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Die Bleiche Hand Des Schicksals

Die Bleiche Hand Des Schicksals

Titel: Die Bleiche Hand Des Schicksals
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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dunkle Esszimmer. Durch das Fenster konnte sie Jons Schatten verfolgen, der unter der Wäscheleine hindurch in Richtung der Felder lief. Sie wollte sich an die Scheibe pressen und ihm nachschauen, bis er außer Sicht war, aber sie zwang sich, kehrtzumachen und wieder in die Küche zu gehen. Normal. Kontrolliert. Sie hatte Kinder, um die sie sich kümmern musste.
    Sie sah nach den Älteren. Sie machte sich Sorgen um Lucy, die den ganzen Tag geschlafen und keinen Appetit gehabt hatte, als sie aufgewacht war. Im Licht, das aus der Küche drang, sah sie dicken, rostfarbenen Schleim, der aus Nase und Mund ihrer Tochter geronnen war und Flecken auf dem Kissenbezug hinterlassen hatte. O Gott, das sieht nicht gut aus. Sie war auf dem Weg, um einen Lappen zu holen, als sie den Schuss hörte.
    Oh, lieber Jesus, nein. Ihr Körper drängte sie, durch die Hintertür zu rennen und ihren Mann zu suchen. Ihr Körper befahl ihr, in das hintere Schlafzimmer zu laufen und sich in der Dunkelheit zu verstecken. Zwischen zwei unvereinbaren Impulsen gefangen, erstarrte sie zitternd im Flur. Alles blieb ruhig. Keine Schüsse mehr. Und dann hörte sie es, den Klang von Schritten und das Fluchen eines Mannes und dann, Gott sei Dank, Gott sei Dank, Jons Stimme, der verlangte, losgelassen zu werden.
    Die Tür sprang auf, und der feine Pinkel trat ein, gefolgt von zwei Männern, die sie noch nicht gesehen hatte und die Jon mit auf dem Rücken verdrehten Armen vor sich her stießen.
    Sie presste Mary an sich. Ihr Nachthemd entblößte weniger als viele Kleider, aber es war trotzdem ein Nachthemd, und außer ihrem Vater und ihrem Ehemann hatte sie noch kein Mann so gesehen. Sie schob das Kinn nach vorn. »Lassen Sie meinen Mann los.«
    Der Mann im schicken Anzug lachte. »Die ist verdammt vorlaut, Mister. Mussten Sie ihr schon mal eine Tracht versetzen, um sie zur Besinnung zu bringen?« Er wies auf die Küche. »Schafft ihn da rein.«
    Jane hastete vor ihnen her. Sie schloss die Schlafzimmertür und stellte sich mit dem Rücken davor.
    »Was ist da drin?«, fragte einer der Männer. Mit seinem herabhängenden Schnurrbart wirkte er wie ein Cowboy aus einem Groschenroman.
    »Zwei kranke Kinder«, sagte sie. Sie war erstaunt, dass ihre Stimme nicht zitterte. »Die einen Arzt brauchen.«
    Der Anzugträger bedeutete seinen Männern, Jon an den Tisch zu setzen. Sie gaben seine Arme frei, und er rieb sich die Gelenke, während er sie alle mit weit aufgerissenen Augen beobachtete, in denen das Weiße schimmerte.
    »Genau das meine ich. Das hatten wir bereits, aber Sie haben nicht auf mich gehört. Sie haben Kinder. Was tun Sie, wenn die nicht gehorchen?« Er starrte sie an. »Sie schlagen sie.«
    Sie drückte Mary so fest an sich, dass das Baby zu weinen begann, eine dünne, wimmernde Version ihres normalen, lautstarken Gebrülls. »Rühren Sie meine Kinder nicht an!«, sagte Jane. »Wagen Sie es nicht, sie anzurühren.«
    Der junge Mann legte eine Hand auf die Brust. »Wofür halten Sie mich? Ich tue Kindern nicht weh.« Er nickte dem Mann mit dem hängenden Schnurrbart zu, der Jons Handgelenk packte und die Hand flach auf den Tisch drückte. Der Mann im schicken Anzug zog eine Waffe unter seinem Jackett hervor. Jane öffnete den Mund, um zu flehen, zu kreischen, als er die Waffe in der Hand drehte und den Kolben auf Jons Zeigefinger schmetterte.
    Jon brüllte. Der dritte Mann zwang ihn an den Schultern in den Stuhl zurück, während der Hängeschnurrbart Jons Hand aufstemmte. Jane sah, wie der junge Mann den Arm erhob, das kohlschwarze Schimmern des Kolbens, wie ein Kugelhammer, und dann schmetterte er ihn wieder abwärts, zertrümmerte Jons Mittelfinger.
    Ihr Mann brüllte, schluchzte und heulte. Mary wimmerte atemlos, und aus dem geschlossenen Schlafzimmer hörte Jane Lucy aufschreien und Peter aus dem Bett stolpern. Der Mann im schicken Anzug sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Und? Gehen Sie und beruhigen Sie sie.«
    Sie schob sich durch die Tür und schloss sie hinter sich. »Sch. Sch.«
    »Mama, ich kann nichts sehen!«
    »Geh wieder ins Bett, Peter.«
    Lucys Stimme war schwach und verschleimt. »Mama?«
    »Daddy hatte einen Unfall. Er hat sich an der Hand weh getan, aber das wird wieder. Er wollte euch nicht wecken. Alles ist gut. Schlaft weiter.« Sie trat durch die Tür und schloss sie hinter sich ab.
    Jon wand sich auf dem Küchenstuhl, über seine Hand gekrümmt stöhnte er wieder und wieder: »Weil wir alle Freunde sind, war das
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