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Die Eisprinzessin schläft

Die Eisprinzessin schläft

Titel: Die Eisprinzessin schläft
Autoren: Camilla Läckberg
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verzweifelt gewesen, wenn sie davon gewußt hätten. Nichts war jedoch undenkbar, wenn Lucas die Hand im Spiel hatte. Da ihr klar war, daß er keine Skrupel kannte, zog sie eine andere Möglichkeit nicht mal in Betracht. Er wurde immer niveauloser, aber das hier übertraf fast alles, was er sich bisher geleistet hatte.
    Nun ja, bevor sie sich ernsthaft wegen des Hauses Gedanken machte, würde sie erst einmal in Erfahrung bringen, wie ihre Situation rein rechtlich aussah. Bis dahin war sie nicht bereit, sich von Lucas’ neuestem Einfall entmutigen zu lassen. Jetzt wollte sie sich auf das bevorstehende Gespräch mit Alex’ Gatten konzentrieren.
    Henrik Wijkner hatte am Telefon sympathisch geklungen und gewußt, worum es ging, als sie anrief. Natürlich dürfe sie kommen und Fragen über Alexandra stellen, wenn der Nachruf für deren Eltern so wichtig sei.
    Erica fand es interessant, zu sehen, wie Alex wohl gewohnt hatte, auch wenn es sie nicht gerade lockte, die Trauer eines weiteren Menschen zu erleben. Das Treffen mit Alex’ Eltern war aufwühlend genug gewesen. Als Autorin wollte sie die Wirklichkeit lieber aus der Entfernung betrachten. Von oben studieren, distanziert und in Sicherheit. Zugleich gab ihr das hier die Möglichkeit, ein erstes Bild von der Person zu erhalten, die Alex als Erwachsene geworden war.
    Erica und Alex waren vom ersten Schultag an unzertrennlich gewesen. Erica hatte es unglaublich stolz gemacht, daß Alex, die auf alle in ihrer Nähe wie ein Magnet wirkte, gerade sie als Freundin auserwählte. Alle wollten mit Alex zusammen sein, doch die war sich ihrer Beliebtheit nicht einmal bewußt. Ihre Zurückhaltung lag daran, daß sie ganz und gar in sich selbst ruhte, was für ein Kind sehr ungewöhnlich war, wie Erica später begriff. Dennoch war Alex offen und großzügig und machte trotz ihrer Zurückhaltung nicht den Eindruck, schüchtern zu sein. Erica hätte nie gewagt, sich ihr auf eigene Faust zu nähern. Die ganze Zeit waren die beiden Mädchen eng befreundet, bis zu dem Jahr, bevor Alex wegzog und für immer aus ihrem Leben verschwand. In den Monaten davor war ihr Alex immer mehr ausgewichen, und Erica hatte Stunde um Stunde einsam in ihrem Zimmer verbracht und der Freundschaft nachgetrauert. Eines Tages, als sie bei Alex an der Tür klingelte, kam niemand, um zu öffnen. Fünfundzwanzig Jahre später konnte sich Erica noch immer genau erinnern, wie weh es getan hatte, als sie begriff, daß Alex weggezogen war, ohne ihr davon zu erzählen und sich von ihr zu verabschieden. Noch heute hatte sie nicht die leiseste Ahnung, was damals passiert war, aber wie Kinder so sind, hatte sie die ganze Schuld bei sich selbst gesucht und ganz einfach angenommen, Alex habe sie satt gehabt.
    Erica bahnte sich mit einigen Schwierigkeiten ihren Weg durch die Stadt Richtung Sarö. Sie kannte Göteborg sehr gut, weil sie vier Jahre hier studiert hatte, aber zu jener Zeit hatte sie kein Auto besessen. Hätte sie Fahrradwege benutzen können, wäre es ihr bedeutend leichter gefallen. Für einen unsicheren Autofahrer war Göteborg ein Alptraum, überall Einbahnstraßen, vielbefahrene Plätze mit Kreisverkehr und das nervende Gebimmel der Straßenbahnen, die sich von allen Seiten näherten. Außerdem kam es einem vor, als ob alle Wege nach Hisingen führten. Nahm man eine falsche Ausfahrt, landete man unweigerlich dort.
    Doch die Wegbeschreibung, die ihr Henrik gegeben hatte, war sehr genau, und so gelang es ihr schon beim ersten Versuch, richtig zu fahren, so daß sie diesmal um Hisingen herumkam.
    Das Haus übertraf all ihre Erwartungen: eine riesige weiße Villa, erbaut um 1900, mit Blick aufs Wasser und einem kleinen Pavillon, der gemütliche laue Sommerabende versprach. Der Garten, der unter einer dicken weißen Schneedecke steckte, war wundervoll gestaltet und verlangte allein aufgrund seiner Größe nach der liebevollen Pflege eines kompetenten Fachmanns.
    Sie passierte eine Weidenallee und fuhr durch ein großes Gittertor auf den Kiesplatz vor dem Haus.
    Über eine Steintreppe gelangte man zu einer mächtigen Eichentür. Es gab keine moderne Klingel, statt dessen ließ Erica den massiven Türklopfer laut gegen die Tür hämmern, die im selben Augenblick geöffnet wurde. Erica hatte fast erwartet, von einem Hausmädchen mit gestärkter Haube und Schürze empfangen zu werden, statt dessen bat sie ein Mann einzutreten, der, wie sie sofort begriff, Henrik Wijkner sein mußte. Er sah unverschämt gut aus,
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