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DGB 02 - Falsche Götter

DGB 02 - Falsche Götter

Titel: DGB 02 - Falsche Götter
Autoren: Graham McNeill , Christian Jentzsch
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Kribbeln.
    Aber größer als alle anderen war der Name ganz oben auf der Liste.
    Horus: der Kriegsmeister.
    Lupercal nannten ihn seine Soldaten — ein Kosename für ihren geliebten Kommandanten. Ein Name, im Feuer der Schlacht erworben: auf Ullanor, auf Mord, auf Drei undsechzig-Neunzehn — eine Welt, die von den verblen deten Bewohnern in ihrer Unwissenheit Terra genannt worden war — und in tausend anderen Schlachten, die sie noch nicht in ihre Gedächtnisimplantate eingespei chert hatte.
    Der
Gedanke, so weit von dem riesigen Familien besitz
in Kairos entfernt zu sein und bald die Rächender Geist zu betreten, um lebendige Geschichte aufzuzeich nen, raubte ihr den Atem. Und doch war sie hier, um viel mehr zu tun — ganz tief in ihrer Seele wusste sie, dass Horus Geschichte war.
    Sie fuhr sich durch das lange, mitternachtsschwarze Haar, frisiert nach der neusten Mode am terranischen Hof — nicht, dass dies irgendjemand so weit draußen im All wissen würde -, und strich mit den Fingernägeln über ihre glatte, makellose Haut. Ein Leben im Wohl stand hatte vornehme Züge in ihre olivfarbene Haut ge meißelt, und der stolze Schwung ihrer Kinnlinie wies den einen geradezu modischen Anflug von Unnahbar keit auf.
    Hochgewachsen und umwerfend, saß sie an ihrem Se kretär aus Ahornholz, einem Familienerbstück, das, wie ihr Vater stolz prahlte, ein Geschenk des Imperators für seine
Ur-Ur-Großmutter nach der großen Vereidigung im Ural gewesen war. Mit einem Mnemo-Federhalter tippte sie
auf ihre Datentafel, dessen reaktive Feder als Reak tion auf ihre Erregung zuckte. Wahllose, zufällige
Wörter krochen über die
sanft leuchtende Oberfläche, während die organischen Hirnstammkristalle die Oberflächenge danken ihrer vorderen Hirnlappen aufschnappten.
    Kreuzzug ... Held ... Retter ... Zerstörer.
    Sie lächelte und löschte die Worte durch einen Wi scher mit dem elegant manikürten Nagel, dessen Rand bis auf die Fraktalebene geglättet war, dann schrieb sie mit ausgeprägten,
zusammenhängenden Federschwün gen.
    Mit großem Herzen und einem
feierlichen Gefühl der Ehre schreibe ich, Petronella Vivar, Palatina Majoria des
Hauses Carpinus,
diese Worte nieder. Ein langes Jahr bin ich von Terra gereist, habe viele Mühen und Unbilden
ertragen ...
    Petronella runzelte die Stirn und löschte die eben geschriebenen
Worte rasch wieder, verärgert darüber, dass sie die unnatürliche Affektiertheit kopierte, die sie in den von der
Speerspitze des Großen Kreuzzugs heimge schickten Schriften der Memoratoren so erzürnt hatten.
    Vor allem Sindermanns Texte irritierten sie, obwohl sie in letzter Zeit seltener geworden waren. Dion Phras ter produzierte einige passable Sinfonien — nichts, was sich in den terranischen Ballsälen länger als ein oder zwei Tage einer gewissen Gunst erfreuen würde -, aber durchaus angenehm. Und die Landschaften von Keland Roget waren gewiss lebendig, besaßen aber einen plaka tiven Pinselstrich, den sie unangemessen fand.
    Ignace Karkasy hatte einige passable Gedichte ge schrieben, aber sie zeichneten ein Bild vom Kreuzzug, das sie für ein so staunenswertes Unternehmen als zu wenig
schmeichelhaft empfand ( vor allem Blut Durch Missverständnis ), und sie fragte sich oft, warum der Kriegs meister ihm gestattete, solche Worte niederzuschreiben. Manchmal kam ihr der Gedanke, dass ihm vielleicht die unterschwellige Bedeutung dieser Gedichte entging, und dann lachte sie über die Vorstellung, dass jeman dem wie Horus etwas entgehen könne.
    Sie lehnte sich zurück und tauchte die Feder in das Lethe-Fass, als plötzlich ein jäher, heimtückischer Zwei fel an ihr nagte. Sie war so kritisch den anderen Memo ratoren gegenüber, obwohl sie ihre eigenen Fähigkeiten erst noch unter Beweis stellen musste.
    War sie wirklich besser? Konnte sie mit dem größten Helden des Zeitalters zusammentreffen — manche nannten
ihn einen Gott, obwohl das dieser Tage eine lächerli che und unmoderne Vorstellung war — und erreichen, was ihnen ihrer Ansicht nach nicht gelungen war? Wofür hielt sie sich — zu glauben, ihre bescheidenen Fähigkei ten könnten den gewaltigen Geschichten gerecht wer den, die der Kriegsmeister auf dem Amboss der Schlacht schmiedete?
    Dann erinnerte sie sich ihrer Abstammung und straffte sich. War sie nicht ein Spross des Hauses Carpinus, des
besten und einflussreichsten aller Adelshäuser der terra nischen Aristokratie? Hatte Haus Carpinus nicht auch schon den Aufstieg des Imperators und
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