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Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft

Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft

Titel: Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft
Autoren: C.H.Beck
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Europäischen Landschaftskonvention beruht offensichtlich auf Missverständnissen. Wer sich für einen verantwortungsvollen Umgang mit Landschaft einsetzt, hat nicht nur einzelne Natur- oder Landschaftsschutzgebiete im Auge, sondern die komplette Landschaft. Ein Eintreten für Landschaft, wie es in der Europäischen Landschaftskonvention vertreten wird, geht nicht von der zusätzlichen Ausweisung von Vorranggebieten für das Schutzziel «Landschaft» aus, sondern vom integrativen Umgang mit Landschaft. Ein solches Vorgehen entspricht nicht dem üblichen Handeln von vielen Planungsinstitutionen. Diese weisen immer mehr Kategorien von nebeneinander bestehenden, strikt voneinander abgegrenzten Gebieten aus, in denen bestimmte unterschiedliche Planungsprinzipien zu beachten sein sollen. Wer Landschaft betrachtet, sieht nicht die abgegrenzten Nutzungsräume, sondern geht von landschaftlichen und landschaftswissenschaftlichen Zusammenhängen aus.
Die Einmaligkeit von Landschaften
    Landschaften sind einmalig. Sie sind nicht nur schön, und sie haben nicht nur Wert als Biotope, an denen bestimmte seltene Tiere und Pflanzen vorkommen: Landschaften haben eine wichtige kulturelle Bedeutung. Seit Jahrtausenden werden sie von Menschen gestaltet, seit Jahrtausenden ermöglichen in ihnen erzeugte Nahrung und andere Ressourcen das Überleben von immer mehr Menschen. Von den Möglichkeiten, Landschaft zu nutzen, hängt die Entwicklung von Kultur ab; seit langer Zeit ranken sich Geschichten um Landschaften, so dass jede einzelne von ihnen eine symbolische Bedeutung haben kann.
    Umgang mit Landschaft gleicht also nicht dem Umgang mit Natur; will man Landschaft schützen, ist weder das unklare Ziel Naturschutz dafür geeignet noch das ebenso ungenaue Ziel des Landschaftsschutzes, wie es im Naturschutzgesetz aufgeführt wird. Die Landschaft des Naturschutzgesetzes ist ein Gebiet, in dem mehrere Formen von Nutzung möglich sind; es wird aber nicht deutlich gemacht, dass es sich bei dieser Landschaft um ein Kulturgut handelt.
    Ein besonders wichtiges Ziel landschaftswissenschaftlicher Arbeit ist es, das Einmalige jeder Landschaft herauszufinden und zu beschreiben. Typen von Landschaften, die es auch andernorts zu sehen gibt, erkennt niemand als Besonderheit. Auch Typen von Bauernhäusern, Burgen, Schlössern oder Siedlungsgrundrissen lassen sich nicht schützen; stets geht es um die Herausstellung des Besonderen. Dies macht einen Umgang mit Landschaften ebenso interessant wie einen Umgang mit Baudenkmalen.
    Jede Landschaft zeigt gleich einem Seismometer an, wie Menschen Landnutzung betrieben haben und weiterhin betreiben. Alles, was wir tun, schlägt sich in Landschaft nieder. Und jede Landschaft existiert nur einmal: Sie ist durch ein charakteristisches Zusammenwirken natürlicher Faktoren und die damit in Wechselbeziehung stehende kulturelle Gestaltung geprägt. Diese materiellenEigenschaften machen den Eindruck einer Landschaft aus, der von ihrem Betrachter gedeutet werden kann: auf einem Bild, auf einer Landkarte, in einer Erzählung, in einer wissenschaftlichen Erörterung. Von jeder Landschaft, von jeder Deutung geht eine enorme Faszination aus. Jede Landschaft entspricht damit einem ganz besonderen «Totaleindruck einer Gegend», für den man sich begeistern kann: auf der Grundlage von Wissen, das auf Fakten und auf dem Erkennen von Zusammenhängen zwischen Natur und Kultur beruht. Die Darstellung dieser Zusammenhänge ist die zentrale Aufgabe der Landschaftswissenschaft.

Dank
    Anregende Diskussionen und Gespräche über Themen und Inhalte dieses Buches habe ich vor allem mit Rita Colantonio, Konstanze Sylva Domhardt, Wolfgang Haber, Ansgar Hoppe, Ulf Küster, Richard Pott, Heinrich Spanier, Aldo Venturelli und Klaus Wächtler geführt. Mein herzlicher Dank gilt ihnen ebenso wie dem Verlag C.H.Beck, besonders Wolfgang Beck, Stefan Bollmann, Angelika von der Lahr sowie Simone Fridrich, für hervorragende Zusammenarbeit.
    Hannover, Juli 2012
Hansjörg Küster

Hinweise auf grundlegende Literatur
    Born, M., Die Entwicklung der deutschen Agrarlandschaft. Darmstadt 1989.
    Ellenberg, H., Bauernhaus und Landschaft in ökologischer und historischer Sicht. Stuttgart 1990.
    Ellenberg, H., Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen in ökologischer, dynamischer und historischer Sicht. 5. Auflage, Stuttgart 1996.
    Haaren, C. von (Hrsg.), Landschaftsplanung. Stuttgart 2004.
    Haber, W., Was ist Landschaft? Zu Geschichte und Selbstverständnis der
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