Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition)

Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition)
Autoren: Helen Lowe
Vom Netzwerk:
wiederholte sie. Er lachte und versprach gar nichts, wie es seine Art war.
    Nur einige hundert Schritte von der alten Hohen Halle entfernt befand sich das Tor zur Neuen Burg, das versperrt und verplombt war. Einige Meter weiter gab es eine verschlossene Geheimpforte. Zwischen dem Scheitelpunkt des Tors und der gewölbten Decke des Flurs war eine enge Lücke. Diese benutzte Malian normalerweise für ihr Kommen und Gehen. Als Haimyr den Schlüssel für die Geheimpforte aus der Tasche zog, sagte Malian mehr resigniert als überrascht: » Oh weh, jetzt bekomme ich Ärger. «
    Haimyr warf ihr ein spöttisches Lächeln zu. » Hast du nicht gehört, wie die arme Doria nach dir rief? Sie hat all ihren Mut zusammengenommen und aus Liebe zu dir den Kopf durch die Pforte gesteckt. Doch selbst ihre lebenslange Ergebenheit konnte sie nicht dazu bringen weiterzugehen. Nhairin ist da aus härterem Holz geschnitzt, doch wir waren uns einig, dass es besser ist, wenn ich dich aufstöbere. «
    » Weil du eher eine Chance hättest, mich einzufangen, sollte ich wegrennen? «, fragte sie. Ihr Lächeln war ebenso listig wie seins. » Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass du die Wände erklimmst. Noch nicht einmal, um mich vor dem Zorn meines Vaters zu schützen. «
    Er verschloss die Pforte hinter ihnen mit einem deutlichen Klicken. » Da hast du wohl recht. Allein der Gedanke ist abscheulich. Die Geister der Vergangenheit sind eine Sache – doch durch die Dachsparren zu klettern wie ein ishnapurischer Affe ist etwas ganz anderes. Ich hätte keine andere Wahl, als dich deinem Schicksal zu überlassen. «
    Malian lachte schallend. Doch sie wurde wieder ernst, als sie sich dem hellen Glanz der Neuen Burg zuwandten. In diesen Fluren und Hallen wurde es niemals dunkel. Juwelenbesetzte Gobelins zierten die Wände, und die Böden waren mit farbigen Fliesen ausgelegt. Pagen eilten vorbei, um ihre zahllosen Besorgungen zu erledigen, und Soldaten marschierten gemessenen Schrittes umher. Die gewölbten Decken warfen all die Geräusche einer belebten Burg zurück. Malians Augen leuchteten auf, während sie von dem geschäftigen Treiben umgeben waren. » So ist es immer, wenn mein Vater heimkehrt « , sagte sie. » Er versetzt die ganze Burg in Aufruhr. «
    Haimyrs Lachen war kleinlaut. » Als ob ich das nicht wüsste. Und jetzt muss ich mich ebenfalls beeilen, wenn ich meine Lieder bis zum Festmahl vorbereiten will. «
    » Alle werden auf Neues gespannt sein « , stimmte Malian zu. » Doch erst nachdem du die Taten und den Ruhm des Hauses der Nacht besungen hast – sind wir nicht das erste und älteste? «
    » Das älteste, das erste und das größte aller Derai-Häuser auf dem Wall – sowohl was die Taten und Verdienste angeht als auch zahlenmäßig « , mischte eine neue Stimme sich ein, als ob sie eine unbestreitbare Tatsache rezitierte. Eine schlanke Gestalt erhob sich aus einem Sitz in einer Nische und humpelte vorwärts. Sie war das dunkle und zurückhaltende Gegenteil des goldenen und auffälligen Barden. Eine Narbe, die von der Schläfe bis zum Kinn reichte, entstellte ihr Gesicht.
    » ›Denn es ist das Haus der Nacht, das die Burg der Winde besitzt‹ « , skandierte Malian als Antwort, » ›die herausragendste aller Festungen auf dem Schildwall der Nacht.‹ Du hast mich das als Erstes gelehrt, Nhairin. «
    Die Augenbrauen ihres Gegenübers hoben sich. » Das habe ich nicht vergessen « , sagte die Frau und nahm den Pfortenschlüssel von Haimyr entgegen. Sie hatte einst dem Grafen der Nacht als Soldatin gedient, bis sie in einem Kampf die Narbe und die Gehbehinderung davontrug. Dennoch sagte sie gern, dass sie immer noch dem Grafen diente, wenn auch nicht mehr mit dem Schwert, sondern als Hofmarschallin der Burg der Winde. » Ich vergesse keine der wenigen Lektionen, die ich dir eingehämmert habe « , fügte sie nachdenklich hinzu.
    » Nhair- rin! « , sagte Malian. Doch dann huschte ein schuldbewusster Ausdruck über ihr Gesicht. » Hat die Suche nach mir dir viele Sorgen bereitet? «
    Die Hofmarschallin verzog den Mund zu einem leichten Lächeln. » Sorgen? Nein, ich bin nicht besorgt. Doch ich kenne jemanden, der es sein wird, wenn du beim Ertönen der Festmahlsglocke nicht sauber auf deinem Platz sitzt. « Angesichts des erschrockenen Gesichtsausdrucks von Malian wurde Nhairins Lächeln breiter. » Es wird nicht mehr lange dauern, bis die Glocke ertönt. Ich an deiner Stelle würde blitzschnell zu meinem Zimmer und dem Bad, das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher