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Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Titel: Die Brückenbauer: Roman (German Edition)
Autoren: Jan Guillou
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unter Oscars linker Brusttasche. Oscar nahm Habtachtstellung ein und salutierte.
    »Ich glaube, das war alles für heute, Hauptmann Lauritzen«, sagte der General, ging wieder um seinen Schreibtisch herum, nahm Platz und wandte sich seinen Papieren zu.
    »Seien Sie so freundlich, Hauptmann Lauritzen, und schicken Sie den Nächsten herein. Abtreten!«
    »Sie haben in einem wichtigen Punkt unrecht, Herr General«,
erwiderte Oscar, ohne die geringsten Anstalten, abtreten zu wollen. »Mein Freund Kadimba, der Gefreite Kadimba des Sonderkommandos Werner, hat mindestens ebenso viele englische Offiziere erschossen wie ich!«
    Oscar stand weiter stramm und sah den General durchdringend an. Es war ein emotionsgeladener Augenblick. Erst schien von Lettow-Vorbeck aufbrausen zu wollen, dann besann er sich, hielt einen Augenblick inne und sagte:
    »Sie versetzen mich immer wieder aufs Neue in Erstaunen, Herr Oberingenieur und Hauptmann Lauritzen, Zivilist und , wie wenig Ihnen das auch gefallen mag, Kriegsheld. Sie haben mich zurechtgewiesen, und das geschieht nicht sehr häufig. Aber Sie haben vollkommen recht. Wir sind keine südafrikanischen Barbaren. Wir sind Deutsche. Weisen Sie die Wartenden an, sich zu gedulden, und lassen Sie unverzüglich Leutnant Kadimba antreten!«
    »Sie meinen den Gefreiten Kadimba, Herr General?«
    »Nein. Ich meine von jetzt an Leutnant Kadimba, zweiter Scharfschütze des Sonderkommandos Werner. Haben Sie den Befehl verstanden?«
    »Vollkommen, Herr General!«

    Sie marschierten fünf Tage, bis sie die englische Garnison in Abercorn in Nordrhodesien erreicht hatten. Eine Stunde vor dem Ziel wurde haltgemacht. Alle warfen die Lumpen weg, die sie auf dem Marsch getragen hatten, und legten ihre Uniformen an, die sie, so gut es ging, restauriert hatten.
    Der 25. November, an dem sie auf das wartende englische Empfangskomitee mit Brigadegeneral W. F. S. Edwards in
roter Paradeuniform an der Spitze zumarschierten, war ein windiger, regnerischer Tag.
    Oscar und Kadimba bildeten mit den Kameraden vom Sonderkommando Werner das Schlusslicht der Kolonne und konnten nicht hören, was weiter vorn gesagt wurde. Sie sahen, wie von Lettow-Vorbeck mit beiden Händen sein Offiziersschwert übergab und wie sich der englische Brigadegeneral ganz offensichtlich weigerte, es entgegenzunehmen.
    Anschließend wurde langsam am wartenden Empfangskomitee vorbeidefiliert, dann die deutsche Fahne gesenkt und auf die Erde gelegt. Die Soldaten legten ihre Gewehre neben die deutsche Fahne und die Regimentsfahnen auf einen Haufen, der immer höher wurde. Offizieren wurde zugerufen, sie hätten das Recht, ihre Dienstpistolen und ihre Auszeichnungen zu behalten.
    Nachdem sie sich von ihren Fahnen und Gewehren getrennt hatten, mussten sie sich in drei Reihen aufstellen: Offiziere in einer, weiße Mannschaftsdienstgrade und Unteroffiziere in der zweiten und in dritter Reihe Askaris und Träger. Es waren drei Zeltlager vorbereitet worden.
    Als Oscar und Kadimba die Stelle erreichten, wo die Wege der Gruppen sich trennten, entstand eine gewisse Verwirrung, da die englischen Soldaten Kadimba zu den Askaris abschieben wollten. Oscar griff recht unwirsch und in schlechtem Englisch ein. Er deutete auf Kadimbas Schulterklappen und rief: »This man is an officer.« Das Missverständnis wurde daraufhin rasch und höflich aus der Welt geschafft.
    So einfach vollzog sich die Kapitulation. Die Engländer verhielten sich ausgesucht höflich und respektvoll, selbst
Kadimba gegenüber, nachdem ihnen klar geworden war, dass er nicht nur den Offiziersgrad bekleidete, sondern außerdem noch mit einem Eisernen Kreuz erster Klasse ausgezeichnet worden war. Es war überraschend, dass die Engländer den deutschen Offizieren gestatteten, ihre Orden zu behalten. Bei den Buren wäre das undenkbar gewesen, besonders im Hinblick auf Kadimba.
    Während der Schiffsfahrt über den Njassa und den Tanganjikasee in der angenehmen Brise auf dem Wasser, die die Novemberhitze erträglich machte, sprachen sie viel über diese seltsamen Engländer.
    Sie gingen in Kigoma von Bord und wurden dann mit der Bahn nach Tabora transportiert, dort trennten sich die Offiziere von den Askari-Soldaten. Viele Männer weinten. Es gab Askaris, die über fünfzehn Jahre lang in der deutschen Armee gekämpft hatten.
    Wieder entstand eine gewisse Verwirrung, was mit Kadimba geschehen sollte. Aber auch dieses Mal endete die Diskussion damit, dass er die anderen deutschen Offiziere nach Dar
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