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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung
Autoren: Vince Flynn
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Repräsentantenhauses hatte ihn am Abend zuvor angerufen und gebeten, dass er ihn am nächsten Morgen in seinem Büro besuchen solle. Rudin war pünktlich erschienen und musste fünfzehn Minuten warten. Als der Sprecher des Repräsentantenhauses Frank Kaiser aus seinem Büro kam, teilte er dem Vorsitzenden des Geheimdienstausschusses mit, dass sie zusammen wegfahren würden. Rudin, der keine Konfrontation scheute, wollte wissen, wohin sie fuhren. Kaiser gab ihm in sehr eindeutigen Worten zu verstehen, dass er seine Haltung ändern und gefälligst den Mund halten solle, wenn ihm etwas daran liege, den Vorsitz in seinem Ausschuss zu behalten.
    Angesichts der barschen Zurechtweisung dachte Rudin fieberhaft nach, was er angestellt haben könnte. Als die Limousine des Sprechers den Checkpoint des Secret Service am südlichen Ende der West Executive Avenue passierte, fragte sich Rudin immer noch, was er wohl getan hatte, um die Götter der Politik zu erzürnen. Die beiden Kongressabgeordneten wurden zum Situation Room des Weißen Hauses geleitet – ein weiteres Anzeichen, dass es um etwas Ernstes gehen musste. In den vierunddreißig Jahren, die Rudin nun in Washington war, hatte er den Situation Room noch nie von innen gesehen. Matt Rohrig, der Vorsitzende des Democratic National Committee, wartete in dem Raum auf sie, was ebenfalls kein gutes Zeichen war. Rohrig war derjenige, der für die finanziellen Belange der Partei zuständig war.
    Als Rudin Rohrig fragen wollte, was los war, wies Kaiser ihn noch einmal darauf hin, dass er den Mund halten solle, bis der Präsident da war. Rudin zermarterte sich das Hirn über die Frage, was er sich möglicherweise hatte zuschulden kommen lassen. Er dachte auch kurz an sein Treffen mit Außenminister Midleton und seinem Freund Senator Clark, doch er verwarf den Gedanken sofort wieder. Immerhin wusste jeder, was er von der CIA hielt, und außerdem hatte der Präsident noch gar keinen Nachfolger für Stansfield nominiert. Er wollte schließlich nur den Präsidenten vor einem schrecklichen Fehler bewahren.
    Schließlich betrat der Präsident zusammen mit Thomas Stansfield das Zimmer. Albert Rudin erschauderte fast vor Abneigung, als er den CIA-Direktor sah. Es gab niemanden, den der Abgeordnete mehr hasste, niemanden, der seiner Ansicht nach mehr getan hatte, um die Autorität des Kongresses zu untergraben. Das Einzige, was ihn an Stansfields Erscheinen versöhnlich stimmte, war die Tatsache, dass der Mann so aussah, als könne er jeden Augenblick tot umfallen.
    Präsident Hayes half Stansfield in seinen Stuhl und nahm dann selbst am Ende des Tisches Platz. Er legte eine lederne Mappe vor sich auf den Tisch und lehnte sich zurück. Mit gefalteten Händen blickte er in die Runde. Kaiser und Rudin saßen zur Rechten des Präsidenten, Stansfield und Rohrig zu seiner Linken. Der Präsident hatte gute Lust, Rudin eine ordentliche Standpauke zu halten, doch Kaiser hatte ihn gebeten, das Ganze nicht ausufern zu lassen. Der Sprecher des Repräsentantenhauses war der Ansicht, dass der Präsident über den üblichen Streitigkeiten stehen sollte.
    Hayes schlug die lederne Mappe auf und nahm ein Blatt Papier heraus. »Ich habe leider schlechte Neuigkeiten«, sagte er und hielt das Blatt zwischen Daumen und Zeigefinder hoch. »Der Außenminister ist soeben von seinem Amt zurückgetreten.« Der Präsident wandte sich Rudin zu, um zu sehen, wie er reagierte.
    »Warum?«, fragte Rudin mit säuerlicher und etwas verwirrter Miene.
    »Es gibt eine lange Version der Geschichte – aber ich habe im Moment nicht die Geduld, Ihnen diese Version zu erzählen. Die Kurzversion lautet: Außenminister Midleton ist ein aufgeblasener, arroganter Mensch, der nicht weiß, wie man eine Anweisung seines Chefs befolgt.« Hayes zeigte dabei auf sich selbst. »Ich spreche von mir, Al, falls Sie es nicht wissen sollten. Ich bin der Präsident der Vereinigten Staaten und führe somit diese Regierung.«
    Rudin wusste nicht recht, wie er zu dieser Lektion in Staatsbürgerkunde kam. Er sah Kaiser an und schüttelte den Kopf. »Was hat das alles mit mir zu tun?«
    Kaiser zögerte keinen Augenblick. »Haben Sie vor ein paar Tagen zusammen mit Charles Midleton und Hank Clark gefrühstückt oder nicht?«
    Rudin zuckte die Achseln. »Ja. Es kommt öfter vor, dass ich mit Kollegen frühstücke.«
    »Wer hat das Treffen vorgeschlagen?«
    »Weiß ich nicht mehr.«
    »Erzählen Sie mir keine Märchen, Albert. Sie bewegen sich im Moment
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