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Die dunkle Seite des Ruhms

Die dunkle Seite des Ruhms

Titel: Die dunkle Seite des Ruhms
Autoren: Heinz G. Konsalik
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bisherigen Leben noch nie in einem Smoking gesteckt hatte, fuhr nach New York, kaufte sich beim besten Herrenausstatter einen mitternachtsblauen Smoking mit Seidenmoirée-Kragen und dazu alles, was man für einen festlichen Abend braucht. In New Yorks teuerstem Blumengeschäft ließ er sich einen grandiosen Strauß aus gelben und blaßrosa Rosen binden, umschlungen mit einer goldenen Schleife, auf die man mit einer Buchstaben-Schablone das Wort LORA spritzte. So gekleidet und bewaffnet verbrachte er die beiden Wartestunden bis zum Beginn der Party in einem angemessenen vornehmen Weinlokal und fuhr dann hinaus zum Haus der Ballisters.
    Er hatte richtig kalkuliert. Wenn man zwanzig Minuten zu spät kommt, gerät man in den Sog der anderen Gäste, die ebenfalls zu spät kommen, und das ist eine ganze Menge. Alles drängte sich also durch die breite Tür in die Eingangshalle, wo zwei Hausmädchen und ein gemieteter Butler die Mäntel abnahmen und nur flüchtig auf die Einladungskarten blickten. Darkster zeigte keine Karte vor, sondern drückte dem Butler den Rosenstrauß so in die Hand, daß er das LORA auf der Goldschleife sehen konnte. »Einen Moment!« sagte er dabei, entledigte sich seines Mantels, gab ihn einem Mädchen und rückte seinen Smoking zurecht. Dann nahm er dem Butler den Rosenstrauß wieder ab und ging zur Tür des Salons, an der Lora und Jérome Ballister standen und die Gäste begrüßten.
    Es war selbstverständlich, daß der Butler nicht mehr nach der Karte fragte. Das machte Darkster sehr glücklich. Er hatte seinen Schatten überwunden, bewies zum erstenmal, daß er die nötige Kaltschnäuzigkeit besaß, um eine große Karriere zu machen.
    Lora nahm den wundervollen Strauß mit einem strahlenden Lächeln an, ließ sich die Hand küssen und blickte dann Darkster nach.
    »Wer war denn das?« fragte sie Jérome, der bereits den nächsten Gast ins Auge gefaßt hatte und unruhig zur Tür blickte. Wann kam Felicitas Saunders? Kam sie wirklich? Wie würde sie auftreten? Er schielte zu seiner Frau und schüttelte den Kopf.
    »Wer, meine Liebe?«
    »Der Rosenkavalier …«
    »Du hast die Einladungen verschickt!«
    »Es muß einer vom Presseclub sein! Er war noch nie hier. Sieh dir das an: Auf der Schleife steht LORA.«
    »Geschmacklos!« sagte Ballister abwesend und merkte nicht, wie sehr er Lora damit traf. »So was macht man mit Trauergebinden.«
    Lora schwieg. Sie winkte dem Butler, sagte: »Stellen Sie es in eine Vase!« und straffte sich dann. Es war, als spanne sich in ihr eine Stahlfeder. Das Lächeln auf ihrem Gesicht blieb, aber es war zu einer Maske erstarrt. Auch Jérome Ballister spürte, wie sich in ihm die Umwelt veränderte. Er atmete auf und alarmierte gleichzeitig sein Gehirn.
    Felicitas Saunders betrat das Haus.
    Sie war nicht allein. Ihre Tochter Rosa brachte sie mit. Ein raffinierter Schachzug, lobte Ballister innerlich. Die herrlichste Witwe der Welt mit ihrem Kind, das so früh den Vater verlor. Dazu noch in Vietnam. Ein Held! Wer wagte es, Felicitas jetzt zu attackieren? Auch Lora nicht. Der tragische Glanz, der Felicitas umgab, machte sie unangreifbar.
    Sie sah hinreißend aus in ihrem langen, roten Chiffonkleid und den hochgesteckten Haaren, die an Fernost, an Japan, erinnerten. Daneben das lange wallende Blond der Tochter über flaschengrüner Seide mit Stickereien, eine vollkommene Inszenierung. Lora begriff das sofort. Sie löste sich von der Tür und ging Felicitas entgegen. Jérome Ballister bewegte sich nicht. Wenn zwei Wellen aufeinander treffen, kann man nur zermalmt werden, wenn man dazwischen steht.
    Es war ein großer Auftritt. Lora umarmte Felicitas, küßte sie auf die Wangen und sagte laut: »Wie arm wären wir ohne dich! Du siehst wunderbar aus!« Dann küßte sie Rosa, hakte sich bei Felicitas unter und führte sie in den Salon. Jérome hatte gerade noch Zeit und Gelegenheit, ihr zuzunicken und zu sagen: »Bis später, Felicitas. Ich muß noch den Empfangschef spielen.« Da kam schon der nächste Gast, der Sänger Piero Dacocca, der vor zwanzig Jahren dreimal an der Met den Cavaradossi in ›Tosca‹ gesungen hatte und der auch heute Abend eine Arie zum Besten geben sollte. Er umarmte Ballister, dröhnte mit angespanntem Zwerchfell theatralisch: »Sei mir gegrüßt, mein edler Freund!« und küßte Jérome auf die Nase, ehe dieser sein Gesicht aus der Reichweite ziehen konnte.
    Arthur Darkster stand bereits an der Hausbar, balancierte ein Cocktailglas in der Hand und
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