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Die deutsche Götterlehre

Die deutsche Götterlehre

Titel: Die deutsche Götterlehre
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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im Nordischen hiess minni Gedächtnis, minna gedenken. Daher kommt, dass man den zum Gedächtnis der Götter, oder auch Verstorbener oder Abwesender getrunkenen Becher minni nannte. Dieser Minnetrunk ging später auf Christus und die Heiligen über, und wie man einst der Götter Minne, d. h. der Götter Gedächtnis getrunken hatte, so trank man jetzt Christi Minne, Martins Minne, Michaels Minne u. s. w. Vorzüglich galt dieser Becher den obersten, höchsten Gottheiten, doch verschwand er bald im Lauf der Zeiten, wenigstens wurde er auf zwei Heilige beschränkt, auf die hh. Johannes den Evangelisten und Gerdrut, deren Minne besonders Scheidende und Reisende tranken. Jener passte besonders dazu, weil man ihn stets mit einem Kelch in der Hand abbildete, denn ihm wurde, wie die Legende meldet, Wein angeboten, der sich, als er den Segen darüber sprach, als vergiftet erwies. Zudem ist er vorzugsweise der Jünger der Liebe und da das alte Minna schon frühe diese Nebenbedeutung entwickelte, so fügte sich die Uebertragung um so leichter. Die h. Gerdrut aber trank einem Ritter S. Johannis Minne zu und rettete ihn dadurch vor dem Bösen. Immer noch weiht die Kirche am Tage des Jüngers, »den Jesus am liebsten hatte«, Wein und reicht ihn den Gläubigen mit der Mahnung, ihm in der Liebe zu Gott und dem Nächsten nachzufolgen.
    Noch einer Sitte ist zu gedenken, die auch zu den Opfern zu rechnen ist. Wenn man hohe Feste der Götter feierte, liebte man es dem zu backenden Teig die Gestalt eines Götterbildes oder eines göttlichen Symbols zu geben. So buk man im Norden beim Julfest Kuchen in Ebergestalt und unsere gebackenen Pferde, Hirsche, Kreppel und anderes ähnliches Backwerk sind Ueberreste ans uraltheidnischer Zeit. Wahrscheinlich ersetzten sie das Thieropfer und wurde ein oder mehrere Stücke solcher Kuchen den Göttern dargebracht, während die Familie das Uebrige genoss.

Heilige Cultusstätten, Götterbilder. 14
    Der Mensch will nicht nur für sich eine feste Stätte, ein eigenes Haus, er baut oder weiht gerne auch der Gottheit eine solche, da fühlt er ihre Gegenwart lebendiger, die Heiligkeit des Ortes erhebt seine Seele zu grösserer Innigkeit und Wärme, sie schenkt seiner Andacht mächtigere Flügel. Bei allen Völkern finden wir von jeher feste heilige Stätten, an denen man die Götter wohnend dachte, wo man sich zu Gebet und zur Darbringung von Opfern versammelte, wo die Weissagungen vorzugsweise stattfanden. Die ältesten dieser heiligen Orte waren unserm Alterthum Wälder . Der Gothe nannte ein solches Heiligthum alah , der Deutsche vih, haruc, paro , alles Wörter, deren Begriff später zwischen Wald, Tempel, Heiligthum, Gottheit, Götterbild schwankte, ursprünglich jedoch jedenfalls nur unser Hain oder Wald war. Man theilte ein Stück des Waldes ab, welches sich durch uralte Bäume, durch den heiligen Schauer, welchen sein Character erweckte, auszeichnete, friedigte es ein und weihte es der Gottheit zu bleibendem Eigenthum und beständigem Wohnsitz. Da verweilte sie jetzt zwar unsichtbar, aber ihre Nähe durch die feierliche Stille, die tiefen Schatten und geheimnisvolles Rauschen der Baumwipfel ankündigend. Erhoben wurde diese Heiligkeit der Stätte noch, wenn sie dem Himmel näher, wenn dieselbe auf einem Berge lag, höher als die Wohnsitze der Menschen, durch die Lage schon abgesondert von ihnen und frei, wie der Sinn des Volkes. Denn wie Anfangs der Mensch kein schützendes Haus besass, so konnte er sich noch weniger denken, dass die Götter ein solches wollten. Dem Menschen schon wurde es in abgeschlossenem Raum enge, die eingesperrte Luft lastete drückend auf seiner Brust: wie viel mehr musste seinem Gefühle nach dies mit der Gottheit der Fall sein, der in riesigen Formen gedachten, allgewaltigen und allwaltenden.
    In dem heiligen Walde war das eigentliche Heiligthum der Gottheit besonders abgetheilt. In jenem versammelte sich das Volk, da wurde das Gericht gehalten, ihn durfte jeder betreten (keiner aber ihn verletzen oder ein Wild dort erlegen), dem innern Heiligthum jedoch durfte man nur mit grosser Ehrfurcht nahen. Da stand der Opferaltar, da wurde der heilige mit Tüchern verhüllte Wagen verwahrt, auf dem die Gottheit jährlich ihren Umzug hielt, da waren die geopferten Thierhäupter aufgehängt, da hing man den Göttern einen Theil der Kriegsbeute auf. Nur der Priester durfte diesen heiligen Ort frei betreten, jeder andere nahte ihm gefesselt, zum Zeichen der Unterwürfigkeit und
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