werden die Sparziele, von denen die Rettungsmilliarden abhängen, von der sogenannten Troika, einem reisenden Schnellgericht, ausgehandelt. Die Troika hat keinerlei demokratische Legitimation, aber schreibt jedem Land vor, was es zu tun hat. Die Troika-Mitglieder von EU , EZB und IWF einigen sich mit dem betreffenden Land auf dessen Sparziele, die einzuhalten es hoch und heilig verspricht. Im Gegenzug setzt sich die Troika in Brüssel dafür ein, dass die erbetenen Gelder fließen, immer vorausgesetzt, dass das Land seine Versprechen erfüllt.
    Kaum sind die erbetenen Gelder geflossen, Milliarden über Milliarden, sagen die Nutznießer des Transfers: »Halt, einen Moment. Es geht doch nicht. Als Folge unserer Sparanstrengungen wächst unsere Wirtschaft nicht mehr. Weil unsere Wirtschaft nicht mehr wächst, kriegen wir keine Steuereinnahmen. Ohne Steuereinnahmen jedoch, versteht sich, können wir die gesteckten Ziele nicht erreichen.« Hier beißt sich die Schlange in den Schwanz, und die spendablen Nordländer sehen sich ein weiteres Mal
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