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Die 33 tollsten Ängste ...: ... und wie man sie bekommt (German Edition)

Die 33 tollsten Ängste ...: ... und wie man sie bekommt (German Edition)

Titel: Die 33 tollsten Ängste ...: ... und wie man sie bekommt (German Edition)
Autoren: Lutz von Rosenberg Lipinsky
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effektiv: Als Hauptsymptom der Höhenangst stellt sich ja ausgerechnet Schwindelgefühl ein – eine physische Reaktion, die ihrerseits wiederum die Absturzwahrscheinlichkeit deutlich erhöht. Aber man stirbt in atemberaubender Umgebung. Daher empfehlen wir Ihnen: Genießen Sie die Reise. Oder, wie der Esoteriker sagt: »Lassen Sie sich einfach fallen!«

ANGST VOR DER DUNKELHEIT
    (Obskurophobie)
    Angst hat viele Vorzüge. Einer davon ist, dass man sie nicht zwingend selbst haben muss, um davon zu profitieren, sondern bei anderen gezielt erzeugen und für die Durchsetzung des eigenen Willens nutzen kann. Mit dem Mittel der Furcht kann man ja herrlich Druck aufbauen. Viele Paare z.B. sind nur noch zusammen, weil einer der Partner Angst davor hat, verlassen zu werden. Oder sogar beide! Manche Diktatur herrscht nur, weil die Bevölkerung sich davor fürchtet, sich nach einer Revolution selbst eine Meinung bilden zu müssen. Und mancher kündigt nur deshalb seinen Scheißjob nicht, weil es zuhause noch viel schlimmer ist. Ängste halten die Welt zusammen!
    Schreckensszenarien jeder Art gehören daher auch zur modernen Unterhaltungskultur. Eine besonders gelungene und gern verwendete Schockformulierung ist: »Sonst gehen hier die Lichter aus!« Damit wird zum Beispiel begründet, dass die Tochter heute Abend keinesfalls ins Kino gehen darf, die betriebsbedingten Kündigungen unvermeidbar sind oder der Bau dieses Kohlekraftwerks alternativlos sei. Manchmal müsste allerdings auch einfach nur die Stromrechnung bezahlt werden.
    Die genannte Warnung erreicht ihre Adressaten jedenfalls recht zuverlässig: Schließlich fürchten wir uns alle vor der Dunkelheit. Die Entdeckung des Feuers und damit diejenige der Nachtsicht gilt bis heute als das kulturelle Urerlebnis der Menschheit schlechthin. Elektrisches Licht hat uns dann endgültig unabhängig gemacht von bäuerlichen Lebensrhythmen, die dem Lauf von Tag und Nacht, Saat und Ernte, Frost und Hitze folgten. Stattdessen können wir tagsüber schlafen und nachts arbeiten. Wir können helle Räume abdunkeln, um den Beamer besser zur Geltung zu bringen, oder abends Musiker und Kirchtürme während der Ausübung ihrer Tätigkeit anstrahlen. Trotz Dunkelheit können wir im Bett lesen oder mit dem Wagen durch die Gegend fahren. Und wir können mit Flutlichtmasten hässliche Fabrikgebäude, stillgelegte Bahnanlagen oder nichtswürdige Drittligaspiele auch in der Nacht in allen Details aufs Vortrefflichste zur Geltung bringen. Das ist wahre Freiheit!
Durch künstliches Licht wird – als angenehmer Nebeneffekt – auch der Verbrecher ferngehalten, der bekanntlich nur im Dunkeln agiert. In deutschen Vorgärten sind aus diesem Grunde in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts flächendeckend Bewegungsmelder installiert worden: Da erschrickt der Einbrecher natürlich, wenn die Gartenbeleuchtung anspringt, und sucht entsetzt das Weite. Denn das sogenannte »lichtscheue Gesindel« fürchtet die Helligkeit. Deshalb bleiben gut beleuchtete Gebäude ja stets von Einbrüchen verschont.
    Der normale und gesetzestreue Bürger fürchtet sich, wenn er nichts sehen kann. Der Körper schärft alle anderen Sinne umso mehr und sorgt für erhöhte Wachsamkeit. Die Phantasie wird angeregt und richtet sich in aller Regel nicht auf positive Erfahrungen im Dunkeln, erinnert sich also beispielsweise nicht an die erste Begegnung mit dem aktuellen Partner. Im Gegenteil: Wenn wir nichts sehen können, malen wir uns das Schlimmste aus. (Was für den einen oder anderen natürlich wiederum die Begegnung mit der eigenen Partnerin sein kann. In der Tat eine entsetzliche Vorstellung: Man hat gerade den vielleicht schönsten Sex seines Lebens – und dann kommt plötzlich die Alte rein, macht das Licht an und hört den schönen Satz: »Es ist nicht das, wonach es aussieht!«)
    Die Frage ist, ob sie ihren Augen traut. Wir Menschen glauben interessanterweise, ein optischer Eindruck könne niemals täuschen. Wenn das Auge aber wegen Dunkelheit nicht ordentlich mitarbeiten kann, sind wir auf unsere Phantasie angewiesen. Und auf deren Interpretation insbesondere akustischer Eindrücke. Da ist natürlich vieles möglich: Hinter einem Knacken im Garten kann ein sich anschleichendes Raubtier stecken, aber es kann sich auch um das Zähneknirschen eines verirrten Orientierungsläufers handeln. Vielleicht ist es auch der Beginn eines tiefen Erdrisses als Resultat der Kontinentalverschiebung. Womöglich aber ist es auch
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