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Die Eiserne See - Brook, M: Eiserne See

Die Eiserne See - Brook, M: Eiserne See

Titel: Die Eiserne See - Brook, M: Eiserne See
Autoren: Meljean Brook
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weißblondem Haar, die purpurfarbenen Satin trug. Eine Brille mit getönten Gläsern beherrschte ihr schmales Gesicht. Breite Messingarmreifen in Krakenform schmückten ihre behandschuhten Arme, und sie führte drei anderen Damen – allesamt Bounder – den Mechanismus vor. Als ihre Mutter den kugelförmigen Kopf des Kraken drehte, öffneten sich die Tentakeln, die um ihr Handgelenk geschlungen waren. Die Damen applaudierten sichtbar begeistert, und obwohl Mina nicht hören konnte, was sie sagten, vermutete sie, dass sie ihre Mutter fragten, wo sie diese einzigartigen Armreifen erstanden hatte. Solche Aufziehmechanismen wurden sowohl als technische Neuerung als auch als Schmuck geschätzt – und sie waren teuer. Mina bezweifelte, dass ihre Mutter ihnen erzählte, dass die Armreifen von ihr selbst entworfen und in ihrer kalten Dachwerkstatt hergestellt worden waren.
    Jedenfalls lenkten diese neuartigen Armreifen die Damen nicht von ihrem eigentlichen Interesse ab. Während sie sprachen, warfen sie verstohlene Blicke auf die Augen ihrer Mutter. Eine Dame beugte sich sogar vor, als wollte sie die Armbänder aus einem anderen Blickwinkel betrachten – und konnte aus diesem Blickwinkel besser hinter die Augengläser ihrer Mutter schauen. Die Kinnlade klappte ihr herunter.
    Nur selten gelang es jemandem, seine Überraschung zu verbergen, wenn er einen Blick auf die schimmernden Augäpfel erhaschen konnte, die sich hinter den Brillengläsern verbargen. Ein paar starrten sie unverblümt an, als wären die künstlichen Augen blind und nicht vielmehr so scharf wie ein Teleskop und ein Mikroskop zugleich. Diese Dame machte da keine Ausnahme. Sie hörte nicht auf, sie mit einem Ausdruck anzuschauen, der eine Mischung aus Faszination und Abscheu war. Wahrscheinlich erwartete sie solche Veränderungen an einem Bergarbeiter – nicht jedoch an der Gräfin von Rockingham.
    Aber wenn verspiegelte Augen die Frau noch immer erschreckten, hatte sie wohl noch nie einen Bergarbeiter zu Gesicht bekommen. Und wenn sie die Geschichte von den Augen ihrer Mutter hörte, würde ihr Blick sehr bald nach Mina suchen.
    Felicity war anscheinend Minas Blick gefolgt. »Und was ist heute Abend das Ziel deiner Mutter?«, fragte sie. »Ein Ehemann für dich oder neue Mitglieder für die Frauenreformationsliga?«
    Minas Freundin unterschätzte die Effizienz ihrer Mutter. »Beides.«
    So erfolgreich ihre Mutter auch sein mochte, war es doch wahrscheinlicher, dass sie neue Rekrutinnen für ihre Liga fand. Einen Ehemann für Mina zu finden, war so wahrscheinlich, wie wenn König Edward seinen Namen leserlich schreiben würde. Mina ging auf die dreißig zu, ohne jemals die Aufmerksamkeit eines ebenbürtigen Mannes auf sich gezogen zu haben. Nur Bounder, die das Verbotene reizte, oder Engländer, die sich für die Schrecken der Mongolenherrschaft rächen wollten – und Mina ähnelte diesem Volk –, interessierten sich für sie.
    Ein lautes Husten zog Minas Aufmerksamkeit auf sich. Ein Bounder, rot im Gesicht, nahm sein Taschentuch vom Mund. Sein Blick traf den von Mina und schnellte zur Seite.
    Sie blickte Felicitiy mit gerunzelter Stirn an und wartete auf ihren Kommentar.
    Felicity sah, wie der Mann wegging. »Ich nehme an, es spielt keine Rolle. Sie werden sich bald aufs Land zurückziehen oder in die Neue Welt zurückkehren.«
    Ja, bald würden sie verschwinden. Der Erfolg in Amerika hatte sie zu selbstsicher gemacht. Sie hatten sich in unbesiedeltem Land ein neues Leben geschaffen, hatten es so gezähmt, dass es ihren Bedürfnissen entsprach. Und jetzt dachten sie, sie könnten zurückkommen und London ummodeln – stattdessen wurden sie von London umgemodelt. Der einzige Weg, in der Stadt zu überleben, war, sich selbst mit den winzigen Apparaten zu infizieren, vor denen ihre Vorfahren vor zweihundert Jahren geflohen waren. Ohne die Bugs würden ihre Lungen so schwarz wie ein Schornstein werden.
    Ein paar Bounder gaben schließlich nach und ließen sich das infizierte Blut spritzen. Doch selbst mit denselben Naniten in ihren Körpern waren sie noch lange nicht wie die Bugger, die in England geboren waren. Noch immer dachten sie wie Bounder, redeten wie Bounder und hatten die Interessen von Boundern. Die Bugs änderten daran nichts.
    Direkt neben Mina erklang ein Räuspern. Sie wandte sich um. Ein rothaariges Mädchen in einer schwarzen Uniform machte einen Knicks. Obwohl Mina aufgefallen war, dass die Dienstboten aus der Neuen Welt normalerweise
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