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Die Drenai-Saga 7 - Die Augen von Alchazzar

Die Drenai-Saga 7 - Die Augen von Alchazzar

Titel: Die Drenai-Saga 7 - Die Augen von Alchazzar
Autoren: David Gemmell
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kühlte die Luft, als Sieben und Druss den steilen Pfad zum Gipfel des höchsten Hügels im Großen Park hinaufstiegen. Der Himmel zeigte das strahlende Blau des Spätsommers, getupft mit dicken weißen Wolken, die langsam aus Osten herantrieben. In der Ferne beleuchteten einzelne Sonnenstrahlen, die durch die Wolken brachen, einen Teil der Berge im Osten und tauchten sie in tiefe rote und goldene Schatten, so daß sie glühten wie Juwelen im Fackelschein. Und genauso rasch verbargen die wandernden Wolken die Sonne wieder, und die Felsen versanken wieder im Grau. Druss blickte sehnsüchtig auf die Berge, dachte an den Duft der Pinien und das Plätschern des Baches in seiner eigenen Bergheimat. Die Wolken zogen weiter, und wieder schien die Sonne auf die fernen Berge. Der Anblick war wunderschön, aber Druss wußte, daß es dort keine Pinienwälder gab. Östlich von Gulgothir lagen die Steppen der Nadir, ein riesiges Land aus Wüste, trocken, rauh und menschenfeindlich.
    Sieben setzte sich neben den Springbrunnen und tauchte seine Hand ins Wasser. »Jetzt siehst du, warum das hier der Hügel der Sechs Jungfrauen heißt«, sagte er. In der Mitte des Springbrunnens stand eine Statue von sechs Frauen, wunderbar aus einem einzigen Marmorblock herausgearbeitet. Sie standen im Kreis, jede beugte sich wie flehentlich mit ausgestreckten Armen vor. Hinter und über ihnen stand die Gestalt eines alten Mannes, der eine große Urne hielt, aus der das Wasser strömte, über die weißen Statuen floß und sich in den Brunnen ergoß. »Vor ein paar hundert Jahren«, fuhr Sieben fort, »als eine marodierende Armee aus dem Norden Gulgothir umzingelte, wurden hier sechs Jungfrauen geopfert, um die Kriegsgötter milde zu stimmen. Sie wurden rituell ertränkt. Danach waren die Götter mit den Verteidigern, und sie schlugen den Angriff zurück.«
    Sieben lächelte, als er sah, wie sich Druss’ hellblaue Augen verengten. Der Krieger zupfte mit seiner riesigen Hand an seinem eckig gestutzten schwarzen Bart – ein sicheres Anzeichen für seine wachsende Verstimmung. »Du glaubst wohl nicht an die Besänftigung der Götter?« fragte Sieben unschuldig.
    »Nicht mit dem Blut von Unschuldigen.«
    »Aber danach haben sie gewonnen, Druss. Darum hat sich das Opfer doch sicherlich gelohnt?«
    Der Axtträger schüttelte den Kopf. »Der Glaube an die Wirksamkeit des Opfers hat sie umso härter kämpfen lassen. Aber eine gute Ansprache hätte das gleiche bewirkt.«
    »Aber was, wenn die Götter das Opfer tatsächlich verlangten und nur deshalb halfen, die Schlacht zu gewinnen?«
    »Dann wäre es besser gewesen, sie zu verlieren.«
    »Aha!« rief Sieben triumphierend, »aber wenn sie verlorengegangen wäre, dann wäre eine viel größere Zahl von Unschuldigen getötet, Frauen vergewaltigt und ermordet, Kinder in der Wiege erschlagen worden. Was entgegnest du mir nun?«
    »Ich habe nicht vor, dem etwas zu entgegnen. Die meisten Menschen können den Unterschied zwischen Parfüm und Kuhmist riechen, ohne daß man sich darüber zu streiten braucht.«
    »Komm schon, altes Roß, hab dich nicht so. Die Antwort ist einfach – die Prinzipien von Gut und Böse beruhen nicht auf Mathematik. Sie gründen sich auf das Bedürfnis des Einzelnen, das zu tun – oder nicht zu tun – was gut und richtig ist, sowohl vor ihrem Gewissen als auch vor dem Gesetz.«
    »Worte, Worte, Worte! Sie bedeuten gar nichts!« fuhr Druss auf. »Das Bedürfnis des Einzelnen ist genau das, woraus das meiste Übel entsteht. Und was Gewissen und Gesetz angeht – was ist, wenn ein Mann kein Gewissen hat und das Gesetz rituelle Opferungen zuläßt? Werden sie dadurch gut? Und jetzt hör auf, mich wieder in eine deiner sinnlosen Diskussionen zu ziehen.«
    »Wir Dichter leben für solche sinnlosen Diskussionen«, erwiderte Sieben, bemüht, seinen Ärger im Zaum zu halten. »Wir lieben es, unsere Intelligenz auszuloten, unseren Verstand zu entwickeln. Das hilft uns, die Bedürfnisse unserer Mitmenschen besser zu erkennen. Du bist heute in verdrießlicher Stimmung, Druss. Ich hätte gedacht, du würdest dich wie verrückt freuen bei dem Gedanken an einen weiteren Kampf, an einen weiteren Mann, dem du deine Fäuste ins Gesicht hauen kannst. Die Meisterschaft, nichts weniger. Den Jubel der Menge, die Bewunderung deiner Landsleute. Ah, das Blut und die Wunden und die endlosen Paraden und Bankette dir zu Ehren!«
    Druss fluchte, sein Gesicht verfinsterte sich. »Du weißt, daß ich all das
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