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Die Abenteuer der Silvester-Nacht

Die Abenteuer der Silvester-Nacht

Titel: Die Abenteuer der Silvester-Nacht
Autoren: E. T. A. Hoffmann
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Brotkrümchen
    naschte — jener böse Mensch hat mich zurückgeführt in mein
    tiefstes Elend. Ach — verloren, unwiderbringlich verloren
    habe ich meinen — Leben Sie wohl!“ — Er stand auf und
    schritt mitten durch die Stube zur Tür hinaus. Alles blieb hell
    um ihn — er warf keinen Schlagschatten. Voll Entzücken
    rannte ich nach — „Peter Schlemihl — Peter Schlemihl!“ rief
    ich freudig, aber der hatte die Pantoffeln weggeworfen. Ich
    sah, wie er über den Gendarmesturm hinwegschritt und in
    der Nacht verschwand.
    Als ich in den Keller zurück wollte, warf mir der Wirt die
    Tür vor der Nase zu, sprechend: „Vor solchen Gästen bewahre
    mich der liebe Herrgott!“ —
    3. Erscheinungen
    Herr Mathieu ist mein guter Freund, und sein Türsteher
    ein wachsamer Mann. Der machte mir gleich auf, als ich im
    „Goldnen Adler“ an der Hausklingel zog. Ich erklärte, wie ich
    mich aus einer Gesellschaft fortgeschlichen ohne Hut und
    Mantel, im letztern stecke aber mein Hausschlüssel, und
    die taube Aufwärterin herauszupochen, sei unmöglich. Der
    freundliche Mann (den Türsteher mein’ ich) öffnete ein Zim-
    mer, stellte die Lichter hin und wünschte mir eine gute Nacht.
    Der schöne breite Spiegel war verhängt, ich weiß selbst nicht,
    wie ich darauf kam, das Tuch herabzuziehen und beide Lich-
    ter auf den Spiegeltisch zu setzen. Ich fand mich, da ich in
    den Spiegel schaute, so blaß und entstellt, daß ich mich kaum
    selbst wiedererkannte. — Es war mir, als schwebe aus des
    Spiegels tiefstem Hintergrunde eine dunkle Gestalt hervor;
    sowie ich fester und fester Blick und Sinn darauf richtete, ent-
    wickelten sich in seltsam magischem Schimmer deutlicher die
    Züge eines holden Frauenbildes — ich erkannte Julien. Von
    inbrünstiger Liebe und Sehnsucht befangen, seufzte ich laut
    auf: „Julia! Julia!“ Da stöhnte und ächzte es hinter den Gardi-
    nen eines Bettes in des Zimmers äußerster Ecke. Ich horchte
    auf, immer ängstlicher wurde das Stöhnen. Juliens Bild war
    verschwunden, entschlossen ergriff ich ein Licht, riß die Gar-
    dinen des Bettes rasch auf und schaute hinein. Wie kann ich
    dir denn das Gefühl beschreiben, das mich durchbebte, als
    ich den Kleinen erblickte, der mit dem jugendlichen, wiewohl
    schmerzlich verzogenen Gesicht dalag und im Schlaf recht aus
    tiefster Brust aufseufzte: „Giulietta! Giulietta!“ — Der Name
    fiel zündend in mein Inneres — das Grauen war von mir ge-
    wichen, ich faßte und rüttelte den Kleinen recht derb, rufend:
    „He — guter Freund, wie kommen Sie in mein Zimmer, erwa-
    chen Sie und scheren Sie sich gefälligst zum Teufel!“ — Der
    Kleine schlug die Augen auf und blickte mich mit dunklen
    Blicken an: „Das war ein böser Traum,“ sprach er, „Dank sei
    Ihnen, daß Sie mich weckten.“ Die Worte klangen nur wie
    leise Seufzer. Ich weiß nicht, wie es kam, daß der Kleine mir
    jetzt ganz anders erschien, ja daß der Schmerz, von dem er
    ergriffen, in mein eignes Innres drang und all mein Zorn in
    tiefer Wehmut verging. Weniger Worte bedurfte es nur, um
    zu erfahren, daß der Türsteher mir aus Versehen dasselbe
    Zimmer aufgeschlossen, welches der Kleine schon eingenom-
    men hatte, daß ich es also war, der, unziemlich eingedrungen,
    den Kleinen aus dem Schlafe aufstörte.
    „Mein Herr,“ sprach der Kleine, „ich mag Ihnen im Keller
    wohl recht toll und ausgelassen vorgekommen sein, schieben
    Sie mein Betragen darauf, daß mich, wie ich nicht leugnen
    kann, zuweilen ein toller Spuk befängt, der mich aus allen
    Kreisen des Sittigen und Gehörigen hinaustreibt. Sollte Ihnen
    denn nicht zuweilen Gleiches widerfahren?“ — „Ach Gott
    ja,“ erwiderte ich kleinmütig, „nur noch heute abend, als ich
    Julien wiedersah.“ — „Julia?“ krächzte der Kleine mit widri-
    ger Stimme, und es zuckte über sein Gesicht hin, das wieder
    plötzlich alt wurde. „O lassen Sie mich ruhen — verhängen
    Sie doch gütigst den Spiegel, Bester!“ — dies sagte er, ganz
    matt aufs Kissen zurückblickend. „Mein Herr,“ sprach ich,
    „der Name meiner auf ewig verlornen Liebe scheint seltsame
    Erinnerungen in Ihnen zu wecken, auch variieren Sie merk-
    lich mit Dero angenehmen Gesichtszügen. Doch hoffe ich
    mit Ihnen ruhig die Nacht zu verbringen, weshalb ich gleich
    den Spiegel verhängen und mich ins Bett begeben will.“ Der
    Kleine richtete sich auf, sah mich mit überaus milden, gutmü-
    tigen Blicken seines Jünglingsgesichts an,
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