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D.E.U.S.

D.E.U.S.

Titel: D.E.U.S.
Autoren: Mario Degas
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Gott daraufhin Eva – das
Weibliche. In den Garten Eden geworfen erblickten sie nun gemeinsam das
Paradies. Sie hatten unendlich Zeit und implizierte Liebe. Gott ließ sie
gewähren, verlangte nichts weiter als Treue und die Einhaltung bestimmter
Regeln. Der Weg für Nachkommen war frei.
     Irgendwann
wurde das Objekt zum Subjekt, der Mensch zum Menschen und das Paradies
veränderte sich für alle Zeit. Der Teufel, in Gestalt einer Schlange, verführte
ihre Gedanken und ließ sie von einer verbotenen Frucht kosten. Gott verzieh den
beiden die Torheit nicht, woraufhin er sie aus dem Paradies verstieß. Schmerzen
und Schufterei waren die Folge und der Wendepunkt setzte früher als geplant ein
– der Zeitpunkt, wo aus der Welt mehr wurde als ein in nur sieben Tagen
erschaffenes Utopia. Die Nachkommenschaft sollte fortan für die Fehler ihrer
Vorfahren büßen.
     Es
war nur eine Geschichte, von Generation zu Generation weitergetragen. Ihre
Mutter wollte ihr damit begreifbar machen, warum wir so sind, wie wir sind. Wie
viel Wahrheit in dieser einen Geschichte steckte, konnte niemand sagen. Aber es
war der Glaube an den Anfang von allem.
     Ich
wusste von alledem nichts, bevor ich sie traf. Mel erzählte mir häufig von
ihrer Vergangenheit. Wie sie mit zwei Brüdern, der eine ein Zwilling, der
andere schon ein erwachsener Mann, inmitten der Vorbereitungen eines
neuerlichen Weltkrieges aufwuchs. Als sie langsam älter wurde, setzten die
Schicksalsschläge ein. In weniger als einem Jahrzehnt verlor sie zuerst ihre
Brüder im Kampf, später dann auch ihre Eltern an Krankheit und Zerfall. Es war
die Zeit, als Neu New York noch New York hieß. Wie die Stadt fand auch Mel bald
keinen Schlaf mehr. Es schmeckte wie die pure Realität; die Fiktion kam erst
hinzu, nachdem ihre Albträume einsetzten. Ihre ersten Schilderungen waren ein Abgleich
des Originals; daraus, wie aus einer Idylle, eine Ruinenlandschaft wurde. Doch
mit jeder schlaflosen Nacht entfernte sie sich mehr und mehr vom Ursprung der
Erzählung. In ihrer Geschichte blieben nur die Namen übrig – Adam und Eva – der
Rest war eine Spiegelung ihrer Erlebnisse und Ängste.
     Ich
wuchs ohne derlei Geschichten auf; wurde ins kalte Wasser geworfen und lernte
früh schwimmen. Für mich gab es keine Gutenacht-Geschichte.
     »Ich
habe Angst«, sagte sie nach einer Ewigkeit. Schatten tanzten auf ihrem Gesicht.
Ich streichelte ihre Wange, zog ihr die schweißnassen Haare aus dem Gesicht und
gab ihr einen Kuss auf den halb offenen Mund.
     »Auch
ich habe Angst«, sagte ich. »Deine Ängste kann ich dir nicht nehmen.« Ich
deutete auf ihren Bauch. »Aber vielleicht kann sie es.«
     Das
Blau ihrer Augen trat stärker hervor: »Sie?«
     »Unsere
Göttin.«
     Ihre
Pupillen weiteten sich, nicht aus neuerlicher Furcht – es war Verblüffung. Sie
wusste es nicht. Wollte es nie wissen. Jetzt, fand ich, war der passende Zeitpunkt.
Es war, als würde sie auftauen, allein durch Worte hervorgerufen.
     »Auch
wir haben von der verbotenen Frucht gegessen«, sagte sie, noch in Gedanken
versunken.
     »Es
gab einen guten Grund«, erwiderte ich.
     Mein
Blick wanderte von ihrem Bauch zu ihrem Gesicht und zurück. Die Feinheit, des
sich an sie schmiegenden Kleides, verdarb ihre Schönheit nicht.
     Ich
lächelte, zaghaft zwar, aber es hatte den gewünschten Effekt. Der letzte Hauch
Lähmung stahl sich ihr davon. Sie erwiderte das Lächeln. Ihre Hand löste sich
von meiner und schob sich unter ihr Hemdkleid. Sie zog es nach oben. Neun
Monate kamen zum Vorschein. Die schönsten neun Monate meines Lebens. Und ein
Wunder.
     Vor
der Schwangerschaft galten Mel und ich als unfruchtbar. Wir teilten das
Problem, unser Problem; wir teilten es mit zwei Drittel der Frauen und ein
Drittel der Männer. Das waren die Fakten, gestreut von der Regierung wie
Propaganda. Man klaubte es auf und klammerte sich daran. Die Frauen spürten es
als Erste, nachdem die Regel einsetzte und die Empfängnis ausblieb.
     Mit
Kopfschmerzen fing alles an. Man wurde das Opfer von giftigem Sauerstoff, der
die Lungen befiel und sich von dort aus im gesamten Körper ausbreitete. Nie
eine Familie gründen zu können, war das eine Problem. Der Tod, das andere.
     Hatte
man es überlebt, blieb nur noch der Glaube an das System. Die Exekutive Neu New
Yorks blickte wohlwollend auf ihre Bewohner herab, indem sie kinderlosen Paaren
kostenlose Behandlungen anbot. Mit rein verstaatlichten Schwangerschaftskits
sollte jede Frau sich
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