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Die Entdeckung des Higgs-Teilchens: Oder wie das Universum seine Masse bekam (German Edition)

Die Entdeckung des Higgs-Teilchens: Oder wie das Universum seine Masse bekam (German Edition)

Titel: Die Entdeckung des Higgs-Teilchens: Oder wie das Universum seine Masse bekam (German Edition)
Autoren: Unbekannt
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werden durch das Feld des Magneten beeinflusst, was zu einer Krümmung der Flugbahn in radialer Richtung führt. Aus der Krümmung kann der Impuls eines solchen Teilchens berechnet werden. Die Myonen werden sowohl in einem Spurdetektor (Streifendetektor) als auch in den Myonenkammern gemessen, die sich am äußeren Rand des CMS befinden. Dorthin schaffen es normalerweise nur Myonen und Neutronen, da sie stabiler sind als andere Teilchen. Eine Ausnahme bilden, wie häufig in der Physik, die Neutrinos. Denn diese können ohne jede Wechselwirkung den ganzen Detektor, sogar die ganze Erde durchqueren. So ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Neutrino mit dem Detektor wechselwirkt, sehr gering.
    Jeweils vier Myonenkammern mit einer Länge von zwei bis vier Metern sind in zwölf einzelnen Segmenten im äußeren Ring, dem sogenannten Eisenjoch, eingebaut. Dieses dient dazu, die Magnetfeldlinien zu schließen. Das Magnetfeld wiederum bewirkt eine Ablenkung der Myonen auf ihrem Weg durch die Myonenkammern. An ihren Seitenwänden sind Isolatorschichten verbaut, an denen sich Kathoden mit einer Spannung von jeweils 12000 Volt befinden. In der Mitte solcher Zellen verläuft ein vergoldeter Draht, der nur 50 Mikrometer dick ist und an dem eine Spannung von 3600 Volt anliegt. In diesen Zellen wird ein homogenes Feld erzeugt. Gefüllt ist diese Kammer mit einem Gasgemisch aus Argon und Kohlenstoffdioxid. Wenn nun ein Myon durch so eine Kammer fliegt, ionisiert es das Gasgemisch, und die ausgelösten Elektronen fliegen mit einer Geschwindigkeit von 55 Mikrometern pro Nanosekunde zum Anodendraht.
    Kathoden-Streifenkammern erlauben eine schnelle Messung, weshalb sie wegen des erhöhten Teilchenflusses und des inhomogenen Magnetfelds zum Einsatz kommen. Insgesamt werden 486 solcher trapezförmigen Kammern verwendet. Sie bestehen aus zwei plattenförmigen Kathoden, in denen Anodendrähte gespannt sind, und erreichen eine Auflösung von 200 Mikrometern.
    Rund elf Meter vom Kollisionspunkt entfernt sind, analog zu Endkappen, an beiden Seiten des CMS die Vorwärtskalorimeter angebracht. Sie sind besonders dicht mit Detektoren gepackt, in denen andere Materialien wie Stahl als Bremsschicht und Quarzfasern als Nachweismaterial zum Einsatz kommen. Sie haben die Aufgabe, alle Teilchen, die bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfasst wurden, zu messen.
    Die Bewältigung der Datenflut
    In beiden großen Detektoren geschehen pro Sekunde 600 Millionen Proton-Proton-Kollisionen. Dies bedeutet eine Datenflut von 40 Terabyte (TB) pro Sekunde, 2400 TB pro Minute und 144000 TB pro Stunde pro Detektor. Anders ausgedrückt: Pro Stunde würde der Speicherplatz von mehr als drei Millionen DVDs gefüllt (für nur einen der beiden Detektoren). Würde man diese DVDs aufeinanderstapeln, so wäre der Turm rund 3676 Meter hoch, hätte also fast die Meereshöhe des Großglockners, des höchsten Berges Österreichs. In dieser gewaltigen Datenmenge ist aber nur ein kleiner Teil interessanter Ereignisse enthalten. Pro Sekunde macht das etwa 320 MB aus, also ungefähr 0,0008 Prozent der sekündlichen Gesamtdatenmenge oder eine halbe CD. Deshalb muss man nicht nur extrem genau messen, sondern die Daten auch durch elektronische Filter schicken, damit alle überflüssigen Daten aussortiert werden.
    Um das zu erreichen, werden bei beiden Detektorprojekten mehrstufige Trigger- (Prozess, der die Datenaufnahme eines Experiments startet) und Datenannahmesysteme eingesetzt. Bei ATLAS führt das Triggersystem seine Aufgabe zum Beispiel in drei Stufen aus. Im Level-1-Trigger verarbeiten neu entwickelte Hardwareprozessoren grob die Daten des Kalorimeters und des Myonenspektrometers. Innerhalb von zwei Mikrosekunden wird nach elektromagnetischen Energieverlusten, Jets (Strahlen) mit hohen Energien oder dem Fehlen von Energie gesucht. Innerhalb dieser Entscheidungszeit müssen alle Daten des Detektors vorübergehend gespeichert werden. Wenn Level 1 abgeschlossen ist, verbleiben von ursprünglich 600 Millionen nur noch etwa 75000 Ereignisse für den Level-2-Trigger. Dieser besteht aus programmierbaren Prozessoren, mithilfe derer nun die verbleibenden Ereignisse mit höherer Auflösung und unter Einbezug des Inneren Detektors analysiert werden. Danach bleiben gerade mal etwa 1000 Ereignisse übrig. Im Ereignisfilter, der aus einer großen »Farm« von Prozessoren besteht, wird nun eine vollständige Analyse der verbleibenden Ereignisse durchgeführt. Erst wenn vordefinierte
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