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DGB 06 - Gefallene Engel

DGB 06 - Gefallene Engel

Titel: DGB 06 - Gefallene Engel
Autoren: Mitchel Scanlon
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stand Sar Luther, ein gutherziger, kräftiger Mann, der Zahariel mit einem
freundlichen Lächeln bedachte, als wolle er ihm Mut machen, sich von dem
ernsten Anlass nicht zu sehr beeindrucken zu lassen.
    Auf der anderen Seite erblickte
er eine lebende Legende, die Gerüchten zufolge der nächste Großmeister des
Ordens werden sollte: Lion El'Jonson.
    So nah war er Jonson noch nie
gewesen, und er spürte, wie Vernunft und Gefühl ihn im Stich ließen, als er den
hünenhaften Mann anstarrte, dessen ungeheure Präsenz bei ihm grenzenlose
Ehrfurcht weckte.
    Luther begann zu lachen und
sagte: »Pass auf, Junge, sonst fällt dir noch der Unterkiefer ab.«
    Hastig schloss Zahariel den
Mund und bemühte sich, seiner Bewunderung für den Löwen Herr zu werden, was ihm
jedoch kaum gelang. Der Löwe verbrachte die meiste Zeit in den Wäldern, wo er
die Feldzüge gegen die großen Bestien anführte, und kehrte nur selten für längere
Zeit nach Aldurukh zurück. Daher war es eine völlig unerwartete Ehre, seiner
Aufmerksamkeit würdig zu sein, und von einer so bedeutenden Legende in den
Orden eingeführt zu werden.
    »Wir sollten das Ganze zum
Abschluss bringen«, meinte Luther.
    »Ich bin mir sicher, unser
junger Freund hat inzwischen lange genug gekniet.«
    Während der Mann sprach, wurde
Zahariel von seiner volltönender Stimme getroffen — er wusste, dass ihre Macht
Männer dazu brachte, ihm bis in die Tiefen der Hölle zu folgen.
    Der Anblick von Lion El'Jonson
hatte Zahariel so überrascht, dass er Luther darüber fast völlig ignoriert hätte.
Erst jetzt wurde ihm überhaupt bewusst, gleich in zweifacher Hinsicht geehrt
worden zu sein: Mit Jonson und Luther waren zwei der bedeutendsten Männer dieser
Ära bei seiner Einführungszeremonie zugegen gewesen. Es traf zu, dass Luther es
in keiner Weise mit Jonsons gewaltigem, muskelbepacktem Körper hätte aufnehmen
können, dennoch war er eine gleichermaßen herausragende und heldenhafte
Gestalt. Auf ihre Weise waren sie beide Giganten.
    »Dein Tonfall ist
unangemessen«, sagte Lord Cypher zu Luther und fixierte ihn mit seinen
halbblinden Augen. »Die Einführung eines neuen Mitglieds in den Orden ist kein
Anlass für amüsante Bemerkungen, sondern eine ernste Angelegenheit. Man könnte
sie sogar als heiliges Ritual bezeichnen.«
    »Du musst meinem Bruder
verzeihen«, warf Jonson ein und legte beschwichtigend eine seiner riesigen
Hände auf die Schulter des alten Mannes. »Er meint es nicht so. Er hält uns
lediglich vor Augen, dass auf jeden von uns dringende Angelegenheiten warten,
die unsere ganze Aufmerksamkeit erfordern.«
    »Es gibt keine wichtigere Angelegenheit
als die Einführung eines neuen Anwärters«, konterte Lord Cypher. »Der junge
Mann vor uns steht immer noch an der Schwelle. Er muss erst noch ins Licht
vortreten und seinen Eid ablegen. Bis dahin ist er keiner von uns.«
    Der alte Mann streckte seine
Hand nach dem Messer aus, das Lion El'Jonson in der Hand hielt und zuvor gegen
Zahariels Hals gedrückt worden war. Kaum hatte Jonson es ihm überlassen, hielt
Lord Cypher den Daumen auf die Spitze der Klinge.
    »Nun ist die Zeit des
Blutvergießens gekommen.«
    Er drehte sich zu Zahariel um
und setzte das Messer auf dessen Handfläche auf, dann zog er die Klinge über die
Haut, was einen Moment lang schmerzte. Aber der Schnitt war nur oberflächlich
und diente einzig dem Zweck, etwas Blut austreten zu lassen.
    Es war ein symbolischer Akt, so
wie Meister Ramiel gesagt hatte.
    Auf dem Höhepunkt der Zeremonie
wurde der Eid abgelegt.
    »Schwörst du, Zahariel, bei
deinem Blut, dass du das Volk von Caliban beschützen wirst?«
    »Das schwöre ich.«
    »Schwörst du, stets die Regeln
und Vorschriften des Ordens zu beachten und niemals seine Geheimnisse zu verraten?«
    »Das schwöre ich.«
    »Von diesem Moment an wirst du
jeden Ritter unseres Ordens als deinen Bruder betrachten. Du wirst niemals die
Hand gegen einen von ihnen erheben, ausgenommen in der Gestalt eines
gerichtlichen Duells oder einer sanktionierten Ehrensache. Das wirst du beim Schmerz
deines eigenen zukünftigen Todes schwören.«
    »Das schwöre ich bei meinem
Tode«, antwortete er.
    Es folgte ein besonders
erregender Moment, da Lord Cypher Zahariel die Klinge so hielt, dass er sein
Spiegelbild betrachten konnte, blutverschmiert am unteren Rand.
    »Du hast einen Blutschwur
geleistet«, betonte Lord Cypher.
    »Ein solcher Schwur ist
bindend. Aber nun musst du weiter-machen.«
    Lord Cypher drehte das
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